• Der Unterricht ist gut vorbereitet und strukturiert, flüssig und abwechslungsreich gestaltet. → Kapitel Struktur
Wir sind überzeugt, dass Lernende lernen wollen, wenn ihnen eine reelle Chance gegeben wird, die Dinge zu verstehen und die eigenen Kompetenzen zu entwickeln. Ein solches Lernen ist unter anderem an folgende Bedingungen geknüpft:
• Die Lerninhalte sind in der Erfahrungswelt der Jugendlichen verankert.
Zu dieser Beziehung zwischen Objekt (Lerngegenstand) und Person müssen beide Seiten, Lehrperson wie Lernende, beitragen. Die Lehrperson überlegt sich bei der Vorbereitung mögliche Verbindungen, überprüft im Unterricht, ob ihre Vermutungen zutreffen. Die Lernenden können in der Einstiegsphase zu einem Thema darlegen, welche Beziehung sie zum Unterrichtsstoff aufbauen können, und während der Arbeit immer wieder die Bedeutung des Lehrstoffs für ihre persönlichen Verhältnisse überprüfen.
• Die Lernenden haben angemessene Wahlmöglichkeiten, wie sie sich den Lernstoff erarbeiten wollen.
Lernende reagieren positiv und motiviert, wenn sie sich dem Lernziel auf verschiedenen und ihrem Lernstil angemessenen Wegen nähern können. Dies setzt voraus, dass Lehrpersonen über ein entsprechendes Methodenrepertoire erweiterter Lehr- und Lernformen wie Werkstatt-, Projektarbeit u.a.m. verfügen.
• Leistungsanforderungen sind in einem angemessenen Maße individualisiert.
Wie andernorts ausführlicher dargestellt (→ Kapitel Überforderung – Unterforderung), ist die optimale Anpassung der Leistungsanforderungen an individuelle Gegebenheiten ein wesentlicher Faktor, um die Motivation aufrechtzuerhalten. Von der ganzen Klasse die gleiche Leistung zu erwarten ist unrealistisch. Erfolgreicher Unterricht und ein gutes Unterrichtsklima bedingen ein bestimmtes Maß an Individualisierung.
• Lernende bekommen auf Lern- und Arbeitsleistungen persönliche und differenzierte Rückmeldungen.
Lehrpersonen haben die Pflicht, Arbeits- und Lernleistungen mit Noten zu bewerten. → Kapitel Fair prüfen und bewerten
Lernenden mündlich oder schriftlich eine individuell differenzierte, kriterienorientierte Rückmeldung auf Lern- und Arbeitsleistungen zu geben ist anspruchsvoll. Ziel solcher Rückmeldungen ist es, mit den Lernenden in einen Dialog über ihr Lernen zu treten. Unverzichtbar sind individuelle, differenzierte Rückmeldungen etwa auf das Führen eines Lernjournals oder -tagebuchs, bei Portfoliobeiträgen, Quartalsarbeiten, Wahl- oder Facharbeiten. → Kapitel Kommunikation
• Hoher Anteil an Eigenarbeit und echter Lernzeit für die Jugendlichen.
In den letzten Jahren hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass der Übergang von einer »Belehrungskultur« zu einer »Lernkultur« vollzogen werden muss. Lernen findet dann statt, wenn sich Jugendliche mit Problemen und Aufgaben auseinandersetzen im Sinne von: »Belehre mich nicht – lass mich lernen.« Für Lehrpersonen ist der Rollenwechsel vom Wissensvermittler zum Lernbegleiter in den letzten Jahren augenfällig geworden. → Kapitel Struktur
Der Wunsch nach Selbstwirksamkeit
Ein gutes Unterrichtsklima stellt sich dann ein, wenn sich die Lernenden als selbstwirksam erleben. Dieses Gefühl wird zur Überzeugung, wenn Lernende immer wieder erleben, dass sich Lernhindernisse in Form von im Unterricht gestellten Problemen und Aufgaben überwinden lassen, sobald sie ihr Wissen und ihre Fähigkeiten gezielt einsetzen. Es ist die Professionalität und die Kunst der Lehrperson, entsprechende Arbeiten vorzubereiten und zu initiieren.
