Dimensionen des Weltalls. Hanslmeier Arnold. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Hanslmeier Arnold
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Математика
Год издания: 0
isbn: 9783702580858
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Hanslmeier

      UNSERE ERDE

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      imageIST DIE ERDE EINE KUGEL?

      Für uns erscheint es selbstverständlich, und nahezu jedes Kind weiß es: Wir leben auf einem Planeten. Von der Sonne aus gesehen ist unsere Erde der dritte Planet. Doch was ist ein Planet? [image Was bezeichnet man als Planet? S. 22]

      Noch lange bis in die Neuzeit herrschte der Glaube vor, die Erde sei eine Scheibe. Über diese Scheibe breite sich das Himmelsgewölbe mit seinen Sternen, Sonne und Mond aus. Blicken wir von Horizont zu Horizont, dann finden wir scheinbar nirgendwo Anzeichen einer gekrümmten Erdoberfläche, wie sie es bei einer Kugelgestalt der Erde aber sein muss.

      Die Krümmung einer Kugel hängt aber natürlich von deren Größe ab. Je kleiner die Kugel, desto größer die Krümmung. Stellen wir uns vor, wir würden auf einem kleinen Planeten leben oder gar auf einem der kleineren Monde eines Planeten, etwa dem Saturnmond Enceladus. Dieser Mond ist nur etwa 500 Kilometer groß. Man würde dann nur sehr nahe Berge sehen, die weiter entfernten wären wegen der starken Krümmung unterhalb des Horizontes. Befände man sich auf der Oberfläche von Enceladus, dann könnte man selbst 2 500 Meter hohe Berge wegen der viel stärkeren Krümmung der Oberfläche aus einer Entfernung von 10 Kilometern bereits nicht mehr sehen.

      Da unsere Erde relativ groß ist, fällt die Krümmung zunächst kaum auf. Die Krümmung der Erdoberfläche macht 7,8 Zentimeter auf einer Distanz von einem Kilometer aus.

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      Der Saturnmond Enceladus. Der Horizont ist hier stark eingeschränkt wegen der Krümmung.

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      Die Krümmung der Erde fällt erst bei größeren Abständen der Objekte auf.

      Ein bisschen Mathematik dazu: Sei L die Distanz, also beispielsweise der Abstand eines Berges vom Beobachter und R der Erdradius, errechnet sich die Krümmung y gemäß der Formel

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      Die Krümmung wirkt sich auf weitere Distanzen immer stärker aus. Bei 100 Kilometern macht sie bereits 784 Meter aus. Dies ist in der Abbildung dargestellt.

      imageKANN MAN DIE ERDKRÜMMUNG SEHEN?

      Obwohl die Erdkrümmung erst bei größeren Entfernungen zu den Objekten sichtbar wird, gab es bereits im Altertum Beweise dafür, dass die Erde Kugelgestalt haben muss. Für uns ist dies heute selbstverständlich, wir kennen die Bilder der im Weltraum freischwebenden Erdkugel. Doch auf der Erdoberfläche lässt sich dies nicht so ohne Weiteres erkennen. Ein Hinweis auf die Kugelgestalt der Erde war jedoch die schon im Altertum bekannte Tatsache, dass man bei weit entfernten Schiffen infolge der Erdkrümmung zuerst den Schiffsmast erkennt. Wir sehen in der Abbildung, dass für ein 10 Kilometer entferntes Schiff wegen der Erdkrümmung dieser Wert bereits 7,8 Metern beträgt. Damit man also den Mast eines Schiffes aus dieser Entfernung noch erkennen kann, muss dieser mindestens acht Meter hoch über die Wasserfläche aufragen.

      Übrigens gefiel die Vorstellung, die Erde sei eine Kugel, den Menschen auch aus folgendem Grund: Eine Kugel ist ein perfekter Körper, alle Punkte auf der Oberfläche besitzen denselben Abstand vom Mittelpunkt.

      imageWIE GROSS IST DIE ERDKUGEL?

