Ein Playboy für Valentina. Eva Bolsani. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Eva Bolsani
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753174259
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hatte. Doch da war Maximilian ja auch schon älter gewesen und hatte durchaus verstanden, dass der Tod seiner einzigen Tochter und die Veruntreuung von Geldern durch seinen Schwiegersohn aus dem Opa einen verbitterten alten Mann gemacht hatten, dem es nur noch darum ging, seinen Enkel zu einem würdigen Erben seines Pizza-Imperiums zu erziehen.

      Bei den Salazars ging es jedoch ganz anders zu, jedes Wort und jede Geste hatte ihm verraten, wie tief die Familienmitglieder miteinander verbunden waren. Umso erschütterter war Maximilian gewesen, als er erfahren hatte, dass ausgerechnet diese Familie von dem Fluch des Bildes getroffen worden war. Denn wenn jemand reinen Herzens war, dann doch wohl die Salazars!

      Wobei er natürlich nicht an diesen Fluch glaubte.

      »Ausgemachter Blödsinn ist das, sonst nix!«

      »Was meinen?«, fragte der Taxifahrer.

      »Gar nichts, Entschuldigung«, murmelte Maximilian betreten.

      »Alles gut, ja? Sind gleich da.«

      Tatsächlich knirschte der helle Kies der Auffahrt zu seinem Haus bereits unter den Rädern des Taxis. Maximilian gab ein fürstliches Trinkgeld, was den Taxifahrer dazu veranlasste, ihm beflissen das schwere Gepäck aus dem Kofferraum zu heben.

      Etwas unschlüssig blieb er vor der Eingangstreppe stehen, während der Mann davonbrauste. Es war bereits dunkel und die lange Reise steckte ihm ganz schön in den Knochen. Er sollte reingehen, sich einen Drink einschenken und möglichst bald den fehlenden Schlaf nachholen. Stattdessen wandte er den Blick von der liebevoll restaurierten Jugendstilvilla ab hin zu dem seitlichen Anbau, der ehemaligen Orangerie, in der sich heute seine Galerie befand. Die großen Bogenfenster waren hell erleuchtet, so dass er genau erkennen konnte, was drinnen vorging.

      Elisabetta war da. Natürlich war Elisabetta da, immerhin war sie seine Frau, und sie lebte hier. Und ein Grund dafür, dass sie seine Frau geworden war, war schließlich, dass sie seine Liebe zu Kunst und Antiquitäten teilte und unermüdlich für ihr kleines, aber exquisites Geschäft arbeitete.

      Elisabetta sah aus wie immer. Das blonde, kurze Haar war exakt frisiert, Blazer und Bluse saßen perfekt, die randlose Brille ließ sie ein wenig streng, aber sehr kompetent wirken. Dennoch kam es Maximilian vor, als sähe er seine Frau zum ersten Mal.

      Sie hatten nicht aus Liebe geheiratet, er glaubte ebenso wenig an die Liebe wie Elisabetta. Sie hatten geheiratet, weil sie sich ausgezeichnet ergänzten, sowohl geschäftlich als auch was ihre Lebensgewohnheiten anging. Sie schliefen auch ganz gerne miteinander, ließen einander ansonsten jedoch alle erdenklichen Freiheiten.

      Und tatsächlich waren sie beide erst so richtig erfolgreich, seit sie zusammen waren.

      Warum stand er also wie ein Idiot hier im Dunkeln, betrachtete seine Ehefrau und fragte sich, ob sie wohl, wenn sie beide alt und grau waren, auch so vertraut an einem Küchentisch sitzen und sich wortlos verstehen würde wie die Salazars?

      Natürlich würden sie das!

      Schließlich hatte er nicht den gleichen Fehler wie seine Mutter begangen, die seinen Vater aus Liebe geheiratet hatte. Nur, um wenige Monate später festzustellen, dass sie mit einem unsensiblen Grobian zusammen war. Allerdings war sie da schon mit ihm schwanger gewesen, und sein Vater saß zu der Zeit noch als Geschäftsführer der Restaurantkette seines Großvaters fest im Sattel. Nein, Maximilian hatte gleich eine Partnerin gewählt, bei der nicht die Gefahr bestand, dass irgendwelche Gefühlsstürme ihre perfekt funktionierende Ehe gefährdeten. Elisabetta und er würden im Alter auf ein sehr erfolgreiches Leben zurückblicken.

      Doch dann fiel ihm ein, was Elisabetta und ihm fehlen würde: eine Familie! Das Ehepaar Salazar stand ja trotz der finanziellen Sorgen nicht allein da, sie wurden von ihrer Familie unterstützt. Und diese Familie hatte letztendlich auch dafür gesorgt, dass Maximilian um einiges mehr für das Bild bezahlt hatte, als er jemals vorgehabt hatte.

