Nach dem Gegenstand, auf dem das Pfandrecht lastet, unterscheidet das Gesetz Grundpfandrechte, Pfandrechte an beweglichen Sachen und Pfandrechte an Rechten.
1. Kapitel Die gesetzlichen Kreditsicherungstypen › 1. Abschnitt Pfandrechte › I. Wesensmerkmale
A. Abschlussfreiheit und zwingendes Recht
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Sollen nach dem Willen der Parteien des Sicherungsgeschäfts, Sicherungsgeber (der auch Interzessionar sein kann, oben Rn. 20) und Sicherungsnehmer, bewegliche oder unbewegliche Sachen oder Rechte (z.B. Forderungen) den Kredit sichern, stellt das Gesetz die Pfandrechte als Kreditsicherungstypen zur Verfügung. Die Ausformung der Rechtsbeziehungen unter den Beteiligten einer Pfandrechtsbestellung ist durch den gesetzlichen Typus in den meisten Einzelheiten zwingend vorgegeben, und der Privatautonomie sind Grenzen gesetzt: Zwar ist die Frage, ob das Pfandrecht überhaupt bestellt werden soll, den Parteien überlassen, aber weitgehend nicht die Frage, wie es ausgestaltet ist. Haben die Parteien ein Pfandrecht erst einmal bestellt, müssen sie sich dem gesetzlichen Muster unterwerfen, auch wenn es ihren wirtschaftlichen Bedürfnissen, Vorstellungen und Wünschen nicht entsprechen sollte. Schon hier ist der Ursprung für Überlegungen der Parteien gelegt, wie sie Rechtsgegenstände als Kreditsicherungsmittel nutzbar machen können, ohne den Typus des Pfandrechts zu wählen (oben Rn. 28) – Privatautonomie ist ja gerade nicht begrenzt, solange es um den Vertragsschluss selbst geht.
1. Dogmatische Begründung des Pfandrechts
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Das Ziel des Pfandrechts liegt in der Verwertung des Gegenstandes und der Befriedigung des Gläubigers aus dem Verwertungserlös, nachdem der Sicherungsfall (oben Rn. 74) eingetreten ist. Die Art der Verwertung steht dem Pfandgläubiger als Sicherungsnehmer nicht frei, sondern kann sich nur in den vom Gesetz zugelassenen Bahnen vollziehen, in erster Linie durch öffentliche Versteigerung (unten Rn. 452 ff., 640 ff., 756). Die Verwertung durch Veräußerung des verpfändeten, belasteten Gegenstands bleibt durch die Verpfändung unberührt, steht also nach wie vor dem verpfändenden Rechtsinhaber (Pfandschuldner) zu und ist Teil des umfassenden, durch § 903 BGB für den Fall einer Sache beschriebenen Herrschaftsrechts des Eigentümers, gleichermaßen des Inhabers einer Forderung oder eines anderen Rechts. Die Befugnis zur Verwertung durch Versteigerung wird dem Pfandgläubiger als Belastung des Rechtsgegenstands zugewiesen und ist ein beschränktes dingliches Recht daran. Es entsteht durch Verfügungsgeschäft zwischen Rechtsinhaber und Gläubiger, dem Pfandvertrag nach §§ 1205, 1273, 873 BGB. Der Rechtsinhaber selbst ist auf der anderen Seite zur Verwertung des Gegenstandes durch öffentliche Versteigerung nach §§ 1228 ff., 1277 resp. dem ZVG nicht befugt, weder nach noch ohne Verpfändung (unten Rn. 394). Der Pfandgläubiger erhält ein dingliches Recht der Art, wie es der Rechtsinhaber vorher nicht hatte und nicht erlangen kann. Dies unterscheidet das Pfandrecht vom Nießbrauch, wo dem Nießbraucher als beschränkt dinglich Berechtigtem die ausschließliche Nutzungsbefugnis an der Sache (§ 1030) oder am Recht (§ 1068) übertragen wird, die vorher dem Rechtsinhaber als Teil seines umfassenden Herrschaftsrechts zugewiesen war. Man kann im Falle des Pfandrechts folglich nicht mit Fug davon sprechen, dass aus der umfassenden Herrschaftsbefugnis des Inhabers ein Teil davon abgespalten würde[1]. Was der Inhaber nicht hat, kann er nicht abspalten; was er aber hat, nämlich die Verwertungsbefugnis im Wege der Veräußerung, behält er und spaltet es ebenfalls nicht ab.
