Liebesblues. Christine Jörg. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Christine Jörg
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847619611
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      Weshalb hat sie immer Schwierigkeiten Entscheidungen zu treffen. Vielleicht ist sie durch Franzi derart beeinflusst, dass sie ein ganz willenloser Mensch geworden ist. Wie schrecklich! Sie muss dem unbedingt Abhilfe schaffen.

      *

      Gerd stellt sofort fest, dass sie offensichtlich nicht oft ausgeht. Bei zwei Kindern zu Hause ist das natürlich kein Wunder. Er beschließt sie dazu zu überreden, ab und zu mit ihm auszugehen. Es würde ihm erlauben, selbst öfters in ein Restaurant oder überhaupt auszugehen und Marianne käme aus ihrer Wohnung heraus.

      *

      Ihr Begleiter hat sich ein alkoholfreies Getränk ausgesucht. Schließlich muss er noch Auto fahren, meint er zur Erklärung. Ist ja nett, dass er so verantwortungsbewusst ist.

      Die Bedienung kommt und nimmt die Bestellung entgegen.

      Danach werden sie an ihrem Tisch alleine gelassen. Bestimmt dauert es bis die Cocktails gemixt werden.

      „Ich freue mich, dass Sie mit mir gekommen sind“, sagt Gerd nun fröhlich. „Ich habe viel an Sie gedacht, seit wir uns im Regen getroffen haben.“

      Was soll Marianne darauf antworten? Etwa, ich auch. Selbst, wenn es stimmt, wird sie es niemals zugeben. Oder hat sie tatsächlich oft an ihn gedacht? Nein, wenn sie ehrlich zu sich ist, eigentlich nicht. Vielmehr hat sie an die Probleme gedacht, die sie im Augenblick mit Franzi hat. Das ist schon genug. Mehr braucht sie im Moment nicht. Schließlich stellt sich immer noch die Frage wie sie sich aus der Beziehung löst.

      Besser ist nichts zu antworten, sagt sich Marianne. So lügt sie wenigstens nicht. Obwohl es ihr erstaunlich leicht fällt diesen Mann anzulügen. Hoffentlich verstrickt sie sich nicht in Widersprüche.

      „Wissen Sie“, fährt er fort, als er bemerkt, dass er von ihr keine Antwort zu erwarten hat, „ich glaube ganz einfach, ich habe mich in Sie verliebt.“

      „So ein Quatsch!“, fährt ihn Marianne böse an und, „Sie kennen mich doch gar nicht.“ Ungläubig schüttelt sie den Kopf.

      „Haben Sie noch nie etwas von Liebe auf den ersten Blick gehört?“, fragt er scheinbar naiv. Er blickt ihr direkt in die Augen.

      Gerd weiß, er muss aufhören, wenn sie ihm nicht davonlaufen soll, doch ein unbekanntes Teufelchen reitet ihn. Er will die Situation bis zum Schluss auskosten. Hoffentlich bleibt sie sitzen. Im Augenblick wird sie langsam sauer. Er fühlt es. Also beschließt er zunächst den Mund zu halten.

      Wie kann jemand nur so naiv sein. Liebe auf den ersten Blick! Das kommt ja direkt aus dem Groschenroman. Mit solch dummromantischem Gerede hat er bei ihr keine Chance.

      Er hat bemerkt, dass sie erbost ist und fährt fort: „Ich wollte Sie in keiner Weise kränken. Es stimmt wirklich! Aber ich hätte das nicht sagen dürfen, Sie haben Recht. Es war geschmacklos. Bitte verzeihen Sie.“

      Hoffentlich steht sie jetzt nicht auf und lässt Gerd alleine am Tisch sitzen. Er muss wirklich äußerst vorsichtig sein, damit er sie nicht mit unachtsamen Bemerkungen verärgert und vergrämt.

      „Sie können mir doch nicht mit dieser naiven Tour kommen“, belehrt Marianne ihn immer noch erbost.

      „Aber man kann doch wirklich sagen, dass im wahrsten Sinne des Wortes der Blitz eingeschlagen hat“, versucht er sich zu rechtfertigen. Mit einem herausfordernden Lächeln schaut er auf sie.

      „Der Blitz hat offensichtlich Ihren gesunden Menschenverstand vernichtet“, gibt sie trocken zurück. Sie lacht nicht.