Humor entwickeln
Manches Problem, manche kritische Situation lässt sich mit Humor entschärfen. Damit sind nicht vorbereitete und systematisch ins Unterrichtsgeschehen eingestreute Witze gemeint, sondern eine Haltung, die sich wie folgt umschreiben lässt:
• kritische Distanz zur eigenen Person aufbauen, sich selbst und die eigenen Einflussmöglichkeiten nicht überschätzen,
• mit einem Lächeln und mit Gelassenheit ertragen, dass Ideal und Realität immer wieder auseinanderklaffen,
• sich vom Leben überraschen lassen, d. h., sich den Sinn für die Widersprüchlichkeiten und unerwarteten Wendungen bewahren, die der Lehrberuf immer wieder mit sich bringt,
• sich um eine ressourcen- und kompetenzorientierte Sicht der Dinge bemühen, d. h., das halb leere Glas als halb voll erkennen.
Die eigene Jugendzeit nicht vergessen
Lehrpersonen erwecken oft den Eindruck, in ihrer Jugendzeit Musterschüler gewesen zu sein. Es ist, als hätten sie vergessen, wie es um ihre eigene Befindlichkeit während der Schul- und Ausbildungszeit stand. Solches Verdrängen oder »Beschönigen« der eigenen Jugend ist bei der Ausübung des Lehrberufes hinderlich. Die Folge ist in jedem Fall, dass Kinder und Jugendliche oft ein unrealistisches Bild ihrer Lehrerinnen und Lehrer aufbauen.
Aber auch wir waren während unserer Jugendzeit nicht immerzu und in jeder Hinsicht »intrinsisch motiviert«, auch wir hatten mit Widerständen und Bequemlichkeit zu kämpfen. Mit dieser Tatsache in Kontakt zu bleiben kann das Verständnis für die komplexe Lebenswelt und das Verhalten der Jugendlichen aufrechterhalten.
Deshalb gelingt’s
Jugendzeit – eine turbulente Lebensphase
Lehrpersonen, Ausbilderinnen und Ausbilder unterliegen oft der Illusion, die berufliche Grundbildung sei der zentrale Lebensinhalt von Jugendlichen. In der einschlägigen Literatur wird aber immer wieder darauf hingewiesen, dass der Erwerb beruflicher Kompetenzen nur ein Entwicklungsziel der Adoleszenz ist.
Weitere »Aufgaben« der Jugendlichen sind:
• den eigenen Körper akzeptieren,
• die eigene Sexualität leben lernen,
• sich von den Eltern und andern Autoritäten (z. B. Lehrpersonen) ablösen,
• dem Normierungsdruck standhalten und sich doch in mächtigen gesellschaftlichen Widersprüchen zurechtfinden (Schule und Kirche – Konsumwelt und Medienwelt; Freizeitwelt – Arbeitswelt),
• sich ein eigenes Wertesystem aufbauen,
• sein »Innen« und sein »Außen« wahrnehmen und miteinander in Einklang zu bringen suchen.
Alle diese Entwicklungsaufgaben zu meistern, ist anspruchsvoll – der ganze Prozess wird durch viele Verunsicherungen begleitet. Das Selbstwertgefühl von Jugendlichen ist deshalb häufig labiler, als es den Anschein hat.
Von der Rolle der Gleichaltrigen und der Rolle der Vorbilder
Dieses Sich-Ablösen von bisherigen Autoritäten kann für Eltern und Jugendliche ein schmerzhafter Prozess sein, der das Zusammenleben stark belastet. Jugendliche befinden sich in einer Umbruchphase; das Selbstwertgefühl kann vorübergehend sehr labil sein. Oft wird dieser Zustand auf eine mehr oder weniger angemessene Art (es kommt auf den Standpunkt an) kompensiert.
Ebenso ist aber zu beobachten, dass sich Jugendliche zu neuen, anderen Vorbildern hingezogen fühlen. Im Rahmen der getroffenen Berufswahl und beruflichen Ausbildung eröffnen sich hier neue Möglichkeiten. Lehrpersonen, Ausbilder und Ausbilderinnen müssen sich dessen bewusst sein, dass sie Vorbildfunktion haben können. Dafür sind nicht ihre erklärten Werte und Haltungen maßgeblich, sondern die Art und Weise, wie sie im täglichen