„All Nations Welcome, but Carrie.”
Die rigorose Kämpferin gegen den Alkohol schreckte auch vor den gewählten Staatsoberhäuptern Amerikas nicht zurück. So meinte sie nach dem Attentat auf den US-Präsidenten William McKinley 1901, der im Verdacht stand, ein heimlicher Trinker gewesen zu sein, dass er: „(...) nur das bekommen habe, was er verdient hätte.” Zudem beschuldigte sie Theodore Roosevelt, auf seinen Wahlkampfreisen durch Kansas, in seinem Sonderzug einen privaten Saloon unterhalten zu haben und forderte, dass er wie jeder andere Gesetzesbrecher verhaftet werden müsse. Diese Aussage schien „Teddys” Stolz tief getroffen zu haben und so verweigerte er ihr später zweimal eine Audienz im Weißen Haus.
Am 09. Juni 1911 starb Carrie Nation im Evergreen Place Hospital bei Leavenworth, Kansas und wurde anschließend in Belton, Missouri zur letzten Ruhe gebettet. Ihr schlagkräftiges Leben war dabei jedoch von Anekdoten nicht verschont geblieben. So erzählt die eine von ihnen, dass sie sich des Öfteren einen Schluck von „Dr. David Hostetters Magenbitter” gegönnt hatte, bis sie irgendwann zu ihrem Entsetzen erfahren musste, dass diese „Medizin” rund 47 % Alkohol enthalten hatte.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war die „Anti-Saloon- League” die führende Organisation gewesen, die sich für ein Alkoholverbot in den Vereinigten Staaten einsetzte. Sie war hauptsächlich im Süden und im ländlichen Norden der USA präsent gewesen und wurde insbesondere von den Methodisten, Baptisten und Kongregationalisten stark unterstützt. 1893 in Oberlin, Ohio gegründet, breitete sich ihr Einfluss rasch aus und entwickelte sich 1895 zu einer nationalen Organisation und mächtigsten Verbotslobby für Alkohol in Amerika. Ihr Gründer und erster Führer Howard Hyde Russell (1855-1946) wählte die besten Männer für seine Organisation aus, gründete erfolgreich lokale Zweigstellen und rührte unermüdlich die Werbetrommel, und zwar mit solch einem Erfolg, dass die Temperenzbewegung in den USA neu belebt wurde.
Auf staatlicher Ebene hatte die „Anti-Saloon League” unterschiedliche Erfolge aufzuweisen gehabt. Im ländlichen Bereich und im Süden der USA stießen ihre Bemühungen auf fruchtbaren Boden, in größeren Städten, insbesondere bei den Katholiken, Juden, Episkopalern und deutschen Lutheranern ging es hingegen nur wenig erfolgreich voran. Biertrinkende Deutsche, Whiskey liebende Iren und die weinseligen Südosteuropäer hielten nur wenig davon, sich den Genuss von Alkohol verbieten zu lassen. Dennoch war die Prohibition bis 1916 in 23 Staaten etabliert worden, alleine 17 davon durch eine Volksabstimmung. Nachdem der Erste Weltkrieg ausgebrochen war, verknüpfte die „Anti-Saloon Leaque” ihre Ideen mit patriotischen Appellen, die darauf hinausliefen, dass der Alkohol die Moral der amerikanischen Soldaten schwächen würde und wann immer die deutschen Brauereibesitzer sich in den USA gegen die Prohibition aussprachen (verständlicherweise muss man sagen), so wurde ihnen dieses seitens der Organisation stets als Illoyalität und mitunter auch als Verrat am Vaterland ausgelegt.
Am 28. Oktober 1919 trat schließlich der Volstead Act in Kraft, der alle Getränke mit einem Alkoholgehalt von mehr als 0,5 % Vol. als Alkohol definierte. US-Präsident Woodrow Wilson (1913-1921) legte zwar sein Veto gegen das Gesetz ein, doch der Druck der öffentlichen Meinung war derart groß gewesen, dass sich im US-Kongress eine Zweidrittelmehrheit fand, die das Veto des Präsidenten gleich wieder unwirksam machte. Am 16. Januar 1920 wurde das nationale Prohibitionsgesetz von Wilson ratifiziert und als 18. Zusatz in die Verfassung aufgenommen:
Abschnitt 1. Nach Ablauf eines Jahres nach der Ratifikation dieses Artikels sind Erzeugung, Verkauf oder Transport berauschender alkoholischer Getränke innerhalb des Gebietes der Vereinigten Staaten sowie Ein- und Ausfuhr aus den Vereinigten Staaten sowie allen Gebieten, die deren Zuständigkeit unterstehen, hiermit verboten.
Abschnitt 2. Der Kongress und die einzelnen Bundesstaaten werden gleichzeitig befugt, diesen Artikel durch entsprechende Gesetze durchzusetzen.
Abschnitt 3. Dieser Artikel wird unwirksam, falls er nicht innerhalb von sieben Jahren vom Zeitpunkt seiner Unterbreitung durch den Kongress an die Bundesstaaten durch die Gesetzgeber der einzelnen Bundesstaaten als Zusatzartikel der Verfassung bestätigt wird.
Zwar weigerten sich Rhode Island und Connecticut das Gesetz zu ratifizieren, doch dieses war lediglich ein symbolischer Akt des Protestes gegen das Alkoholverbot gewesen, denn der 18. Zusatzartikel hatte von nun an in den gesamten Vereinigen Staaten Gültigkeit erlangt.
Das erklärte Ziel der Prohibition, die Amerikaner vom Trinken abzuhalten, wurde dadurch aber zu keinem Zeitpunkt wirklich erreicht. Wer über das nötige Kleingeld verfügte, legte sich rechtzeitig einen eigenen Schnapsvorrat an, denn der Konsum an sich war ja nicht verboten gewesen, sondern nur die Herstellung, sowie der Transport und Verkauf, und der Rest wurde ins Land geschmuggelt oder als „Moonshine” illegal selber gebrannt. Am 28. August 1920, also fast gleichzeitig mit dem Beginn der landesweiten Prohibition, wurde auch das Frauenwahlrecht in die Verfassung aufgenommen.
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