Ein Playboy für Valentina. Eva Bolsani. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Eva Bolsani
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753174259
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in dem alten Stuhl gemütlich zu machen – was natürlich nicht in Frage kam, denn deswegen war er nicht hergekommen.

      Langsam stieg er aus, und die Hitze traf ihn nach dem klimatisierten Wageninneren wie ein Schlag. Deshalb glaubte er auch einen Moment an eine Halluzination, als sich knarzend die hölzerne Eingangstür öffnete und eine alte Frau im Türrahmen erschien, die jederzeit als Großmutter eines Märchenbuchs durchgehen würde.

      Sie entsprach so wenig dem Klientel, dass sich normalerweise mit Kunstwerken zweifelhafter Herkunft umgab, dass er spontan überzeugt war, dass Adriano sich in der Adresse geirrt haben musste. Sowas war ja noch nie vorgekommen!

      »Herr Wolff? Sie schickt der Himmel!«, sagte die Großmutter.

      Okay, Adriano hatte sich also nicht geirrt. Allerdings beschlich Maximilian das komische Gefühl, dass das hier so gar nicht so laufen würde, wie er sich das vorgestellt hatte. Zögernd ging er auf die alte Frau zu, die über das ganze Gesicht strahlte.

      Hätte Adriano ihn nicht vorwarnen können?!

      ***

      Stöhnend stützte Valentina ihren Kopf in ihre Hände. Sie mochte doch gar keinen Prosecco! Aber nach dem Mordsschreck, den der Obermaier ihr mit diesem Vieh eingejagt hatte, war ihr die Flasche gerade recht gekommen.

       Schön blöd.

      Allerdings war der Kater nicht das einzige, was ihr Kopfschmerzen bereitete. Nachdem sie sich mühsam aus dem Bett gequält und einen Kaffee gekocht hatte, hatte sie hoffnungsvoll ihre Mails nach einem neuen Auftrag durchforstet.

      Nichts.

      Aber nicht nur das. Nachdem sie ihre Kontoauszüge aufgerufen hatte, konnte sie es nicht länger ignorieren, dass sie in letzter Zeit kaum lukrative Jobs abbekommen hatte. Da wäre ihr die Kampagne mit dem Biergarten gerade recht gekommen.

      Zwar war ihr Rücklagenkonto immer noch gut gefüllt, aber so konnte es ja trotzdem nicht bis in alles Ewigkeit weitergehen. War sie mit 24 vielleicht schon zu alt für die richtig gut bezahlten Aufträge? Valentina seufzte. Model war ihr Traumberuf, noch hatte sie keine Lust, sich nach etwas anderem umzusehen.

      »Bin wieder da!« Valentinas Mitbewohnerin Wanda polterte nach ihrer Joggingrunde lautstark in die gemeinsame Wohnung.

      »Wo ist Freddy? Ich habe einen Bärenhunger«, dröhnte Wanda und rumorte im Flur herum.

      »Keine Ahnung, wo die steckt.«

      Valentina klappte ihren Laptop zu. Sie hatte die dritte im Bunde, Frederika, genannt Freddy, heute noch gar nicht gesehen.

      »Mist!«, tönte es, dann platzte Wanda auch schon wie eine Urgewalt in die Küche, riss einen Tetrapack Milch aus dem Kühlschrank und trank direkt aus der Packung.

      Wanda trieb nicht nur begeistert Sport, sie arbeitete auch noch in einem Fitnessstudio und hatte so im Gegensatz zu Valentina einen schier unendlichen Kalorienbedarf. Sehr zur Freude ihrer Freundin Freddy, die eine begnadete Hobbyköchin war.

      »Was ist denn mit dir, du sitzt ja da wie ein Trauerkloß?«

      Valentina seufzte. Sie hatte nicht die geringste Lust, sich von Wanda dafür auslachen zu lassen, weil sie vor dem winzigen Hund – ein Chihuahua, wie sie inzwischen erfahren hatte – Reißaus genommen hatte.

      »Aber warte, ich habe dir was mitgebracht, das wird dich aufmuntern!«

      Valentina seufzte noch inbrünstiger. Sicher einer dieser gruseligen Fitnessriegel, auf die Wanda schwor. Wann würde die Freundin wohl einsehen, dass dieser Dinger nicht die passende Ernährung für ein Model waren?

      Wanda war derweil im Flur verschwunden und kam nun mit einem recht ansehnlichen Blumenstrauß zurück, von dem sie gerade die Papierverpackung abzupfte.