Anmerkungen
So aber die Lehre von der Teilrechtsabspaltung, Baur/Stürner, § 3 B. (Rn. 23, S. 18); § 36 II. 2. a. (Rn. 62, S. 401); § 60 I. 2. (S. 610); s. auch Enneccerus/Nipperdey, § 79 A. I. 4. (S. 459); Schapp/Schur, Sachenrecht, Rn. 384, zur Theorie der Realobligation (der Eigentümer schulde die Geldsumme, hafte aber nur aus dem Grundstück) so jetzt noch Eickmann, in: Westermann, Sachenrecht, § 93, S. 686 und in MünchKomm. § 1147 BGB Rn. 4, sowie zur Theorie der dinglichen Schuld (der Haftung mit dem Grundstück entspreche eine persönliche Schuld des Eigentümers) s. die Darstellung bei Baur/Stürner, § 36 II. 2. a. dd. (Rn. 68, S. 400); die Gesetzesformulierungen in §§ 1113, 1192, 1199 sind wie diejenigen in § 1204 Abs. 1 zu verstehen (Befriedigung aus der Sache).
2. Pfandrecht als beschränktes dingliches Recht
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Das Pfandrecht ist demgemäß ein beschränktes dingliches Recht, das seinem Inhaber, dem Pfandgläubiger, eine besonders ausgestaltete Verwertungsbefugnis zuweist[1]. Das Pfandrecht wird dem Gläubiger, gegenüber jedermann wirkend, insbesondere gegenüber dem Eigentümer, als dingliches Recht eingeräumt und berechtigt ihn weder zur Nutzung der Sache[2] oder des Rechts noch zur Verfügung darüber oder zu sonstiger Ausübung von Herrschaft über den Gegenstand. Der Gläubiger darf nach Maßgabe des Gesetzes nur die Verwertung betreiben, mit den Worten von § 1204 Abs. 1: Befriedigung aus der Sache (resp. dem Recht) suchen. Nur die Befugnis zur Befriedigung aus dem Gegenstand und nichts weiter ist ihm zugeordnet, alle anderen dinglichen Befugnisse bleiben beim Eigentümer oder Inhaber, insbesondere kann dieser den Gegenstand veräußern und auf diesem Wege – belastet mit dem beschränkten dinglichen Recht des Gläubigers, Rn. 26 – verwerten.
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Indem der Rechtsinhaber zur Verwertung des Pfandgegenstandes durch Veräußerung trotz Verpfändung unverändert befugt bleibt, stehen beide Verwertungsbefugnisse, die des Rechtsinhabers und die des Pfandgläubigers, nebeneinander und schließen sich gegenseitig aus. Mit dem Pfandrecht findet eine additive Zuweisung der Verwertungsbefugnis statt.
Anmerkungen
Dernburg, Das Pfandrecht, 1860, S. 97; zweifelnd Füller, Eigenständiges Sachenrecht?, 2006, S. 68 ff.
Es gibt freilich den Sonderfall der Antichresis gem. § 1213, unten Rn. 569.
3. Causa des Pfandrechts
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Verpfändung bedeutet den dinglichen Vollzug der Zuweisung des Verwertungsrechts auf den Pfandgläubiger. Obligatorische Grundlage, causa dieser Verfügung, des Pfandvertrags (§§ 1205, 1273, 873), ist ein Sicherungsvertrag (oben Rn. 60), durch den sich Pfandgläubiger und Verpfänder zur Durchführung der Verpfändung verpflichten; man spricht von Verpfändungsvertrag[1] (oben Rn. 63). Dieser Sicherungsvertrag wird oft zusammen mit dem Kreditvertrag abgeschlossen, ist von diesem als eigenständiger Vertrag aber zu trennen.
Anmerkungen