Meine Mutter, der Indianer und ich. Kerstin Groeper. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Kerstin Groeper
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783948878061
Скачать книгу
grinste frech: „Nö, der Weiher ist für alle da! Ich frag ja nur!“

      Ein Weiher, der fast wie ein Schwimmbad angelegt war, anscheinend ohne Eintrittsgeld! Cool!

      „Ich bin neu hier! Muss ich dich kennen?!“

      „Nö, aber ich habe einen großen Bruder!“, erklärte das Kind stolz.

      Schon näherte sich ein älterer Junge dem Zaun und baute sich demonstrativ neben dem Kind auf. „Was willst‘n du hier!“

      „Nichts! Bist du der Babysitter – oder was?“

      Verlegen trat der Jugendliche von einem Bein auf das andere. „Nee! Aber wir wollen hier keine Fremden!“

      Das war deutlich! Felix spürte, wie die Hitze in ihm hochstieg. Was für ein freundlicher Empfang! „Ich dachte, dass der Weiher für alle da ist!“, provozierte er.

      „Nicht für dich!“

      Felix baute sich auf, blickte seinem Gegenüber fest in die braunen Augen. „Wer sagt das?“

      „Ich!“, entgegnete der andere selbstbewusst. Hinter ihm standen plötzlich zwei weitere Jugendliche, die herausfordernd grinsten. Verdammt, dachte Felix. Soll ich mich gleich bei meiner ersten Begegnung prügeln? Andererseits würde er den Respekt verlieren, wenn er jetzt klein beigab.

      „Na, dann ist ja gut!“, murmelte er leise und ging ein paar Schritte am Zaun entlang, als wollte er mit seinem Fahrrad wieder wegfahren. Mit einem sportlichen Satz hechtete er plötzlich über den Zaun und stellte sich auf den Steg, der ins Wasser führte. „Was dagegen?“, meinte er frech.

      Etwas überrascht wandten sich die drei ihm zu, dann versuchte einer ihn an der Schulter zu schubsen. Felix sah die Faust auf sich zukommen, wich ein winziges Stück zur Seite, griff nach dem Handgelenk des Angreifers, wirbelte ihn um sich herum und warf ihn mit einer schnellen Drehung ins Wasser. Einige Kinder grölten begeistert, empfanden es wohl als gerechte Strafe für die vielen Schikanen, die sie sonst immer von den Großen ertragen mussten. Die beiden anderen Jugendlichen dagegen fanden die Aktion weniger witzig. Ehe Felix reagieren konnte, drosch der Kräftigere ihm mit seiner Faust ins Gesicht, während der andere versuchte, ihn in den Schwitzkasten zu nehmen. Felix tauchte unter dem Griff weg, packte den Jungen um die Hüften und warf ihn ebenfalls ins Wasser, bevor ihn der nächste Schlag auf die Nase traf. Blut spritzte und verschmierte sein T-Shirt.

      Abwartend stand der kräftige Junge vor ihm, seine Faust drohend erhoben, während die anderen beiden bereits aus dem Becken kletterten.

      Uh! Gleich hatte er hier ein Problem! Noch einmal würden sie sich nicht überraschen lassen!

      Eine kräftige Stimme dröhnte plötzlich hinter ihm, und eine feste Hand legte sich auf seine Schulter: „Was soll das hier?“

      Überrascht drehte Felix sich um und erblickte einen ziemlich kräftig gebauten Erwachsenen, der ihn unwillig musterte.

      Felix zuckte nur die Schultern und deutete mit einem nachlässigen Kopfnicken auf die drei Angreifer: „Die meinen wohl, dass der Weiher ihnen gehört!“

      „So? Und wer bist du?“

      Felix wischte sich über die blutende Nase und unterdrückte eine patzige Antwort. „Wir sind hierher gezogen!“

      Die Miene des Erwachsenen wurde um einiges freundlicher: „Ah, willkommen! Ich bin Georg, der Vorstand vom Dorfverein! Wenn du ein Problem hast, dann komm zu mir!“

      Höflich streckte ihm Felix die Hand zu und lächelte leicht. „Ich bin Felix, und habe hier gerade ein kleines Problem!“

      „So?“, die buschigen Augenbrauen des Ortssprechers zogen sich zusammen, und er stemmte demonstrativ seine fleischigen Hände in die Hüften. „Seppi! Komm her!“

      Der Angreifer zog unwillkürlich den Kopf ein und näherte sich missmutig. „Was?“

      „Kennst du den Felix schon?“

      „Nö!“ Seppi zuckte nichtssagend die Schultern und zeigte mit seiner ganzen Körperhaltung, dass er auch keinerlei Interesse hatte, irgendeinen Felix kennen zu lernen.

