Fünf Wochen im Ballon. Jules Verne. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jules Verne
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Научная фантастика
Год издания: 0
isbn: 9783868209570
Скачать книгу
ction>

      

      FÜNF

      WOCHEN

      IM

      BALLON

      JULES VERNE

      MIT DEN ILLUSTRATIONEN DER ORIGINALAUSGABE

      Mit den Illustrationen der

      französischen Originalausgabe des

      Verlages J. Hetzel & Cie.

      Nach der deutschen Übersetzung des

      A. Hartleben’s Verlages (1874-1911)

      der neuen Rechtschreibung angepasst.

      Leicht bearbeitet durch den Wunderkammer Verlag.

      © 2013 Nikol Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG,

      Hamburg

      Alle Rechte, auch das der fotomechanischen Wiedergabe

      (einschließlich Fotokopie) oder der Speicherung auf

      elektronischen Systemen, vorbehalten.

      All rights reserved.

      Titelabbildung: akg-images, Berlin

      Umschlag: Timon Schlichenmaier, Hamburg

      ISBN: 978-3-86820-957-0

       www.nikol-verlag.de

      ERSTES KAPITEL

       Das Ende einer sehr beifällig aufgenommenen Rede. – Vorstellung des Dr. Samuel Fergusson. – ›Excelsior!‹ – Standbild des Doktors. – Ein überzeugter Fatalist. – Diner im Travellers-Club. – Zahlreiche Gelegenheitstoasts.

      A

      m 14. Januar 1862 hatte sich eine große Anzahl von Zuhörern zur Sitzung der Königlich-Geographischen Gesellschaft in London, Waterlooplace 3, eingefunden. Der Präsident Sir Francis M... machte in einer häufig von Beifall unterbrochenen Rede seinen ehrenwerten Kollegen eine wichtige Mitteilung. Diese seltene Probe seiner Beredsamkeit endete schließlich mit einigen schnarrenden Phrasen, in welchen sich der Patriotismus in vollen Strömen ergoss:

      »England hat sich immer durch die Unerschrockenheit seiner Reisenden auf der Bahn geographischer Entdeckungen an der Spitze der Nationen bewegt. Denn, wie man bemerkt, muss von den Nationen immer eine der anderen voraus sein (große Beifallsbekundung). Doktor Samuel Fergusson, eins der glorreichen Kinder dieses Landes, wird seinen Ursprung nicht verleugnen. (Von allen Seiten: ›Nein! Nein!‹) Dieser Versuch wird, wenn er glückt, die verstreuten Kenntnisse der afrikanischen Kartographie vervollständigen und verbinden (stürmischer Beifall), und, wenn er missglücken sollte (›Niemals! Niemals.‹), so wird man ihn wenigstens als eine der kühnsten Unternehmungen des menschlichen Geistes bestaunen. (Wütendes Trampeln mit den Füßen.)«

      »Hurra! Hurra!«, schrie die von diesen zündenden Worten elektrisierte Gesellschaft.

      »Ein Hurra dem unerschrockenen Fergusson!«, rief eins der erregtesten Mitglieder des Auditoriums.

      Aber in England bleibt der Enthusiasmus nicht bei Worten, er schlägt noch rascher Geld als der Prägstock der ›Royal mint‹. Noch in derselben Sitzung wurde bestimmt, dem Doktor Fergusson eine anerkennende Gratifikation zur weiteren Ermutigung zukommen zu lassen. Dieselbe belief sich auf 2.500 Pfund Sterling. Die Größe der Summe stand im richtigen Verhältnis zur Wichtigkeit des Unternehmens.

      Eins der Mitglieder der Gesellschaft fragte den Präsidenten im Bezug darauf, ob Doktor Fergusson nicht offiziell vorgestellt werden würde.

      »Der Doktor steht der Gesellschaft zur Verfügung«, antwortete Sir Francis M...

      »So möge er eintreten!«, rief man. »Einen Mann von so außerordentlicher Kühnheit sieht man gern mit eigenen Augen.«

      »Vielleicht hat dieser unglaubliche Vorschlag«, sagte ein alter, gelähmter Commodore, »keinen andern Zweck gehabt, als uns zu täuschen!«

      »Und wenn dieser Doktor Fergusson überhaupt nicht existierte!«, ließ sich eine boshafte Stimme vernehmen.

      »So müsste man ihn erfinden«, sagte ein launiges Mitglied der ernsten Gesellschaft.

