Höllentrip. Manuela Martini. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Manuela Martini
Издательство: Bookwire
Серия: Ein Shane O'Connor Krimi
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742759412
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schüttelte den Kopf und kniff sich in den Bauch.

      „Ich werd’ sonst zu fett.“

      Wie gut kannte sie diese Antwort, die Frage hätte sie sich sparen können.

      „Stimmt“, sagte Catherine, um sich wenigstens ein bisschen zu rächen.

      Doch Sophie ignorierte die Bemerkung, zog die roten Sandalen aus, stellte ihre langen, schmalen Füße mit den in derselben Farbe lackierten Nägeln aufs Armaturenbrett und vertiefte sich in deren Anblick.

      „Ist es nicht komisch, je länger ich Toby nicht sehe, um so mehr verliebe ich mich in ihn.“ Sie nippte an ihrer Mount Franklin-Wasserflasche.

      Die Lippen ihres kleinen Mundes hatte sie ebenfalls in der Farbe ihrer Schuhe mit Lipgloss geschminkt, fiel Catherine auf, während sie sich den Rest des Sandwichs in den Mund stopfte.

      „Du idealisierst ihn schon wieder.“

      „Und wenn schon“, sagte Sophie mit einer Spur Trotz in der Stimme und zupfte an ihrem Kleid, das sie in einer Strandboutique in Surfers Paradise gekauft hatte.

      Ohne das Gespräch weiterzuführen, ließ Catherine den Motor an und reihte sich in den Verkehr ein. Inzwischen war es schon kurz nach drei Uhr und sicher nicht die beste Zeit, um eine so lange Reise zu beginnen. Aber bis zur Dämmerung blieben ihnen noch ein paar Stunden. Wenn alles wie geplant lief, wären sie übermorgen, am Mittwoch Abend auf der Farm in Blackall.

      „Vielleicht spüre ich gerade durch unser Getrenntsein unsere Verbindung?“, sagte Sophie unvermittelt als sie an einer Ampel hielten. Sie blickte Catherine aus ihren großen blauen Augen an.

      Catherine schaltete den CD-Player an. Sie hatte keine Lust, sich mit Sophie wieder über diesen Surfertypen zu unterhalten. Er war sowieso nur ein weiteres Objekt, das Sophies Eitelkeit befriedigte. Aber das behielt sie für sich. Wenn es etwas Ernstes zwischen den beiden wäre, hätte Sophie diese Reise sicher allein gemacht. Schon während der Tage am Strand schien es ihr, als ob Sophie sich mit ihm langweilen würde. Und deshalb durfte Catherine sie begleiten – und weil es mit dem Auto und Catherine am Steuer - bequemer war. Sophie schüttelte ihr Haar und hört auf einmal auf zur Musik zu summen.

      „Ich hab’ mich gerade gefragt, was passiert, wenn bei Toby Distanz genau das Gegenteil bewirkt?“,

      „Ihr habt doch gestern telefoniert.“ Catherine bemühte sich, nicht gelangweilt zu klingen.

      „Ja, sicher!“ Sophie nahm ihre Füße vom Armaturenbrett und starrte aus dem Seitenfenster.

      Wie überraschend schnell sich ihre Stimmungen ändern können, dachte Catherine.

      „Ich finde, er hat so anders geklungen“, Sophies Gesicht nahm jetzt einen gequälten Ausdruck an. „Als sei es ihm unangenehm, dass wir ihn bei seinen Eltern auf der Farm besuchen.“

      Sie wollte sich eine Zigarette anzünden, doch Catherines Blick ließ sie die Schachtel wieder zuklappen. Catherine konnte es nicht ausstehen, wenn jemand im Auto rauchte. Und bisher hatte sich Sophie immer daran gehalten. Catherine bog in Richtung Ballone Highway ein. Um das Thema zu beenden, sagte Catherine:

      „Wenn es uns dort langweilt fahren wir einfach weiter – oder wieder zurück.“

      Sophie lächelte.

      „Du bist meine beste Freundin, denn du bist die einzige, die mich wirklich versteht.“

      Catherine lächelte nun auch. Sophie brauchte sie. So wie ihre Mutter sie brauchte und ihr Vater und ihre schöne, naive Schwester.

      Der getönte Streifen am oberen Rand der Windschutzscheibe färbte den Himmel golden. Fast unmerklich hörte die Stadt auf. Häuser, Läden, Parkplätze – wie letzte Grenzfestungen in einem nicht besiegten Land, dachte sie.

      Kapitel 18

      Die Anruferin hieß Wendy Brown. Sie war Kassiererin im Supermarkt an der Hauptstraße in Chinchilla. Shane war sofort dorthin gefahren und stand nun einer sehnigen Mittvierzigerin gegenüber, deren kurzes, kupferrotes Haar, wie Igelborsten abstand. Sie berichtete, dass Romaine Stavarakis am vorletzten Samstag bei ihr eingekauft hatte. Wendy erinnerte sich aber noch an etwas anderes: in dem Moment, als Romaine bei ihr an der Kasse zahlen wollte, war Barry Denham hereingekommen.

