2. Erleichterung darüber, das Problem und die damit verbundene Frustration endlich jemanden anvertraut zu haben, der einem vielleicht dabei weiterhelfen kann.
»Ich bin so froh, mit jemandem darüber reden zu können.«
»Dass Sie mir vielleicht bei meinem Problem helfen können, ist wunderbar.«
»Ich bin froh, dass Sie verstehen, was ich durchgemacht habe.«
3. Abhängigkeit und Unterwerfung manifestieren sich in der vorrangigen Suche nach Bestätigung, Rat und Unterstützung.
»Was soll ich jetzt tun?«
»Ich habe Folgendes vor … Sind Sie nicht auch der Meinung, dass das die richtige Vorgehensweise ist?«
»Ich bin so froh, dass mir jetzt jemand anderer einen Rat gibt, was ich tun soll.«
4. Übertragung von Wahrnehmungen und Gefühlen auf den momentanen Berater, die auf früheren Erfahrungen mit Helfern basiert. Diese Übertragung erscheint zunächst als gleichrangig mit den oben beschriebenen Reaktionen, beruht jedoch auf tieferen, unbewussten Projektionen, von denen vorerst weder Berater noch Klient etwas ahnen. Zum Beispiel kann der Berater als ein freundlicher oder unfreundlicher Elternteil oder als geliebter oder gehasster Lehrer aus der Vergangenheit wahrgenommen werden.
Dieses Gefühl, »unten« zu sein, wirkt sich nicht nur auf das Selbstwertgefühl aus, es macht sich noch weitaus stärker in der Beziehung zu anderen in der Organisation bemerkbar. In vielen Unternehmen wird das Hinzuziehen eines Beraters mit dem Eingeständnis gleichgesetzt, man sei nicht in der Lage, seine Arbeit zu machen. Während meiner vierteljährlichen Besuche bei einem europäischen Unternehmen, in dem ich fünf Jahre lang als Berater tätig war, wurde ich gelegentlich in die Kantine für Führungskräfte zum Essen eingeladen. Dort traf ich einige Manager, mit denen ich an verschiedenen Projekten gearbeitet hatte, und musste feststellen, dass sie mir auswichen und es vermieden, mir in die Augen zu sehen, als würden sie mich nicht kennen. Mein Gastgeber erklärte mir, sie wollten nicht, dass ihre Kollegen erführen, dass sie mit mir gearbeitet hatten, um nicht an Ansehen zu verlieren. Das Gegenstück zu diesem Gefühl sind die peinlichen Blicke, die bisweilen zwischen den Patienten ausgetauscht werden, die das Behandlungszimmer eines Psychiaters verlassen und denen, die im Wartezimmer sitzen. Manche Psychiater sind deshalb dazu übergegangen, einen Seiteneingang einzurichten, um ihren Patienten ein solches Spießrutenlaufen zu ersparen.
Reaktionen und Gefühle der Helfer
Die Gefühle des Klienten, seine Abwehr, Erleichterung, seine Entspannung und Abhängigkeit werden den Berater mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit dazu verführen, den höheren Status und die Machtposition anzunehmen, die der Klient ihm anbietet. Wenn der Berater dann »oben« ist, kann das bei ihm eine Reihe von Gefühlen und Verhaltensweisen auslösen.
1. Diese Macht und Autorität dazu zu nutzen, voreilig Weisheiten von sich zu geben und den Klienten so noch kleiner zu machen.
»Ganz einfach, gehen Sie nur wie folgt vor…«
»Das ist kein wirkliches Problem. Ich will ihnen einmal erzählen, was ich in einer ähnlichen Situation gemacht habe, und das war damals wirklich übel.«
»Ich weiß genau, was Sie da tun können. In dieser Situation war ich schon sehr häufig.«
2. Sich einlassen auf die Abhängigkeit und Überreaktion darauf, was sich gewöhnlich darin äußert, den Klienten unangemessenerweise zu unterstützen und zu bestärken.
»Sie armer Kerl. Sie tun mir wirklich leid, das ist ja ganz schlimm für Sie.«
»Sie stecken aber in der Klemme. Machen Sie einfach, was Ihnen richtig erscheint.«
»Ich bin sicher, was Sie planen, wird klappen. Und wenn es nicht klappt, ist es nicht Ihre Schuld.«
3. Auf Abwehr mit noch größerem Druck antworten.
»Ich glaube nicht, dass Sie meinen Vorschlag verstanden haben. Ich will Ihnen erklären, wie ich mir das vorstelle.«
»Ich verstehe, dass Sie zögern, das auszuprobieren. Lassen Sie mich Ihnen nun erklären, warum bei diesem Vorschlag gar nichts schief gehen kann.«
»Sie hören mir nicht zu. Das wird funktionieren. Vertrauen Sie mir. Versuchen Sie es.«
4. Widerstand, sich auf die Beziehung einzulassen, da die Aufgabe der Machtposition, »oben« zu sein, vom Berater verlangt, sich beeinflussen zu lassen und seine Wahrnehmung der Situation zu ändern.