      »Lasst den Doktor Fergusson hereinkommen«, sprach Sir Francis M... einfach und der Doktor trat inmitten eines Beifallssturmes ein, ohne auch nur die geringste Erregung spüren zu lassen.

      Er war ein Mann von etwa vierzig Jahren, von gewöhnlicher Statur und Konstitution. Die erhöhte Färbung seines Gesichtes verriet ein sanguinisches Temperament; er hatte kalte, regelmäßige Züge und eine starke, einem Schiffsschnabel ähnelnde Nase schien ihn zu Entdeckungsreisen prädestiniert zu haben. Seine sanften, mehr intelligenten als kühnen Augen verliehen seiner Physiognomie einen großen Reiz, seine Arme waren von ungewöhnlicher Länge, und an der Art, wie er seine Füße auf den Boden setzte, erkannte man den großen Wanderer. Die ganze Erscheinung des Doktors atmete einen ruhigen Ernst, und man dachte nicht daran, dass er das Werkzeug der unschuldigsten Mystifikation sein könnte. Auch hörten die Hurras und das Beifallklatschen nicht eher auf, als bis Dr. Fergusson mit einer liebenswürdigen Handbewegung Stillschweigen gebot. Er wandte sich nach dem zu seiner Vorstellung herbeigeschafften Lehnsessel, hob, hoch aufgerichtet, mit energischem Blick den Zeigefinger seiner rechten Hand gen Himmel, öffnete den Mund und sprach dies einzige Wort:

      »Excelsior!«

      Wer war denn dieser Doktor? Und welcher Unternehmung wollte er seine Kräfte widmen? Der Vater des jungen Fergusson, ein wackerer Kapitän der englischen Marine, hatte seinen Sohn vom zartesten Alter an mit den Gefahren und Abenteuern seines Berufes vertraut gemacht. Das ausgezeichnete Kind, welches Furcht nie gekannt zu haben schien, verriet frühzeitig einen lebhaften Geist, einen regen Forschungssinn, eine bemerkenswerte Neigung zu wissenschaftlichen Arbeiten und zeigte außerdem eine wunderbare Geschicklichkeit, sich in schwierigen Fällen aus der Affäre zu ziehen und sich im Leben durchzuschlagen. Es geriet niemals in Verlegenheit, selbst nicht, als es sich zum ersten Mal der Gabel bedienen sollte, wobei Kinder im Allgemeinen so wenig Glück haben.

      Bald entzündete sich seine Fantasie an der Lektüre von kühnen Unternehmungen und Erforschungen des Meeres, ja, der Knabe verfolgte mit leidenschaftlichem Interesse die Entdeckungen, welche den ersten Teil des 19. Jahrhunderts auszeichneten. Er träumte von den Erfolgen eines Mungo-Park, eines Bruce, Caillie, Levaillant und, wie ich glaube, auch nicht wenig von den Mühen und Kämpfen Selkirks, des Robinson Crusoe, dessen Ruhm ihm nicht geringer erschien. Wie viel wohlangewandte Stunden brachte er bei ihm auf seiner Insel Juan Fernandez zu! Oft fanden die Gedanken des verlassenen Matrosen seine Billigung, bisweilen aber unterzog er seine Pläne einer eingehenden Erörterung. Er hätte vieles anders gemacht. Manches vielleicht besser oder mindestens ebenso gut, aber bestimmt hätte er dieser glückseligen Insel, auf der er glücklich gewesen war wie ein König ohne Untertanen, niemals den Rücken zugekehrt, selbst wenn es sich darum gehandelt hätte, erster Lord der Admiralität zu werden!

      Ich überlasse es euch zu erwägen, ob sich diese Neigungen in der Zeit seiner abenteuerlichen Jugend entwickelten, während welcher er in allen fünf Weltteilen herumgestoßen wurde. Im Übrigen versäumte es sein Vater als gebildeter Mann nicht, diesem lebhaften Geist durch ernste Studien auf dem Gebiete der Hydrographie, der Physik und der Mechanik einen festen Boden zu geben und ihm zugleich eine oberflächliche Kenntnis der Botanik, Medizin und Astronomie beizubringen. Als der würdige Kapitän starb, hatte Samuel Fergusson, 22 Jahre alt, schon eine Reise um die Welt gemacht. Er ließ sich von dem Bengalischen Ingenieurkorps anwerben und zeichnete sich bei verschiedenen Gelegenheiten aus. Aber das Soldatenleben behagte ihm nicht, es lag ihm wenig daran zu befehlen