Fünf Wochen im Ballon. Jules Verne. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jules Verne
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Научная фантастика
Год издания: 0
isbn: 9783868209570
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durchstreifte er von Kalkutta bis Surate. Ein einfacher Spaziergang aus Liebhaberei. Von Surate sehen wir ihn nach Australien wandern und im Jahre 1845 an der Expedition des Kapitän Stuart teilnehmen. Dieser hatte den Auftrag, jenes Kaspische Meer zu entdecken, das angeblich im Innern von Neuholland existieren soll.

      Samuel Fergusson kehrte 1850 nach England zurück, und mehr als je von dem Dämon der Entdeckungslust besessen, begleitete er bis zum Jahre 1853 den Kapitän MacClure auf der Expedition, durch welche die Küste des Kontinents von Amerika von der Beringstraße bis zum Kap Farewell erforscht werden sollte. Sowohl bei den ärgsten Strapazen als auch in jedem Klima hielt die Konstitution Fergussons vortrefflich stand, und unter den furchtbarsten Entbehrungen fühlte er sich ganz behaglich. Kurz, man sah in ihm den Typus eines Reisenden, dessen Magen sich nach Wunsch zusammenzieht oder ausdehnt, dessen Beine sich nach dem improvisierten Lager verlängern oder kürzer werden und der zu jeder Tageszeit einschlafen und zu jeder beliebigen Stunde der Nacht erwachen kann.

      Während dieser verschiedenen Ausflüge war Samuel Fergusson der tätigste und anziehendste Korrespondent des ›Daily Telegraph‹, dieser Penny-Zeitung, die täglich in einer Auflagenhöhe von 140.000 Exemplaren gedruckt wurde und kaum für mehrere Millionen Leser ausreichte. Auch kannte man unseren Doktor überall, obgleich er Mitglied keines gelehrten Instituts war und weder den Königlich-Geographischen Gesellschaften von London, Paris, Berlin, Wien oder St. Petersburg angehörte noch zu den Mitgliedern des Klubs der Reisenden oder der ›Royal Polytechnic Institution zählte, in welcher sein Freund, der Statistiker Kokburn, den Vorsitz führte.

      Dieser Gelehrte gab ihm eines Tages, in der Hoffnung, sich ihm angenehm zu machen, folgende Aufgabe zu lösen: Wenn die Zahl der von dem Doktor auf seinen Reisen um die Welt zurückgelegten Meilen gegeben ist, einen wie viel weiteren Weg hat – in Anbetracht der Verschiedenheit der Radien – sein Kopf gemacht als seine Füße? Und ferner: Wenn die Zahl der von den Füßen und dem Kopf des Doktors gemachten Meilen bekannt ist, sei die Körpergröße desselben bis auf die Linie genau zu berechnen.

      Fergusson indessen hielt sich stets von den gelehrten Körperschaften fern, denn er rechnete sich zu den Streitern, die mit Taten, nicht mit Worten kämpften. Unser Doktor verwandte seine Zeit lieber für Forschungen und Entdeckungen als für langatmige Erörterungen.

      Man erzählt, dass eines Tages ein Engländer in Genf eintraf, um dort den See zu besichtigen, und sich zu diesem Zweck in eine der alten, omnibusartigen Kutschen setzte, in denen die Plätze für die Passagiere an beiden Seiten angebracht sind. Nun traf es sich aber unglücklicherweise, dass der Reisende dem See den Rücken zukehrte, und so kam es, dass er seine Rundreise in aller Gemütsruhe vollendete, ohne auch nur einen Schimmer vom Genfer See erblickt zu haben, denn an die Möglichkeit, sich auch nur einmal umzuwenden, hatte er nicht gedacht. Trotzdem kehrte er, vom Genfer See entzückt, nach London zurück. Was nun Doktor Fergusson anbetraf, so hatte er sich auf seinen Reisen mehr als einmal umgewandt, und zwar so gut, dass er viel von der Welt gesehen hatte. Er folgte hierbei übrigens nur seiner Natur, und wir haben guten Grund anzunehmen, dass er ein wenig Fatalist war. Er huldigte jedoch einem sehr orthodoxen Fatalismus, denn er rechnete auf sich selbst und auf die Vorsehung. Er behauptete, dass er viel mehr in seine Reisen hineingeschleudert würde, als dass sie ihn anzögen, und dass er mit einer Lokomotive zu vergleichen sei, die sich nicht selbst lenkt, sondern deren Richtung vom Schienenwege bestimmt wird.

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      »Ich verfolge nicht meinen Weg«, sagte er oft, »mein Weg verfolgt mich.«

      Nach alledem wird man sich nicht über die Kaltblütigkeit wundern, mit welcher Doktor Fergusson die Beifallsrufe der Königlich-Geographischen Gesellschaft entgegennahm. Er war über dergleichen Erbärmlichkeiten erhaben, da er weder Stolz noch irgendwelche Eitelkeit besaß, und fand den Vorschlag, welchen er dem Präsidenten Sir Francis M... gemacht hatte, im höchsten Grade einfach. Der ungeheuren Wirkung, welche derselbe hervorgebracht hatte, war er nicht einmal gewahr geworden.

      Nachdem die Sitzung beendet war, wurde der Doktor im Triumph zum Travellers-Club nach Pall Mall geführt, wo ein prächtiges Festmahl vorbereitet war. Der Umfang der servierten Schüsseln stand im Verhältnis zur Bedeutung der gefeierten Persönlichkeit, und der Stör, welcher bei diesem glänzenden Diner serviert wurde, maß nicht drei Zoll weniger an Länge, als Samuel Fergusson selbst.

