Love me louder. Christina Lee. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Christina Lee
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958239043
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und zuvorkommend zeigen. Sie stellen die Bedürfnisse unserer Kundschaft stets an erste Stelle.

      Oben gab es ein Menü, über das man die einzelnen Unterseiten des Escortservice erreichen konnte. Es gab keine Fotos, nur schlichte Beschreibungen der einzelnen Angestellten: Vorname, Haarfarbe, Größe, Gewicht. Noah entdeckte nirgendwo Wills Namen, sodass er sich fragte, ob er mit der Vermutung, dass sein Kollege für die Agentur arbeitete, falschgelegen hatte. Vielleicht hatte Will vielmehr jemanden engagiert. Aber das ergab keinen Sinn.

      Erneut holte Noah die Visitenkarte hervor. Darauf stand explizit Louise zu lesen, also vermutlich eine Kundin.

      Als er sich wieder der Website zuwandte, bemerkte er ganz am rechten Rand einen mit LGBTQ beschrifteten Tab und klickte ihn an.

      Diskretion ist unsere oberste Priorität.

      Noah starrte lange auf den Bildschirm, bevor er sich eingestand, dass er die Vorstellung, einen Escort für das Wochenende auf Fire Island zu engagieren, ziemlich verlockend fand. Aber nein, so etwas konnte er unmöglich tun, oder? Wie viel würde das überhaupt kosten?

      Er klickte sich durch die verschiedenen Seiten und entdeckte, dass der Preis je nach gebuchtem Escort und Veranstaltung variierte. Einige riefen eine Gebühr von dreihundert Dollar pro Stunde auf.

      Noah bestückte die Spülmaschine. In seinem Kopf wirbelten die Möglichkeiten umher und in seinem Magen flatterte es nervös. Zog ein Abend mit einem Escort weitere Dienste wie Sex nach sich? Das stand vermutlich nicht zur Debatte. Immerhin handelte es sich um keine Prostituierten, die man für Sex bezahlte.

      Laut der Website boten die Escorts Gesellschaft an und war es nicht genau das, was Noah wollte? Einfach jemanden, der an seiner Seite blieb und vorgab, sein Date zu sein, damit er es durchs Wochenende schaffte, ohne sich so allein zu fühlen?

      Noah ließ sich schwer auf die Couch fallen. Es trieb ihm praktisch die Luft aus den Lungen.

      War er wirklich so verzweifelt? Und was, wenn etwas vollkommen schiefginge?

      Vielleicht könnte er Will direkt ansprechen und ihn fragen, wie sicher diese Sache war. Nein, das konnte er streichen. Wenn es nicht sicher wäre, würde Will es dann tun?

      Noah kannte ihn kaum, aber er bezweifelte, dass solche Agenturen überleben würden, wenn sie ihren Angestellten und ihrer Kundschaft neben Diskretion nicht auch ein gewisses Maß an Sicherheit boten. Abgesehen davon: Wollte er Will wirklich wissen lassen, wie einsam er sich manchmal fühlte?

      Nun ergab es verdammt mehr Sinn, warum Will nicht wollte, dass jemand allzu viel über seine Angelegenheiten erfuhr.

      Noah versuchte, eine Zeitschrift für Wohnungsgestaltungen zu lesen, doch er konnte sich kaum konzentrieren. Stattdessen öffnete er – nach einem weiteren Schluck Bier und definitiv in einem Augenblick des Mutes – Tonys Einladung, klickte auf Ja und trug bei der Anzahl der Teilnehmer 2 ein.

      Kapitel Zwei

      Will

      Verdammt, er hatte irgendwo zwischen dem Geschäft und der Haltestelle die Visitenkarte verloren. Tja, wenigstens hatte er sich die Einzelheiten gemerkt. Abgesehen davon musste er sich nur die Nachricht noch einmal anhören oder die letzte E–Mail aufrufen, die die Quittung über den Zahlungseingang enthielt. Wann immer er die Dollarzeichen sah, wusste er, dass er das Richtige tat. Das verlieh ihm wieder ein Ziel.

      Heute Abend traf er eine Stammkundin namens Louise. Sie war die CEO einer großen Finanzkooperative und musste an einer Vielzahl von Veranstaltungen teilnehmen, aber sie gab zu, dass sie sich dort als Single oft nicht wohlfühlte, und wollte jemanden an ihrer Seite haben. Jemanden, dem es nicht um ihren Status oder ihren Reichtum ging.

      Will wurde gut bezahlt und es war meistens leicht verdientes Geld. Er leistete der Kundschaft einfach Gesellschaft und zeigte sich ihr gegenüber höflich und respektvoll. Es war nicht immer alles rosig verlaufen und er hatte im Verlauf des letzten Jahres auch einige unangenehme Situationen überstehen müssen, aber die Agentur stand hinter ihm und schien sich meistens auf die Seite ihrer Angestellten zu schlagen.