      „Vielleicht“, gesteht er, „das ändert jedoch nichts an der Tatsache. Aber lassen wir das. Davon will ich nicht mehr sprechen. Wann gehen Sie mit mir zum Essen?“

      „Hören Sie mal“, Marianne schaut ihn fragend an. Warum ist er so hartnäckig? Weshalb begreift er nichts? „Ich glaube, ich habe Ihnen schon erklärt, dass ich noch gewisse Verpflichtungen habe. Weshalb lassen Sie mich nicht in Ruhe. Was wissen Sie denn schon von mir, und von dem, was alles damit zusammenhängt?“

      „Eben gar nichts“, gibt er freimütig zu, „deswegen möchte ich Sie ja auch näher kennenlernen. Bitte sagen Sie Ja und gehen Sie einmal mit mir zum Essen. Ich werde Sie auch nicht mehr in aufdringlicher Art und Weise belästigen. Nur einmal, bitte!“ Er faltet die Hände wie zum Gebet und fleht sie förmlich an. Auf Mariannes Gesicht erscheint ein kurzes Lächeln.

      Er hält ein, denn die Bedienung bringt die Getränke. Die Cocktails sind interessant dekoriert. Sie hätte das Glas noch lange Zeit bestaunen können, so schön sieht es aus. Doch als sie wieder alleine am Tisch sitzen, prostet Gerd Marianne sofort zu und sie trinken.

      „Schmeckt Ihnen der Cocktail?“, erkundigt er sich.

      „Ja, sehr gut.“

      „Also, wir waren bei einem Essenstermin stehen geblieben“, nimmt er dann das Gespräch wieder auf. „Wann?“, will er jetzt wissen.

      „Gar nicht!“, sagt sie kurz und bündig. Das ist ja noch schöner, sich mit ihm zum Essen zu verabreden. Was soll das denn? Ist er endlich fertig damit, sie anzubaggern?

      Doch schon fährt er fort. „Das können Sie mir nicht antun“, meint er mit scheinbar weinerlicher Stimme. „Bitte! Wenn Sie mir jetzt sagen wann und fahre ich Sie nachher brav nach Hause.“

      „Ich kann zu Fuß gehen“, gibt Marianne sachlich zurück.

      „Das weiß ich“, gesteht er scheinbar zerknirscht, „aber bitte sagen Sie nicht nein.“

      „Wie wäre es am Freitag- oder Samstagabend?“, schlägt er vor.

      Das sind für sie die schlechtesten Tage, denn da ist Franzi zu Hause. Sie kann nicht ohne plausiblen Grund wegbleiben.

      „Nein“, sagt sie deshalb, „das Wochenende passt mir gar nicht.“

      „Ich dachte nur wegen Ihrer Kinder“, gibt er zu bedenken. „Wie alt sind sie denn?“

      Ja, wie alt sind Mariannes fiktive Kinder nun. Was ist ein günstiges Alter. Klein genug, damit sie noch ihre Hilfe und Obhut brauchen, aber doch groß genug, um sie abends auch mal für eine Stunde oder zwei allein zu lassen. Sie muss sich schnell etwas einfallen lassen. Wie alt sollen die Kinder also sein?

      „Sie sind sieben und neun Jahre alt“, sagt sie entschlossen. Marianne wundert sich darüber, wie ausgekocht sie sein kann.

      „Aha“, ist seine erste Feststellung, „und jetzt ist Ihr Mann bei ihnen?“

      „Es gibt keinen Mann mehr“, erklärt sie schnell. Es ist offensichtlich, dass sie sich immer mehr in Lügenmärchen verstrickt. Sie kommt nie wieder heraus, wenn sie nicht schnellstens geht! Marianne bewegt sich auf gefährlichem Boden.

      „Es tut mir Leid“, entschuldigt er sich sofort, „ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten. Haben Sie Junge und Mädchen?“

      Was gehen ihn denn ihre Kinder an? Und trotzdem gibt sie zur Antwort: „Ja, die Ältere ist die Maike und der Junge heißt Alex.“ Erstaunlich, wie schnell ihr die Namen eingefallen sind. Es wird besser sein, sie schreibt sich Alter und Namen der fiktiven Kinder auf, damit sie sie nicht vergisst. Nur für den Fall

      Wenn man erst einmal mit dem Lügen begonnen hat, fällt es einem gar nicht mehr schwer. So langsam kommt Marianne in Fahrt. Sie hat nie vermutet, dass der Mann derart leichtgläubig ist. Es ist wirklich ein Kinderspiel ihm einen Bären aufzubinden.

      „Und Sie können Ihre Kinder alleine lassen?“, forscht er nun nach.

      Das geht ihn überhaupt nichts an! Sie hat ihn schließlich auch nicht ausgefragt. Aber das kommt sicherlich daher, dass er sich für sie interessiert, Marianne jedoch vorgibt, sich nichts aus ihm zu machen. Das sind die feinen Unterschiede.

      „Sie wissen, ich muss den Hund abends spazieren führen“, gibt sie zur Antwort, „deshalb wenden Sie sich, wenn wirklich etwas ganz Schlimmes geschieht, an die Nachbarin.“ Wirklich, Marianne ist verblüfft, wie