      Zahlreiche Toasts wurden mit französischen Weinen auf die großen Reisenden ausgebracht, welche sich auf Afrikas Erde einen berühmten Namen gemacht hatten. Man trank auf ihre Gesundheit oder auf ihr Andenken, und zwar in echt englischer Manier nach alphabetischer Ordnung: auf Abbadie, Adams, Adamson, Anderson, Arnaud, Baikie, Baldwin, Barth, Batouda, Beke, Beltrame, du Berba, Bimbachi, Bolognesi, Bolwik, Bolzoni, Bonnemain, Brisson, Browne, Bruce, Brun-Rollet, Burchell, Burckhardt, Burton, Caillaud, Caillié, Campbell, Chapman, Clapperton, Clot-Bey, Colomieu, Courval, Cumming, Cuny, Debono, Decken, Denham, Desavanchers, Dicksen, Dickson, Dochard, Duchaillu, Duncan, Durand, Duroule, Duveyrier, Erhardt, d‘Escayrac de Lauture, Ferret, Fresnel, Galinier, Galton, Geoffroy, Golberry, Hahn, Halm, Harnier, Hecquart, Heuglin, Hornemann, Houghton, Imbert, Kaufmann, Knoblecher, Krapf, Kummer, Lafargue, Laing, Lajaille, Lambert, Lamiral, Lamprière, John Lander, Richard Lander, Lefebvre, Lejean, Levaillant, Livingstone, Maccarthie, Maggiar, Maizan, Malzac, Moffat, Mollien, Monteiro, Morrisson, Mungo-Park, Neimans, Overweg, Panet, Partarrieau, Pascal, Pearse, Peddie, Peney, Petherick, Poncet, Prax, Raffenel, Rath, Rebmann, Richardson, Riley, Ritchie, Röchet d‘Héricourt, Rongawi, Röscher, Ruppel, Saugnier, Speke, Steidner, Thibaud, Thompson, Thornton, Tolde, Tousny, Trotter, Tuckey, Tyrwitt, Vaudey, Veyssière, Vincent, Vinco, Vogel, Wahlberg, Warington, Washington, Werne, Wild und endlich auf den Doktor Fergusson, der die Arbeiten dieser Reisenden durch seinen unglaublichen Versuch miteinander vereinen und die Reihe der Entdeckungen in Afrika vervollständigen sollte.

      ZWEITES KAPITEL

       Ein Artikel im ›Daily Telegraph. – Gelehrter Federkrieg. – Herr Petermann unterstützt seinen Freund, den Doktor Fergusson. -Antwort des Gelehrten Koner. – Abschluss von Wetten. – Dem Doktor werden verschiedene Vorschläge gemacht.

      A

      m folgenden Tag veröffentlichte der ›Daily Telegraph‹ in seiner Nummer vom 15. Januar einen wie folgt lautenden Artikel:

      ›Das Geheimnis der ungeheuren afrikanischen Einöden wird endlich offenbart werden; ein moderner Ödipus wird uns die Lösung dieses Rätsels bringen, das die Gelehrten von sechs Jahrtausenden nicht zu entziffern vermochten. Ehedem wurde eine Aufsuchung der Nilquellen, fontes Nili quaerere, als ein wahnsinniges Unternehmen, ein nicht zu verwirklichendes Hirngespinst betrachtet. Indem der Doktor Barth die von Denham und Clapperton vorgezeichnete Straße bis Sudan verfolgte, Doktor Livingstone seine unerschrockenen Nachforschungen vom Kap der Guten Hoffnung bis zum Flussbecken des Zambesi ununterbrochen betrieb, die Kapitäne Burton und Speke die großen Binnenseen entdeckten, haben sie der modernen Zivilisation drei Bahnen geöffnet. Der Durchschnittspunkt, nach dem noch kein Reisender hat gelangen können, ist das eigentliche Herz Afrikas; daraufhin müssen sich nunmehr alle Anstrengungen richten. Jetzt aber werden die Arbeiten dieser unerschrockenen Pioniere der Wissenschaft durch den kühnen Versuch des Doktor Samuel Fergusson untereinander verknüpft werden. Dieser verwegene Entdecker, dessen so herrliche Forschungen unsere Leser so oft mit Interesse verfolgt haben, hat sich vorgenommen, über ganz Afrika von Osten nach Westen in einem Ballon hinweg zu fahren. Sind wir recht unterrichtet, so würde der Ausgangspunkt dieser wunderbaren Reise die Insel Sansibar an der Ostküste sein. Was ihren beabsichtigten Endpunkt anbetrifft, so ist die Kenntnis desselben allein dem Schicksal überlassen. Der Vorschlag zu dieser wissenschaftlichen Forschungsreise ist gestern offiziell der Königlich-Geographischen Gesellschaft gemacht worden und eine Summe von 2.500 Pfund von derselben bereitgestellt, um die Kosten des Unternehmens zu decken.

      Wir werden unsere Leser laufend in Kenntnis über den Verlauf dieser bewunderungswürdigen Entdeckungsreise halten, von der sich in den Annalen der Geographie kein Präzedenzfall findet.‹

      Wie man sich denken kann, machte dieser Artikel ein ungeheures Aufsehen; zuerst stieß er auf allgemeinen