Sittes Welt. Группа авторов. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Группа авторов
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783865024831
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spendende Sonne geschoben. Bedrohungen durch den Menschen, die Atombombe, den Krieg, den Kapitalismus und Imperialismus sind es, welche die lebensfrohe Idylle überschatten und in apokalyptischen Altären, wie Höllensturz in Vietnam (1966/67, S. 366 f), Son-My (1970)83, Jeder Mensch hat ein Recht auf Leben und Freiheit (1973)84 beschworen werden.

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      Sittes wachsende Zweifel an der ökonomischen Überlegenheit der DDR lassen sich aber in seiner Kunst ablesen. Die Malerei kann den inneren Konflikt nicht verbergen, sie bekommt schon ab Mitte der 1960er Jahre erste Risse, franst und leiert aus, verliert ihre scharfen, prägnanten Konturen. Die Formate werden immer größer, weil sie den abnehmenden Glauben durch auftrumpfende Gestik, Pathos und strotzende Leiber im Stil von Rubens und dem späten Corinth kompensieren müssen. Auf die Renaissance schlanker Formen, eleganter Gesten und intimer Szenen des Alltags folgt der trotzige Gestus eines zwanghaften sozialistischen Barocks, eines Stils der Gegenreformation von Honeckers Gnaden zu Ulbrichts marktwirtschaftlichen und technokratischen Reformversuchen.

      Im Gegensatz zu dieser sich in Auflösung befindlichen Leitfigur des Marxismus-Leninismus stellt Bernhard Heisig 1971 seinen Lenin image 9 als einen hochkonzentrierten Redner vor Augen, der sich in Körperhaltung und Blick ganz den Betrachtenden zuwendet und sie unmittelbar und eindringlich anspricht. Er tritt in einem eleganten, gutsitzenden dunkelvioletten Anzug mit Weste und Krawatte wie ein Wissenschaftler im Hörsaal oder Advokat vor Gericht beim Plädoyer auf. Das einzige Attribut ist ein Buch, das er in der Rechten hält, wobei sein Zeigefinger eine bestimmte Stelle markiert, die er vielleicht während seiner Ansprache noch zitieren wird. Seine Rede beruht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen. Seine Linke deutet auf die Zuschauer und stellt auf diese Weise einen direkten Kontakt her. Er schaut nicht auf sein Publikum herab, sondern leicht zu ihm auf. Der etwas vorgeneigte Oberkörper unterstreicht diese Hinwendung zum Publikum.