      Er erreichte sein Wohnhaus an der Lower East Side, holte die Post aus dem Briefkasten und ging die drei Stockwerke hinauf zu der Wohnung, die er sich mit seiner Mom teilte. Die meisten Männer, mit denen er sich getroffen hatte, hatten nicht verstanden, warum er mit ihr zusammenlebte. Der Grund war zum einen, um ein Auge auf sie zu haben und zum anderen, um ihre Finanzen unter Kontrolle zu halten.

      Das war auch der Grund gewesen, warum er letztes Jahr angefangen hatte, als Escort zu arbeiten. Es kostete Zeit und Geld, die Medikamente seiner Mom richtig einzustellen, nachdem sie einmal mehr im Krankenhaus gelandet war. Sie litt an Schizophrenie und zu Wills größten Ängsten gehörte nicht nur, dass er sie eines Tages auf tragische Weise daran verlieren könnte, sondern auch, dass er die Krankheit geerbt haben könnte. Die Statistiken besagten, dass sich die ersten Anzeichen einer entsprechenden Veranlagung schon im Kindesalter zeigten, manchmal auch erst bei Jugendlichen. Doch die Angst plagte ihn weiterhin, zusammen mit der Sorge, dass sie wieder in Geldsorgen geraten könnten.

      Solange seine Mom ihre Medikamente nahm, ging es ihr gut. Aber wann immer sie eigenmächtig entschied, sie abzusetzen, brach die Hölle los. Dazu kamen dann Paranoia und Wahnvorstellungen, bis sie wieder genau dort waren, wo sie vor vielen Jahren angefangen hatten. Aus diesem Grund hatte sein Vater sie verlassen, als Will noch ein Kind gewesen war.

      Nach dem College hatte Will in seiner eigenen Bruchbude gelebt. Doch vor drei Jahren war er bei seiner Mom eingezogen, damit er auf sie aufpassen und sich das Geld für die Miete sparen konnte. Abgesehen davon gab es nur sie beide und er musste dafür sorgen, dass sie in Sicherheit war.

      »Alles klar, Mom?«, fragte er, nachdem er die Tür aufgeschlossen und einen raschen Blick in die Runde geworfen hatte. Es schien alles in Ordnung zu sein. Seine Mom saß in der Kleidung, die sie sich morgens angezogen hatte, auf der Couch und sah sich irgendetwas auf dem History–Sender an. Sie liebte Dokumentationen, aber manchmal verstärkten sie ihre Paranoia. Wenn schon nicht in Bezug auf Regierungsverschwörungen, dann wegen Aliens, die auf der Erde einfallen könnten.

      »Ja, Schatz«, antwortete sie abgelenkt. »In der Küche steht ein Rest Pizza.«

      An ein paar Tagen in der Woche nahm sie an einem Programm der Tagesklinik teil. Zudem arbeitete sie als Freiwillige bei einer Lebensmitteltafel nur eine Haltestelle entfernt, was ihr viel Freude bereitete. Will hoffte, dass sie sich eines Tages wieder selbst über Wasser halten konnte, war sich jedoch nicht sicher, ob das je ganz möglich sein würde. Die Schecks vom Sozialamt halfen, aber sie deckten nicht alle Kosten.

      »Ich ziehe mich nur kurz um. Ich, äh, gehe heute Abend aus.« Er schämte sich nicht für seine Arbeit als Escort, doch er zog es vor, diese Information für sich zu behalten. Seine Mutter würde sich zweifelsohne dauernd sorgen, während andere etwas dagegen einzuwenden hätten besonders seine alten Freunde vom Theater. Die meisten würden es einfach nicht verstehen, aber ehrlich gesagt, ging das niemanden etwas an.

      Als er sich von seinem Ex getrennt hatte, der einer der Stars einer Off–Broadway–Produktion gewesen war, hatte Will zusätzlich entschieden, seine Stelle als Backstage–Assistent aufzugeben. Um ehrlich zu sein, hatte er dringend eine Pause gebraucht und die Bezahlung war ohnehin miserabel. Er hatte einen Abschluss in bildender Kunst, aber nachdem er jahrelang Geld für Sprachunterricht und Schauspielkurse ausgegeben hatte, um durch einen passenden Lebenslauf in die Riege der Schauspieler aufgenommen zu werden oder eine kleine Rolle auf der Bühne übernehmen zu dürfen, hatte er genug. Laut einigen Freunden, die an größeren Produktionen teilgenommen hatten, verdoppelte sich dadurch das Gehalt, aber das war auch nicht viel besser. Die meisten Schauspieler hatten Nebenjobs, wie er wusste.

      Schließlich hatte er im Backstagebereich eine feste Anstellung gefunden, aber es war ein hartes Geschäft und er war nicht überzeugt, ob er es immer liebte. Er wünschte, er hätte sich für einen anderen Beruf entschieden, der nicht so mörderisch war, besonders in einer großen Metropole. Es hieß, in kleineren Städten und Theatern wäre es leichter.

      Er setzte sich mit einem