Djihad. Christoph Hoenings. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Christoph Hoenings
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847623380
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die den Verdacht nahe legten, hier würde ein Code benutzt.

      Eine Nachricht war eingegangen aus Deutschland, aber der Absender hatte einen arabischen Namen: hakeem.binzaif. Auch diese Adresse kam in Almaddis Rechner. Und auch diesen Text rief Almaddi sich auf.

      Die Mitteilung war die blumige aber jammervolle Darstellung eines offensichtlich unter Heimweh leidenden Mannes, aufgrund der Wortwahl vermutete Almaddi, eines jungen Mannes. Offenbar wohnte der Mann in Hamburg, weil er diese Stadt in seinem Text mehrmals erwähnte. Gerichtet war der Brief an seinen „zutiefst verehrten weisen Lehrer und geistlichen Vater“.

      Nun gut. Jussuf el Sahdi hatte, bevor er den Jemen verließ, dort als Lehrer gearbeitet.

      Erstaunlich fand Almaddi jedoch, dass Jussuf die Nachricht aus Deutschland unmittelbar an eine e-mail-Anschrift in Dubai weitergeleitet hatte. Soweit Almaddi herausfinden konnte, gehörte diese Adresse einer saudischen Handelsgesellschaft, die in Dubai ein Büro unterhielt.

      Aber auch hier war die Nachricht nicht geblieben. Sie war weitergeleitet worden an eine e-mail-Adresse in Saudi Arabien.

      Jetzt wurde es spannend.

      In religiöser Hinsicht leben die Saudis wie im Mittelalter. Es gibt immer noch öffentliche Auspeitschungen und Hinrichtungen, vor allem für Verfehlungen im moralisch-sittlichen Bereich. Aber trotzdem hat auch hier die Moderne Einzug gehalten.

      Auch Verwaltungen von Moscheen haben Internetadressen. Und Web-Seiten.

      Und die Anschrift, an welche die Mitteilung des jungen Mannes gegangen war, war ganz eindeutig einer Moschee zuzuordnen.

      Lieutenant Commander Carl Almaddi fand die Web-Seite sofort unter dem auch in der e-mail-Adresse genannten Namen.

      Sobald sich die Seite öffnete, kam ihm die Abbildung der Moschee bereits bekannt vor. Er musste nicht einmal seine anderen Bilder zum Vergleich heranziehen. Dazu hatte er sich heute schon zu sehr mit dem Gebäude und seiner Umgebung in der Altstadt Riads beschäftigt.

      Auf der Web-Seite waren auch die Prediger genannt, die in der Moschee und ihrer angeschlossenen Schule lehrten.

      Neben mehreren anderen würdig aussehenden Herren mit den für Imame typischen Kopfbedeckungen und langen Bärten prangte hier auch das Porträt von Imam Hadschi Omar bin Othman.

      Was Lieutenant Commander Carl Almaddi jetzt noch herausfinden musste, war, um wen es sich bei dem Schreiberling in Hamburg handelte. Wahrscheinlich gab es Hunderte Hakeems bin Zaif in Saudi Arabien.

      Erst las er noch einmal in aller Ruhe die Mitteilung aus Deutschland.

      Dann klinkte er sich in die Datei in Brüssel, Belgien, ein, in der sämtliche Einreise- und Aufenthaltsgenehmigungen für die Schengen-Staaten gespeichert sind. Mehrere in den achtziger und neunziger Jahren in der kleinen Ortschaft Schengen in Luxemburg unterzeichneten Abkommen legten fest, dass innerhalb der Europäischen Union die inneren Grenzen entfielen und dass jemand, der von außerhalb Europas kam, sich innerhalb der EU frei bewegen kann.

      Hier in Brüssel reduzierten sich die genannten Hakeems bin Zaif auf wenige Dateien.

      Almaddi interessierte sich nur für die Visa, die innerhalb der letzten drei Monate an saudische Staatsbürger dieses Namens erteilt worden waren.

      Das waren genau zwei.

      Ein Hakeem bin Zaif bin Ahmat, Kaufmann aus Jeddah, 46, Jahre alt, und Hakeem bin Zaif al Sultan, Student der Ingenieurwissenschaften in Hamburg. Das Visum war ohne jedwedes Problem erteilt worden. Handelte es sich doch bei Hakeems Vater um einen der höchsten militärischen Würdenträger des Königreiches Saudi Arabien, Vizeadmiral Zaif al Sultan!

      In diesem Augenblick läutete Almaddis Telefon. Als er abhob, hatte er Peter Huntzinger aus dem Royal Saudi Navy Support Office in der Leitung.

