Djihad. Christoph Hoenings. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Christoph Hoenings
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847623380
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in die USA.

      Carl hatte die schwarzglühenden Augen seines Vaters. Obwohl erst 32 Jahre alt, war er schon zum zweiten Mal geschieden.

      Nach der High-School hatte Almaddi sich bei der US-Navy beworben, bekam trotz der hohen Anzahl der Mitbewerber einen Studienplatz an der Naval Academy in Annapolis und begann seine Karriere als Marineoffizier. Als man feststellte, wie perfekt er Arabisch sprach, wurde er unverzüglich in die Heimatschutzbehörde eingeladen.

      Eigentlich ist nicht der Heimatschutz dafür zuständig, den weltweiten Telefon- und Funkverkehr zu überwachen. Dies tut die geheimnisumwobene National Security Agency in Fort Meade in der Nähe von Baltimore in Maryland. Die NSA geht mit Informationen, die sie betreffen, mit allergrößter Zurückhaltung um. So groß, dass häufig gefrotzelt wird, NSA stünde für Never Say Anything – sag nie was! In dem großen Glasklotz, der ihr als Hauptquartier dient, arbeiten schätzungsweise 15-18.000 Personen, ein großer Teil davon Mathematiker, Kryptographen, Experten, beschäftigt, Codes zu knacken und Daten zu sammeln.

      Das Signals Intelligence Directorate wertet diese Daten aus und gibt sie an weitere Behörden.

      Auch wenn die Heimatschutzbehörde vor allem terroristische Bedrohungen erkennen und eliminieren soll, die innerhalb der USA oder in den angrenzenden Staaten entstehen, ist der weltweite Kampf gegen Terrorismus ebenfalls eine ihrer Aufgaben.

      Da die terroristische Bedrohung der USA in erster Linie aus strenggläubigen arabischen Ländern kommt, war ein Mann mit den Kenntnissen Almaddis in der Heimatschutzbehörde äußerst willkommen.

      Mit Religion hatte Carl Almaddi nichts am Hut. Seine Mutter hatte darauf bestanden, ihn christlich zu taufen, der Vater hatte aus Trotz auf einer Beschneidung bestanden.

      Carl Abdul Almaddis goldener Mittelweg war gewesen, sich aus Religionen herauszuhalten.

      Carl hatte seine Karriere als Marineoffizier zumindest zeitweilig aufgegeben. Dafür übersprang er mehrere Rangstufen, weil er eine im Moment sehr wichtige Sprache beherrschte.

      Die Abteilung, für die er tätig war, das Office of Intelligence and Analysis OIA, gehörte zu den Institutionen, die von Geheimdienstagenten im Mittleren Osten mitgeschnittene oder direkt von den Experten der NSA aufgefangene Nachrichten auswerteten.

      Wie Almaddi wusste, war im Nahen und Mittleren Osten eine ganze Menge amerikanischer Dienste unterwegs. Die wichtigsten: Die Central Intelligence Agency CIA, die Intelligence Community, das Directorate of National Intelligence und natürlich die National Security Agency NSA.

      Initiator der an Carl Almaddi gerichteten Anfrage war die NSA, deren Rechner das Gespräch aufgefangen und aus Millionen von Telefonaten herausgefiltert hatten. Aber alle, einschließlich des FBI, interessierten sich für Almaddis Meinung zu dem abgehörten Gespräch.

      Hilfe bei Schiffen, die unter Wasser segeln.

      Was, zum Teufel, sollte das?

      Afghanistan hatte keine Küste!

      Pakistan hatte eine Küste. Pakistan besaß U-Boote. U-Boote der Daphne-Klasse aus Frankreich. U-Boote der Scorpene-Klasse aus Frankreich noch im Bau. Kleinst-U-Boote aus Deutschland.

      Saudi Arabien besaß kein einziges U-Boot!

      Nun war den Taliban ziemlich alles zuzutrauen.

      Aber ein Angriff auf die USA mit einem U-Boot? Eine Kriegshandlung?

      Wie sollten die an ein U-Boot kommen?

      Es konnte also nur darum gehen, an ein Boot aus einem anderen muslimischen Land zu gelangen. Auch, wenn die meisten dieser Staaten als gemäßigt galten, gab es überall, selbst in den Streitkräften, durchgeknallte Fundamentalisten, denen jede Verrücktheit zuzutrauen war.

      Wenn Almaddi die Türkei ausschloss: Iran, Pakistan, Indonesien, Ägypten, Algerien, demnächst noch Malaysia, all diese Staaten waren mit dieselelektrischen U-Booten ausgestattet. Mit Booten, die extrem leise und fast unaufspürbar waren. Mit Booten, die in der Lage waren, aus ihren Torpedorohren Raketen abzuschießen.