      Nachdenklich kratzte er sich am Kopf. Elisabettas und seine Kinder würden keine finanziellen Sorgen kennen, so viel stand fest. Aber dass er und seine Frau die perfekten Eltern abgeben würden, bei all der Arbeit, die sie hatten, und mit der offenen Beziehung, die sie führten, bezweifelte er doch ein wenig.

      Trotzdem drängte sich plötzlich dieses Bild auf, dass er sicher nicht allein hier herumstehen würde, wenn sie Kinder hätten. Nein, die ganze Schar wäre bereits lärmend aus dem Haus geflitzt und hätte ihn mit Fragen bestürmt, ob er den verloren Schatz gefunden und was er ihnen mitgebracht hätte. Eine Vorstellung, die ein ganz komisches Gefühl in seinem Magen auslöste.

      Womöglich war seine seltsame Laune aber auch auf den in Chile reichlich genossenen Pisco zurückzuführen. Außerdem hatte er seine Ehefrau wochenlang nicht gesehen und außer ein paar nichtssagenden Mails keinerlei Kontakt zu ihr gehabt, da war dies kaum der richtige Augenblick, um sie ins Bett zu zerren und zu schwängern.

      Sie könnten es ja erst einmal mit einem Hund versuchen. Er hätte gerne einen Hund. Einen netten Golden Retriever vielleicht? Er versuchte, sich Elisabetta vorzustellen, wie sie in Gummistiefeln und Regenjacke mit einem Hund am Ufer des Starnberger Sees entlang stapfte, während er irgendwo auf der Welt nach verschwundenen Gemälden suchte, scheiterte damit jedoch kläglich.

      Dennoch bekam er Lust, in Zukunft ein wenig mehr Zeit mit Elisabetta zu verbringen. Normalerweise stürzte Maximilian sich nach einer kurzen Erholungsphase alsbald auf den nächsten Auftrag, doch was, wenn er sich diesmal ein wenig mehr Zeit ließ? Leisten konnte er sich das allemal. Die gewonnene Zeit würde er mit Elisabetta verbringen – mit Dingen, die ihr gefielen! Von Hunden und Kindern konnte er immer noch anfangen, wenn sie wieder ein wenig vertrauter miteinander waren.

      Äußerst zufrieden mit seinem Vorhaben riss er die Eingangstür zur Galerie auf.

      »Hallo Elisabetta! Ich bin wieder zu Hause! Was hältst du davon, wenn wir am Sonntag in die Oper gehen?«

      OPERNBESUCH

      »Hört sich super an«, nuschelte Elisabetta in den Telefon-hörer. »Wir bleiben in Verbindung!«

      Hastig legte sie auf, denn schon hörte sie Maximilians for-sche Schritte auf der Treppe.

      »Guten Morgen!«, rief er unanständig fröhlich. »Wer war denn das zu dieser frühen Stunde?«

      Elisabetta seufzte verhalten. Das Leben gestaltete sich wirklich um einiges einfacher, wenn ihr Ehemann nicht zu Hause war!

      »Signore Mancini«, improvisierte sie rasch. »Es geht um ein paar Skizzen, die irgendwo in Sizilien …«

      »Kein Interesse«, sagte ihr Mann sofort und schenkte sich einen Kaffee ein.

      »Sie sollen ein unentdecktes Werk von Michelangelo zeigen«, versuchte sie, ihm die Sache schmackhaft zu machen. Sizilien war so schön weit weg!

      »Das ist doch Quatsch«, sagte Maximilian und biss in ein Croissant. »Ich bleibe hier.«

      Zu schade. Obwohl sie Mancini, der tatsächlich immer wieder bei ihr anrief, ebenfalls für einen Spinner hielt. Trotzdem wäre es ihr sehr gelegen gekommen, wenn ihr Mann sich gleich dem nächsten Auftrag gewidmet hätte.

      »Ich habe doch gesagt, dass ich vorerst keine weiteren Reisen unternehmen will. Ich habe dich viel zu sehr vernachlässigt«, sagte er, strahlte sie an und drückte sogar ihre Hand. »Freust du dich denn gar nicht?«

      »Äh …«, entgegnete Elisabetta etwas hilflos.

      »Du befürchtest, dass das Geschäft darunter leiden könnte, dass ich keine Aufträge annehme, stimmt‘s?«, fragte er. »Keine Sorge, seit Pierre Fournier der Geschäftsführer der ›Caminata‹-Restaurants ist, laufen die Läden besser denn je. Notfalls ziehen wir da ein paar Gewinne ab – unser Steuerberater macht das schon.«

      Elisabetta zwang sich zu einem Lächeln. Maximilian machte also tatsächlich Ernst. Gestern hatte sie schon vergeblich versucht, ihm eine verschollene Inka-Statue schmackhaft zu machen. Gut, das war nicht ganz so sein Thema. Aber dass er eine Reise nach Italien so rigoros ausschloss, ohne wenigstens ein paar Fakten zu überprüfen, war schon seltsam.