Die Bildergrammatik für Französisch beinhaltet nur eine Doppelseite zum Thema Imperativ (im Kapitel „Verb“) (vgl. Rist 2014: 164-165). Die Funktionsweise wird in einem Satz formuliert, in dem statt Funktionen (Befehle, Aufforderungen) das Wort Imperativ dunkelrot hervorgehoben ist, ohne eine weitere visuelle Unterstützung. Anschließend folgen mehrere Tabellen zur Bildung unterschiedlicher Imperativformen.
In der Grammatik in Bildern für Spanisch wird dem Thema Imperativ ein separates Kapitel gewidmet (vgl. Reymóndez-Fernández 2014: 228-239). Der Imperativ wird als „der Modus der Befehle“ definiert (ebd.: 230). Neben der Bildung der Imperativformen werden auch alternative Ausdrucksformen der Befehle und Aufforderungen aufgelistet. Visuelle Unterstützung findet durch eine farbige Hervorhebung in Beispielsätzen statt. Die Bildung des Imperativs wird tabellarisch für unterschiedliche Verben mit farbigen Hervorhebungen der Endungen bzw. der Verben dargestellt. Im Kapitel sind auch vier Abbildungen zu finden, zwei dieser Abbildungen sollten humorvolle Situationen zum Thema Imperativ präsentieren. In der Abbildung der zwei Personen in Ganzkörperverbänden werden z. B. die Folgen der Nichtausführung einer Aufforderung, die im Imperativ formuliert wird („Cerrad bien el gas.“/“Dreht das Gas immer gut zu!“), dargestellt (s. Abb. ebd.: 234). Fraglich bleibt, ob die Visualisierung in diesem Fall hilfreich oder eher irritierend (und auch unsensibel) ist.
Die Grammatiken in Bildern sind eine Art Referenzgrammatiken, die heutige visuelle drucktechnische Möglichkeiten nutzen und grammatische Strukturen in Farben und Tabellen zu veranschaulichen. Jedoch die Behauptung, dies sei eine „neue“ Methode, wird nicht bestätigt. Darüber hinaus wird am Beispiel der fotografischen Illustrationen deutlich, dass ihre Potenziale für die Visualisierung von Grammatik nicht ausgeschöpft werden bzw. sie die Anforderungen an didaktische Visualisierungen4 nur teilweise erfüllen.
Visuelle Metapher
Zur weiteren Kategorie der Visualisierungen gehören Metaphern, deren Potenziale für das Fremdsprachenlernen zu nutzen sind, jedoch in wenigen Lehrwerken eine Berücksichtigung finden. Für die Grammatikvermittlung können Metaphorisierungsprozesse5 „eine bedeutende Rolle zur Verarbeitung abstrakter Konzepte“ spielen (Weininger 2013: 31). Ausgehend von den Erkenntnissen der Gedächtnistheorien sieht Bellavia (2007) einen positiven Einfluss der Metapher beim Sprachenlernen in ihrer emotionalen Kraft und lebendigen Bildlichkeit, die das Behalten der Lerninhalte fördern. Darüber hinaus wird durch den Einsatz der Metaphern der Anbau des mentalen Lexikons gefördert sowie die Fantasie der Lernenden angesprochen, was zu affektiven Effekten führt und zum Lernen motiviert (vgl. Bellavia 2007: 212ff.). In einer Reihe von Publikationen werden Potenziale der Metapher für den Spracherwerb diskutiert (s. dazu z. B. Bellavia 2007, 2011, 2017; Suñer Muñoz 20136; Roche und Suñer Muñoz 2016). Bellavia erarbeitet zahlreiche didaktische Vorschläge zum Nutzen der alltäglichen Metaphorik für die Darstellung deutscher Präpositionen und schreibt den Metaphorisierungsprinzipien in computergestützten Grammatikanimationen großes Potenzial zu (vgl. Bellavia 2007: 364), was in späteren Studien zu Animationen bestätigt wird (vgl. Roche und Suñer Muñoz 2014; Kanaplianik 2016). In der Interaktiven Grammatik werden auch visuelle Metaphern in einzelnen Einheiten (z. B. eine Schere zum ‚Schneiden‘ von Komposita, ein Magnet zur Verdeutlichung der Satzklammer) zur Verständniserleichterung verwendet. Diese Metaphern lassen sich bewegen und sollten dadurch nachvollziehbar für Lernende sein. Die visuelle Metapher der Einheit Imperativ wird in Kapitel 5 dargestellt und analysiert. Zuerst werden im folgenden Abschnitt einige Beispiele für Grammatikvermittlung mit bewegten Bildern bzw. Animationen einer näheren Betrachtung unterzogen.