      Keine ballistischen Raketen, aber Marschflugkörper, die bis zu 1000 Meilen fliegen und je nach Sprengkopf erheblichen Schaden anrichten konnten. Und Seaskimmer, die dicht über der Wasseroberfläche flogen und auf Radarschirmen faktisch unsichtbar waren!

      Der große Teufel! Die USA!

      Die von dieselelektrischen Booten ausgehende Gefahr war nicht zu unterschätzen!

      Aber die Chance, dass ein U-Boot nach einem Angriff auf sein Land ungestraft davon kommen könnte, sah Almaddi nicht. Der Angriff müsste schließlich auf See stattfinden. Die US-Navy würde dafür sorgen, dass es nicht überlebte. Und das war den Leuten an Bord bewusst!

      Es gab in jedem dieser Länder verwirrte Gestalten, die glaubten, sie würden im Himmel von Jungfrauen verwöhnt, wenn sie bei Anschlägen gegen Almaddis Land ihr Leben verlören.

      Zehn, fünfzehn Leute zum kollektiven Selbstmord zu bewegen, so wie bei den Anschlägen des 11. September 2001, mochte noch angehen. Aber eine U-Bootbesatzung von dreißig, vierzig Personen?

      Modernere Boote hatten mit dem hohen Automatisierungsgrad kleinere Besatzungen, aber selbst da waren es immer noch mehr als zwanzig Personen.

      Nun mochte es angehen, dass die U-Bootsführung die Besatzung nicht in ihre Pläne einweihte. Das sähe den Halunken ähnlich: Auf ihrem Weg zum Himmel etliche Glaubensbrüder ungefragt und ungebeten mitzunehmen! Andererseits, zumindest Kommandant und Offiziere müssten abgestimmt vorgehen und die Besatzung im Dunkeln lassen. Aber hier ging es nicht wie in Tom Clancys Buch Roter Oktober darum, in die Freiheit zu fliehen, sondern in den sicheren Untergang zu fahren!

      Dass gleich mehrere gut ausgebildete, gutverdienende Männer sich in kollektiven Selbstmord stürzten, hatte es bisher nicht gegeben.

      Carl Almaddi wusste, die meisten Selbstmordattentäter waren entweder bitterarme Schlucker, denen für ihre Familien großzügige finanzielle Absicherung versprochen worden war, oder junge Frömmler, die wirklich an den Unfug mit den siebzig im Himmel wartenden Jungfrauen glaubten.

      Eine Meuterei durch Mitglieder der Besatzung? Eine Handvoll Leute, die die Offiziere beseitigt, das Kommando übernimmt, und auf eigene Faust handelt? Ebenfalls wenig wahrscheinlich. Die würden ohne kompetente Führung den Weg nicht finden.

      Lieutenant-Commander Carl Abdul Almaddi rief sich über Jane´s Fighting Ships, dem jährlich überarbeiteten Almanach mit der Beschreibung sämtlicher auf der Welt existenter Kriegsschiffe die Leistungsdaten der U-Boote der infrage kommenden Staaten auf seinen Bildschirm. Egal ob französische Daphnes, russische Kilos, deutsche 209er, alle waren extrem leise und brandgefährlich. Die alten Romeos der Ägypter würde man hören. Die Pakistanis hatten zudem noch eine Handvoll Mini-U-Boote, zu klein, um über den Atlantik zu schippern, es sei denn, sie würden in einem Mutterschiff zu ihrem Operationstheater gebracht. Almaddi war sicher, dass es in diesem perfiden Pakistan einen zum Dockschiff umgebauten Frachter oder Tanker gab, mit dem die Boote unerkannt überallhin gebracht werden konnten. Aber hier wäre die Anzahl der Mitwisser noch größer! Sicherheitshalber vergewisserte er sich, dass Saudi Arabien nicht über U-Boote verfügte. Aber Saudi Arabien würde nicht die USA angreifen!

      Oder dachte er in die falsche Richtung? War statt gegen die USA etwas gegen Israel geplant?

      Er hörte sich das Gespräch noch mal an. Es war vom Großen Teufel die Rede gewesen!Damit waren gemeinhin die USA gemeint.

      Trotzdem beschloss Lieutenant-Commander Carl Abdul Almaddi, den Marineattaché der Israelischen Botschaft in Washington, Chaim Zimmerman anzusprechen.

      Es gab noch etwas, das Carl Almaddi wissen wollte.

      Er rief seinen Freund Peter Huntzinger an.

      Peter arbeitete seit kurzem bei Navy-International Programs, NIPO, und dort für das Royal Saudi Navy Support Office.

      Nach kurzer Begrüßung fragte Carl:

      „Peter, weißt du, ob Saudi Arabien sich mit U-Booten