      „Carl, du hast dich neulich dafür interessiert, ob Saudi Arabien U-Boote besäße. Letzte Information: Die haben gerade eine Reihe von Klein-U-Booten in Deutschland bestellt. Wir überlegen, ihnen einige Ausrüstungen zur Verfügung zu stellen.“

      Rupert Graf, gerade am Nachmittag wieder gelandet nach einem zweitägigen Besuch in Buenos Aires und wegen der Zeitverschiebung trotz der fortgeschrittenen Stunde in Düsseldorf immer noch hellwach, traf sich mit Sabine Sadler im Restaurant Kitaro in der Nähe seiner Wohnung.

      Sabine hatte ihn zuhause aufsuchen wollen.

      Graf hatte dies abgelehnt.

      Er war müde. Er war erschöpft. Er wollte nur noch eine Kleinigkeit essen und dann in sein Bett.

      Rupert Graf hatte sich auch nur auf dieses Treffen eingelassen, weil Sabine wiederholte und immer drängendere Nachrichten auf seinen Anrufbeantwortern hinterlassen hatte; und da er noch so aufgedreht war von dieser kurzen aber weiten Reise. Da war es egal, ob er Babysepia in Knoblauchsoße aß oder sich schlaflos in seinem Bett wälzte.

      Das Gespräch mit Sabine Sadler verlief zäh.

      Rupert Graf war erstaunt, wie diese wenigen Wochen, besser gesagt, wenigen Tage der Trennung sie einander entfremdet hatten.

      Natürlich war sie noch immer ein saftiges und attraktives junges Frauenzimmer!

      Aber die Unbeschwertheit ihrer Beziehung war weg.

      Graf fragte nach Sabines Familie, die er nie kennen gelernt hatte und die, wenn es sich vermeiden ließe, er auch nie kennen lernen würde.

      Er fragte nach dem Bräutigam.

      „Die Verlobung habe ich aufgelöst,“ antwortete Sabine. „Das Thema ist durch! Ich will zurück zu dir.“

      „Warum?“

      Rupert Graf liebte den irgendwann gelesenen Spruch: „Ich bin ja nicht eitel, auch wenn ich allen Grund hätte, es zu sein“!

      „Du hast nie gemerkt, wie sehr ich dich liebe,“ sagte Sabine leise, Grafs Hand auf dem Tisch mit ihren beiden Händen umklammernd. „Ich würde so gerne bei dir bleiben.“

      Sie sah ihm tief in die Augen. „Auch heute Nacht.“

      Ahmed Falouf hatte eine ganze Reihe von Filmen über den Geheimagenten James Bond gesehen. Viel hatte er von den Geschichten nicht verstanden. Die arabischen Untertitel übersetzten die Dialoge nur unzureichend. Ahmed konnte nicht wissen, dass die Stories auch deshalb so schwer nachvollziehbar waren, weil die arabische Zensur alle Szenen mit leichtbekleideten oder ihr Haar offen tragenden Frauen, alle Flirt- und Kussszenen sowieso und alle weiteren Szenen, die das Auge eines gläubigen Muslim hätten beleidigen können, herausgeschnitten hatte.

      Von daher dauerten die Filme nicht allzu lang.

      Ahmed Falouf begann jedoch inzwischen, sich selbst wie eine Gestalt aus einem James Bond-Film zu fühlen.

      Als richtiger Spion.

      Allerdings war er keineswegs froh über dieses Gefühl.

      Einmal im Monat kam es zu einem persönlichen Kontakt mit dem Mann, der sich als sein Führungsoffizier ausgegeben hatte. Die Treffen kamen an unterschiedlichen Orten und zu unterschiedlichen Uhrzeiten zustande:

      Mal in einer Moschee, mehrmals im Menschengewühl des alten Basars von Riad.

      Zu zwei Treffen war der Mann in Begleitung einer Frau erschienen, von der Ahmed jedoch wegen des Schleiers nichts gesehen hatte. Diese beiden Treffen hatten in Restaurants stattgefunden, hinter den Spanischen Wänden, hinter denen Gäste in Begleitung ihrer Ehefrauen und Töchter speisten. Bevor der Kellner servierte, wurden die Familien hinter der Wand gewarnt, so dass die Frauen ihre Schleier herunterlassen konnten.

      Der Mann, der sich als sein Führungsoffizier vorgestellt hatte, sah aus wie einer der zahlreichen muslimischen Ausländer, die in Saudi Arabien lebten und als Anwälte und Kaufleute tätig waren. Er schien das Leben eines Einheimischen zu führen. Arabisch sprach er mit einem Akzent, der aus Jordanien oder Palästina stammen konnte. Jedes Mal trug er Burnus und Kufiya.

      In der Moschee hatte er neben