      »Ich habe den Boten unten vor der Tür getroffen«, kam es dabei undeutlich zwischen ein paar Margeriten hervor. »Ein Brief ist auch dabei!«

      Valentina nahm der Freundin den Strauß ab und setzte ihn erstmal in die Spüle. Äußert unwahrscheinlich, dass sich in ihrem Haushalt eine passende Vase fand. Eigentlich bekam sie wahnsinnig gerne Blumen, befürchtete aber, dass sie diesen Strauß nur Ludwig Obermaiers schlechtem Gewissen zu verdanken hatte.

      Sie öffnete den Brief und stellte mit Erstaunen fest, dass der Absender ihre Agentin war. In ihrer typischen, krakeligen Handschrift teilte sie Valentina mit, dass sie einen neuen Job für sie in Aussicht hätte, der Auftraggeber sie jedoch zuvor ein wenig besser kennenlerne wolle.

      Wanda hatte sich derweil die Karte geschnappt, die ebenfalls in dem Briefumschlag gesteckt hatte.

      »Ein Ticket für den ›Rosenkavalier‹«, verkündete die Freundin lautstark. »Nicht schlecht, Herr Specht!«

      Valentina stöhnte nur. Schon klar, warum ihre Agentin ihr das nicht persönlich sagen wollte.

      »Wann werden diese Typen endlich einsehen, dass ein Model keine Escort-Dame ist«, brummte sie grantig.

      »Hey, nicht so misstrauisch. Der hat sich doch nicht lumpen lassen, oder? Fetter Strauß! Außerdem liebst du die Oper!«

      »Ja, wenn ich die Aufführung genießen kann, ohne dabei von einem Mann betatscht zu werden, der glaubt, er könne sich alles erlauben, weil er mich eingeladen hat.«

      »Könnte ja aber auch sein, dass es sich hier um den Märchenprinzen handelt, auf den du schon so lange wartest, oder?«, fragte Wanda und wackelte bedeutsam mit den Augenbrauen.

      »Ach Quatsch«, murmelte Valentina verlegen.

      Sie war echt zu alt, um weiter von einem Prinzen – wahlweise mit oder ohne weißem Pferd – zu träumen, der ihr die Welt zu Füßen legte. Oder?

      Wanda versetzte ihr einen kumpelhaften Stoß.

      »Na los, gib dir einen Ruck und geh da am Sonntag hin. Wenn dir der Kerl nicht passt, verschwindest du halt kurz aufs Klo und haust dann heimlich ab, ist doch kein Ding! Aber wenn du Glück hast, springt bei der Sache nicht nur ein cooler Job raus, sondern du hast auch noch ein tolles Date. Wär ja auch mal Zeit, du hast ja keinen Typ ernsthaft an dich rangelassen, seit …«

      »Ja, schon gut!«, unterbrach Valentina sie hastig. »Ich geh ja hin. Aber wenn ich irgendeinem Verrücken in die Arme laufe, musst du mich retten.«

      »Klaro«, grinste Wanda, wandte sich wieder dem Kühlschrank zu und schnappte sich eine weitere Milchpackung.

      ***

      »Machen Urlaub in München oder sind da für Geschäft?«, fragte der Taxifahrer mit den orientalischen Gesichtszügen und startete seinen Wagen.

      »Tut mir leid, ich bin hier zu Hause – da werden Sie wohl den kürzesten Weg nach Starnberg nehmen müssen«, entgegnete Maximilian spöttisch, dann lehnte er sich zurück und schloss die Augen. Immerhin mussten sie einmal um München herum, vielleicht gelang es ihm, noch ein wenig zu schlafen.

      Doch wie schon auf dem Flug gingen ihm die Salazars einfach nicht aus dem Kopf. Er sah förmlich die hoffnungsvollen Gesichter des Paares vor sich, den sauber geschrubbten Holztisch mit der gehäkelten Tischdecke, in der Mitte die Schale mit den selbstgebackenen Keksen. Fast glaubte er, den Geruch von Frau Salazars starkem Kaffee immer noch in der Nase zu haben.

      In Gedanken ging er wieder und wieder das Gespräch mit der südamerikanischen Familie durch. Er hatte sich nicht gerade von seiner besten Seite gezeigt, indem er sie recht unverhohlen als Kriegsgewinnler bezeichnete. Dennoch hatten sie ihn wie einen lang vermissten Sohn und nicht wie einen eiskalten Geschäftsmann behandelt.

      Obwohl er sich gar nicht so sicher war, wie ein geliebter Sohn normalerweise behandelt wurde. An seine Mutter konnte er sich nur schemenhaft als eine Frau in luftigen Kleidern erinnern, die immer ein wenig entrückt durchs Haus schwebte. Sein Vater hingegen hatte ihn stets seine missbilligende Geringschätzung spüren lassen, indem er ihm irgendwelche Gemeinheiten an den Kopf warf, falls ihm nicht gleich die Hand ausrutschte, weil sein einziger Sohn nicht so funktionierte,