      „Nun, dann kennst du ihn jetzt! Er wohnt hier, und ich will, dass ihr ihn in Ruhe lasst!“

      Felix konnte an Seppis Gesichtsausdruck erkennen, dass er bereits jetzt bei den Jungen hier im Dorf untendurch war. Ein Erwachsener hatte sich eingemischt. Was für ein Mist!

      „Danke, ich komme schon klar!“, murmelte er missmutig und zeigte den drei Jugendlichen hinter seinem Rücken unmissverständlich einen Stinkefinger.

      Georg drückte ihm ein Taschentuch in die Hand, das er aus den Tiefen seiner Arbeitshose gefischt hatte. Felix legte seinen Kopf ein wenig in den Nacken, drückte das Taschentuch gegen seine Nase und wartete, dass es aufhörte zu bluten. Gereizt dachte er an die Flecken in seinem T-Shirt und die unvermeidliche Standpauke seiner Mutter. Was für ein Anfang!

      Als das Bluten endlich aufgehört hatte, unterdrückte er den Impuls, das blutige Taschentuch einfach auf den Boden fallen zu lassen, und warf es stattdessen in einen Mülleimer. Mit einem Satz war er wieder über den Zaun verschwunden und schnappte sich sein Fahrrad.

      Der erste Eindruck war mehr als schlecht gewesen, und er überlegte, ob er nicht lieber seine Xbox-Konsole anstöpseln und einige Freunde im Internet treffen sollte. Dort war er der King! Sein Clan spielte unter den Besten und eigentlich war immer jemand online, wenn er das Bedürfnis hatte zu quatschen. Seine Mutter war regelrecht begeistert, als er so schnell wieder auftauchte. „He, kannst du mir schnell helfen, die Kisten nach oben zu schleppen?“

      „Klar!“, brummte Felix hilfsbereit. Schnaufend trug er die zwei gewünschten Kisten in das Schlafzimmer seiner Mutter und verdrückte sich dann schnellstens in sein Zimmer. Mit einem tiefen Seufzer räumte er nun doch ein paar Kisten leer, stopfte die Kleidung halbwegs ordentlich in seinen Schrank und stellte seine DVD‘s und Xbox-Spiele dekorativ ins Regal. Schon besser! Noch ein paar aussagekräftige Poster an die Wand, und seine Bude war vorzeigbar. Nur für wen?

      Die Dorfdeppen wollte er hier eigentlich nicht sehen. Mit finsterer Miene klebte er ein Generation-X-Poster über sein Bett, gegenüber bleckte eine riesige Dogge mit einem Halsband aus langen Stacheln realistisch die Zähne und drohte fast, aus dem Bild heraus jeden unwillkommenen Gast anzugreifen. Ja, so ein Hund wäre toll!

      Er faltete die leeren Umzugskartons zusammen und brachte sie in der Garage unter. Dort stapelten sich bereits die aussortierten Gegenstände und die Dinge, die seine Mutter erst später auspacken wollte.

      Sein Magen knurrte unüberhörbar, und so startete er einen kleinen Raubzug in die Küche. Sie war der einzige Ort im Haus, der bereits vollständig eingerichtet war, nur der Kühlschrank war gähnend leer. „Mama!“, brüllte er durch das Haus. „Wir haben nichts zu essen!“

      „Weiß ich!“, rief seine Mutter fröhlich zurück. „Wir gehen nachher essen!“

      „Wann? Ich habe jetzt Hunger!“

      „Mein Schatz! Du wirst doch wohl noch einen Augenblick aushalten. Wir gehen schon noch essen.“

      Schatz! Immer wenn seine Mutter etwas von ihm wollte, nannte sie ihn Schatz! Er wollte kein Schatz sein! Er wollte etwas zu essen, und zwar jetzt! „Wie lange ist bei dir ein Augenblick?“, fragte er misstrauisch.

      Seine Mutter kicherte und wirkte nun eher wie eine ältere Schwester – und nicht wie eine reife Frau und Mutter.

      „Ein Augenblick ist so lange, wie ich brauche, um noch zwei Kisten auszupacken!“

      „Aha! Und wann gehst du dann einkaufen?“

      Wenn erst wieder der Kühlschrank und die Tiefkühltruhe gut gefüllt waren, dann konnte er solche Aussetzer bei seiner Mutter besser überbrücken.

      „Morgen!“, kam es fröhlich zurück.

      Kurz überflog Felix in Gedanken die Umgebung und versuchte sich zu erinnern, ob es in diesem Kaff irgendein