      „Es war zehn nach elf. Das weiß ich mit Sicherheit, weil ich die Kassenrolle auswechseln musste, und da hab’ ich auf die Uhr gesehen.“ Sie sprach schnell ohne Luft zu holen. „Ich bin ein Zahlenfreak, ich merk mir jede Zahl, die mir unter die Augen kommt!“ Sie griff in einen Karton und wedelte mit einer Gurke. „Mein Hirn sagt dazu nicht: Gurke, sondern fünf-eins-null-null-drei, die Codeziffer, oder Bananen fünf-eins-null-vier-null, oder Paprika sechs-eins-null-null-vier ...“ Sie grinste, „das ist der Code, verstehen Sie, und ...“

      „Haben sich Romaine und Barry gesehen?“, unterbrach sie Shane. Sie ließ die Gurke wieder in den Karton fallen.

      „Darauf können Sie Gift nehmen! Haben sich direkt in die Augen gestarrt. Er ist dann nach hinten im Laden verschwunden, und sie ist ziemlich nervös geworden.“

      Warum hatte ihm Barry diese letzte Begegnung mit Romaine verschwiegen? Verdrängung? Angst, tiefer in die Sache reingezogen zu werden? Er müsste also wieder auf Barrys Farm.

      Inzwischen war es fast vier. Über dem Asphalt flirrte die Hitze. Shane hatte alle Fenster heruntergekurbelt. Fliegen brummten innen an der Frontscheibe, begriffen nicht, dass sie dort nicht ins Freie kamen. Das grelle Licht ermüdete ihn trotz der Sonnenbrille. Draußen, das ewig Gleiche: die Straße, der Busch, Papageien, hin und wieder Gegenverkehr oder ein Auto, das sich nicht an die Geschwindigkeitsbeschränkung von hundertzehn Kilometern hielt und ihn überholte. Er fand die Einfahrt zur Farm, musste aussteigen, das Gatter öffnen, es nach dem Hindurchfahren wieder schließen. Fünfzehn Minuten staubige Piste, ein totes Känguru und ein totes Rind, dann war er endlich da.

      Auf sein Klopfen an der Haustür öffnete niemand. Hatte Barry nicht etwas vom Schafscheren gesagt? Etwa einen Kilometer entfernt, so weit er das richtig abschätzte, reflektierte das Blechdach eines großen Schuppens in der Sonne. Dort parkte Shane den Dienstwagen neben drei zerbeulten Autos.

      Hinter einem Zaun sah er Schafe, zusammengedrängt vor einer Rampe, die hinauf in den Schuppen führte. Staub legte sich auf seine Zunge. Schwitzend stieg er eine rohe Holztreppe hinauf und stand in einem riesigen, zur Treppe hin offenen Raum. Dort verpackte ein bulliger Typ mit Hilfe einer Presse Wolle in große, quadratische Ballen, beschriftete sie mithilfe einer Schablone mit dem Namen Ashwood und einer Ziffer und rollte sie unter erheblichem Kraftaufwand zu den anderen Ballen, die bereits an einer Wand des Wellblechschuppens lehnten. Gegen das Dröhnen von Maschinen fragte Shane den Mann nach Barry Denham. Der Mann zeigte in den hinteren Teil des Schuppens. Shane betrat durch einen Gang einen Raum, in dem sich auf der einen Seite lange Tische befanden, an denen Frauen Wolle sortierten, und auf der anderen Seite hintereinanderliegende Boxen angeordnet waren, in denen jeweils ein Schafscherer ein Schaf schor. Ohrenbetäubender Lärm von schwirrenden Ventilatoren und surrenden elektrischen Schermessern, mit denen die etwa fünfzehn Männer hantierten, erfüllte den Schuppen und Shane fragte sich, wie man es den ganzen Tag in diesem Lärm und dieser Hitze ertragen konnte. Ganz zu Schweigen von den Strapazen der körperlichen Arbeit. Die Schafscherer klemmten sich ein Schaf zwischen die Beine, rasierten mit den von der Decke hängenden elektrischen Messern in möglichst wenigen Zügen das gesamte Fell bis auf die nackte, weiße Haut. Einer der Scherer hatte gerade einem Schaf eine Schnittwunde zugefügt, aus der dunkelrotes Blut troff. Ein magerer, hochgewachsener Junge mit einem pickligen Gesicht kehrte die Wolle zusammen, hob sie auf und warf sie auf den langen Tisch, an dem sie Frauen in atemloser Geschwindigkeit je nach Qualität in verschiedene Behälter sortierten.

      „Suchen Sie jemand?“, schrie eine Stimme.

      Sie gehörte einem gedrungenen, glatzköpfigen Mann, dem der Schweiß in Strömen über das tiefbraune Gesicht lief und sein kanarienvogelgelbes Hemd getränkt hatte.

      „Ja,