3.5. Visualisierung der Grammatik in digitalen Lernmaterialien
Visuelle Lernhilfen, die in gedruckten Lernmaterialien vorkommen, werden auch in digitalen verwendet. Jedoch bietet die mediale Entwicklung weitere Einsatzmöglichkeiten von Visualisierungen beim Grammatiklernen. Die Farb- oder Schriftänderung kann durch Aktivitäten von Lernenden initiiert werden und ist nicht mehr statisch wie in Printmaterialien. Die Veränderung visueller Elemente liegt an der Schnittstelle der Visualisierung und der Interaktivität, die im vorigen Kapitel näher betrachtet wurde. Die technische Entwicklung trägt zur Erweiterung des visuellen Repertoires bei. Dabei müssen nicht unbedingt neue Visualisierungstypen geschaffen werden, sondern die, die bereits eine lange Tradition in den gedruckten Materialien haben, gewinnen neue Eigenschaften. So sind visuelle Elemente in digitalen Materialien durch eine gewisse Dynamik gekennzeichnet: Als eine Reaktion auf die Eingaben der Nutzer kann eine farbige Änderung der Schrift, das Erscheinen einer Einrahmung etc. vorprogrammiert werden. Eine Farbänderung könnte für das gesamte Element oder bei einem Teil der Visualisierung z. B. Ampelfarben als Rückmeldung auf eine falsche Eingabe (rot) und auf eine richtige (grün) erfolgen.1 Das Erscheinen neuer visueller Elemente kann ebenfalls gewährleistet werden.
Videomaterialien und Audio-Bilder-Sequenzen
Eine weitere Visualisierungsmöglichkeit, Videos bei der Grammatikvermittlung einzusetzen, wird selten benutzt, wobei einige Beispiele zur Erklärung der Grammatik auf Youtube zu finden sind (s. z. B. Easy German Grammar2). Darüber hinaus werden zu didaktisierten Videos neben Hör-Sehverstensübungen und Wortschatzaufgaben Übungen zu grammatischen Themen angeboten. So muss man z. B. nach dem Anschauen einer Video-Folge Pronomen in einem Dialog auswählen (s. dazu das Lernangebot des Goethe-Instituts Erste Wege in Deutschland3). Laut Kerres (2013: 171) eignen sich aber für Anfänger eher einfache Bilder oder Bildfolgen statt Animationen oder Videos bei der Auseinandersetzung mit Inhalten. Daher könnte man statt Videos Audio-Bilder-Geschichten zur Grammatikvermittlung entwickeln. Videos und Audio-Bilder-Geschichten werden im Bereich Grammatik kaum eingesetzt, dafür werden andere „moderne“ visuelle Medien von Verlagen zur Verfügung gestellt, wie z. B. augmented reality.
Augmented Reality
Die großen Verlage stellen Augmented-Apps zu ihren Lehrwerken zur Verfügung.4 Augmented Reality wird als Werbeslogan bzw. als Marketingargument von Verlagen eingesetzt. Mehler-Bicher et al. (2011) versuchen eine einheitlichen Definition der Augmented Reality auszuarbeiten und weisen darauf hin, dass mithilfe derer die vorhandene Welt mit einer virtuellen Realität bzw. mit virtuellen Objekten ergänzt wird, die zudem dreidimensional und interaktiv sein könnten. Einer der Anwendungsbereiche der Augmented Reality ist die Visualisierung und Präsentation von Informationen, z. B. eines neuen Produktes (vgl. ebd.: 74). Sie hat sicherlich große Potenziale für das Fremdsprachenlernen (vgl. z. B. Thorne et al. 2015; Santos et al. 2016), jedoch stellt sich die Frage, ob die aktuellen Augmented Reality-Apps, die für DaF-Lehrwerke angeboten werden, ihren Namen berechtigt tragen, da sie eher dem Abspielen von Audios oder Videos zum Lehrwerk dienen. Es ist kein neues visuelles Medium, sondern eine weitere technische Möglichkeit, textuelle, auditive, visuelle Inhalte abzurufen und wiederzugeben. Die Inhalte können z. B. in Form von animierten Präsentationen oder Videos zu grammatischen Themen aufbereitet sein. Augmented reality in dieser Form fällt in die Kategorie Werkzeuge/Hilfsmittel, die bereits oben (Kapitel 3.1) kritisch betrachtet wurde.
Grammatikclips
Eine Möglichkeit, grammatische Strukturen visuell darzustellen, ist es, bewegte Bilder einzusetzen. Ein Beispiel sind animierte Grammatikclips5 für das Lehrwerk DaF leicht, die de facto gefilmte Legetechniken6 zur Präsentation von verschiedenen grammatischen Themen darstellen. So werden einzelne Vokabeln gelegt, getauscht, geschoben, versteckt oder farbig markiert, um auf die Besonderheiten grammatischer Themen aufmerksam zu machen und die Strukturen nachvollziehbar zu präsentieren. Die Präsentationen laufen in Begleitung von fragenden, verneinenden oder bejahenden Interjektionen. Die Grammatikclips bieten eine alternative Präsentationsart der Grammatik, sind jedoch keine Animationen.
Animationen
Schnotz et al. (1998: 136) verstehen unter animierten Bildern die, „deren grafische Struktur sich während der Darbietung verändert.“ Ausgehend von dieser Definition gehören auch Filme und Videos zu