»Ich kann nicht sicher sagen, was hier helfen könnte. Aber Sie könnten Folgendes versuchen…«
»Sie könnten es hiermit probieren…, aber wenn das nicht funktioniert, müssen wir einen neuen Termin vereinbaren, da ich nur wenig Zeit habe.«
»Haben Sie das bereits mit … besprochen? Vielleicht könnte er ihnen helfen.«
5. Gegenübertragung des Helfers, der einige seiner Gefühle und Wahrnehmungen auf den Klienten überträgt, die frühere Berater-Klienten-Beziehungen wiederherstellen. Es kann sein, dass der Klient den Helfer an jemanden aus der Vergangenheit erinnert und er auf diesen Klienten deshalb unbewusst genauso reagiert, wie er auf den Klienten damals reagierte.
Der Helfer bringt viele psychologische Neigungen und kulturelle Vorurteile mit in die Beziehung. Allein die Tatsache, um Hilfe gebeten zu werden, weist enorme Macht zu, impliziert, dass der Klient dem Helfer unterstellt, ihm helfen zu können, ihm Expertenwissen und die Verantwortung zutraut, die Situation nicht auszunutzen, und dass der Klient, falls er für die gewünschte Hilfe zahlt, mit einer entsprechenden Gegenleistung rechnet. Gleichzeitig fühlt sich der Helfer vielleicht frustriert, da er häufig glaubt, dem Klienten so viel mehr geben zu können, als dieser zu verlangen scheint; oder er fühlt sich enttäuscht, wenn das, was er als Hilfe auffasst, vom Klienten als nicht besonders hilfreich empfunden wird. Häufig sind Berater frustriert, dass sie zwar Hilfe anbieten, aber niemand zu ihnen kommt. Vor allem betriebsinterne Berater finden sich oft in dieser Situation wieder. Kommt dann endlich jemand und braucht Hilfe, sind sie so erleichtert, dass sie viel mehr »Hilfe« geben, als benötigt oder gewünscht wird.
Im weiteren Verlauf der Beziehung entdeckt der Berater häufig viel früher mögliche Lösungen als der Klient oder – schlimmer – gelangt zu der Einstellung, der Klient sei wirklich dumm, bekomme nichts geregelt, sehe nicht, was auf der Hand liegt, oder kapiere nichts. Ungeduld, Wut und Verachtung sind die Folge. Eines der frustrierendsten Rätsel für Helfer ist, dass seines Erachtens brillante Erkenntnisse oder Interventionen kaum wahrgenommen werden, während reine Routinefragen oder Beobachtungen vom Klienten als entscheidende Interventionen gepriesen werden. Nicht selten machen eher zufällige Ereignisse einen weitaus größeren Unterschied als sorgfältig berechnete Interventionen, was ein Beispiel zeigt.
Vor ein paar Jahren arbeitete ich mit dem Topteam eines jungen Unternehmens. Es ging dabei um ihre wöchentliche Freitagnachmittagssitzung. Mein Job dabei war, ihnen dabei zu helfen, ihre Sitzungen effektiver zu gestalten. Ich sah eine hart arbeitende Gruppe, die es nie schaffte, in den zwei Stunden mehr als die Hälfte ihrer mindestens zehn Punkte umfassenden Agenda abzuarbeiten. Ich versuchte verschiedene Interventionen, die darauf abzielten, ergebnislose Diskussionen oder Abschweifungen zu nicht auf der Agenda stehenden Themen zu unterbinden – vergebens. Mir dämmerte, ich musste mich zuerst damit befassen, wie diese Gruppe arbeitet. Gleichzeitig wurde mir klar, dass ich »mein Nichtwissen noch nicht eingesetzt« hatte, das heißt, ich hatte nicht wirklich verstanden, warum sie so arbeiteten, wie sie arbeiteten. Ich war von einem Stereotyp ausgegangen, wie das Meeting laufen sollte.
Nachdem ich viele frustrierende Sitzungen gesehen hatte, fragte ich schließlich vollkommen blauäugig, wie denn die Agenda zustande komme. Man