      Die nächste naheliegende Frage war, wie groß die Erdkugel eigentlich sei. Man versuchte sogar schon im Altertum anhand einer sehr einfachen Überlegung diesen Wert, also den Umfang der Erdkugel, zu bestimmen. Dazu benötigte man keine komplizierten Messinstrumente, zwei Beobachtungen reichten aus. So war in Ägypten im Altertum bekannt, dass die Sonne zur Zeit der Sommersonnenwende zu Mittag von einem tiefen Brunnen aus zu sehen war. Allerdings ging dies nur von der Stadt Syene aus (das heutige Assuan). Um die Sonne von einem tiefen Brunnen aus zu sehen, muss sie sich genau im Zenit, also senkrecht über einem Betrachter befinden.

      Von der nördlicher gelegenen Stadt Alexandria aus sieht man die Sonne zur Zeit der Sommersonnenwende nicht im Zenit, sondern etwa 7,2 Grad davon entfernt.

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      Weltkarte aus der Zeit des Eratosthenes. Die beiden Städte Alexandria und Syene liegen am Nil. Nach Bunbury, E.H. (1811–1895), A History of Ancient Geography among the Greeks and Romans from the Earliest Ages till the Fall of the Roman Empire, S. 667. London: John Murray, 1883

      Nun kann man eine einfache Rechnung anstellen. Kennt man den Abstand wischen den beiden Städten, nennen wir ihn s, dann findet man den Erdumfang ganz einfach aus der Formel:

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      360 Grad ist dabei die Anzahl der Grade bei einem Vollkreis, 7,2 Grad der gemessene Abstand. Diese Methode wurde von dem griechischen Gelehrter Eratosthenes (zwischen 276 und 273 v. Chr. bis 194 v. Chr.) angewandt. Der Winkel 7,2 Grad entspricht 1/50 eines Kreises, also muss der Erdumfang etwa das 50-Fache der gemessenen Distanz zwischen den beiden Städten betragen. Wichtig dabei ist auch, dass die beiden Städte ungefähr auf dem gleichen Längenkreis liegen. Die Entfernung gab man damals in Stadien an, eine Stadie entspricht etwa 157,5 Metern, der Abstand wurde mit 5 000 Stadien angegeben. Der Umfang der Erde muss also 50 mal 5 000 Stadien betragen, dem entsprechen etwa 39 Millionen Meter oder 39 000 Kilometer. Der richtige Wert liegt bei 40 000 Kilometer, weicht also nur wenige Prozent vom vor über 2 100 Jahren errechneten Wert ab!

      imageWIESO SCHWEBEN ASTRONAUTEN IM ALL?

      Die Erde zieht uns an, egal wo wir uns auf der Oberfläche befinden. Dies hatte bereits der große Physiker Isaac Newton (1643–1727) in seinem berühmten Gravitationsgesetz formuliert. Alle Körper mit Massen ziehen einander an, diese Kraft nennen wir die Schwerkraft oder Gravitation (das Wort kommt aus dem Lateinischen: gravis bedeutet schwer). Da die Erde eine riesige Masse besitzt, ist auch ihre Anziehung enorm. Sie reicht auch aus, um den Erdmond in einer Bahn um die Erde zu halten. Wenn Astronaut*innen schwerelos in ihrem Raumschiff schweben, bedeutet das allerdings nicht, dass auf sie keine Erdanziehung mehr wirkt, sie sind nur deshalb schwerelos, weil sie quasi auf ihrer Umlaufbahn um die Erde herumfallen. Die Erdanziehung wirkt auch auf eine Raumsonde, die sich auf einer Erdumlaufbahn befindet. Ansonsten würde die Sonde von der Erde wegfliegen.

      Ab einer bestimmten Geschwindigkeit kann man jedoch der Schwerkraft der Erde entkommen, diese Geschwindigkeit beträgt 11,2 km/s. Wir sind eher mit Geschwindigkeitsangaben von km/h vertraut. 11,2 km/s entspricht einer Geschwindigkeit von 40 000 km/h. Mit dieser Geschwindigkeit könnte man mit einem Auto in einer Stunde die Erde umrunden.

      Sobald eine Raumsonde diese Geschwindigkeit erreicht hat, kann sie die Erdanziehung überwinden.