Lernendenorientierung. Tobias Zimmermann. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Tobias Zimmermann
Издательство: Bookwire
Серия: Forum Hochschuldidaktik und Erwachsenenbildung
Жанр произведения: Учебная литература
Год издания: 0
isbn: 9783039059089
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(BFS 2011a). Wie erwähnt, beträgt das Durchschnittsalter bei Eintritt in das Bachelorstudium von FH und PH 23,2 Jahre (in der Untergruppe der Teilzeitstudierenden 26,0 Jahre), d. h., es ist einige Jahre höher als das durchschnittliche Alter beim Erwerb des Zulassungsausweises. Entsprechend sind Erwerbstätigkeit vor Studienbeginn, Praktika und Auslandaufenthalte vor Studienbeginn weit verbreitet (Kiener 2010, S. 9, 14):

       Drei Viertel der Neustudierenden der ZHAW 2008 waren vorher erwerbstätig, die Hälfte gemäss ihren eigenen Angaben mit einem inhaltlichen Zusammenhang zur folgenden FH-Ausbildung.

       Zwei Fünftel der ZHAW-Studierenden haben ein Praktikum absolviert.

       Ein Viertel war seit dem 15. Geburtstag ein oder mehrere Male sechs Monate oder länger ausserhalb der Schweiz.

      Mit diesen und anderen Tätigkeiten werden Erfahrungen gemacht, welche berufs- und ausbildungsbezogene Wünsche, aber auch beruflich relevantes Wissen und allgemein die Arbeitsmarktfähigkeit beeinflussen können. Die Verbreitung dieser Tätigkeiten differiert nach Alter der Studierenden und dem Fachbereich.

      Zusammenfassung

      Herkunft der Studierenden, Bildungslaufbahnen und andere Tätigkeiten vor Studienbeginn können als Ressourcen für das Studium aufgefasst werden. Denn die genannten Unterschiede wirken sich z. B. materiell aus als unterschiedliches Ausmass der Elternfinanzierung des Studiums oder als unterschiedliche Höhe eigener Ersparnis. Immateriell können sie sich in unterschiedlichen Fähigkeiten ausdrücken, mittels qualifizierter Arbeit Einkommen zu verdienen, aber auch in unterschiedlichen Kompetenzen, Erwartungen, Wünschen, die informell mitgebracht bzw. an das Studium gerichtet werden.

       Während des Studiums 2

      Wohnformen

      Knapp die Hälfte der FH/PH-Studierenden (46 %) wohnt bei den Eltern, knapp ein Viertel (23 %) in einer Wohngemeinschaft. Weitere 16 % leben mit Partnerin oder Partner und/oder mit Kindern (9 % sind verheiratet), 10 % allein in einer Wohnung. Das Wohnen bei den Eltern nimmt mit steigendem Alter kontinuierlich ab: 58 % bei den Studierenden bis zum Alter 21, 6 % ab Alter 31 (BFS 2010a, S. 108 ff.).

      Leben mit Kindern

      7,4 % der FH/PH-Studierenden haben Kinder, wobei es bei den FH/PH-Teilzeitstudierenden 17,4 % sind, was auch mit deren höherem Lebensalter zusammenhängt (BFS 2010a, S. 29 ff.). 55 % der Eltern sind Frauen, 45 % Männer. Während der Zeit, die für das Studium verwendet wird, übernimmt bei 40 % der Befragten die Partnerin oder der Partner die Kinderbetreuung.

      Erwerbstätigkeit

      2009 waren bei der schweizweiten Befragung 74 % der FH/PH-Studierenden während der letzten zwölf Monate vor der Befragung erwerbstätig, davon 77 % auch während des Semesters. Mit steigendem Alter nimmt nicht nur die Erwerbstätigkeit, sondern vor allem auch ihr Umfang zu. Auf der Bachelorstufe geben 45 % an, ihre Erwerbstätigkeit benötige keine «spezielle Ausbildung».

      Die Erwerbstätigenquote und der Umfang der Erwerbstätigkeit variieren nach Fachbereich: Die Quote bewegt sich zwischen 64 % im Fachbereich Technik und IT und 84 % im Fachbereich Soziale Arbeit. Im Ersteren arbeiten 4 % zu mehr als 50 %, im Letzteren aber 27 %.

      Im berufsbegleitenden Studium hat Erwerbstätigkeit selbstverständlich einen ganz anderen Stellenwert, meist findet sie im vorher erlernten Beruf statt.

      Bei den Motiven für die Erwerbstätigkeit wird zwischen ökonomischen, beruflichen (um Erfahrungen zu sammeln, um die Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu erhöhen u. a.) und sozialen (bessere soziale Integration u. a.) unterschieden. Im Vordergrund stehen die ökonomischen Motive (BFS 2010a, S. 93). Die Hälfte der Erwerbstätigen bezeichnet Erwerbstätigkeit als «zur Bestreitung meines Lebensunterhaltes unbedingt nötig».

Antworten von Position 4 und 5 (Skala von 1 = trifft überhaupt nicht zu bis 5 = trifft völlig zu) in %
Damit ich mir etwas mehr leisten kann65 %
Weil dies zur Bestreitung meines Lebensunterhaltes unbedingt nötig ist49 %
Um unabhängig von den Eltern zu sein52 %
Weil ich kein/zu wenig Stipendium/Darlehen erhalte50 %
Weil ich andere mitfinanziere (Partner, Kinder)6 %

      Tabelle 1 Motive für die Erwerbstätigkeit: ökonomische Motive. Quelle: BFS 2010a, S. 93

      Zeitbudget

      Auf der Bachelorstufe FH/PH verteilen sich die aufgewendeten Stunden in einer typischen Semesterwoche wie folgt (BFS 2010a, S. 99):

• Studium 41 h
• Erwerbstätigkeit 6 h
• Haus- und Familienarbeit 5 h
• Ehrenamtliche Tätigkeit 2 h

      Die 41 Stunden für das Studium teilen sich auf in 27 Stunden für den Besuch von Lehrveranstaltungen und 14 Stunden für sonstigen Studienaufwand. Es ist zu betonen: Das ist das Zeitbudget einer «typischen Semesterwoche»; davon unterscheidet sich das Zeitbudget in den Semesterferien bestimmt erheblich, wurde aber nicht erhoben.

      Nach diesen Angaben tangiert die Erwerbstätigkeit das Vollzeitstudium nicht erheblich. Es handelt sich jedoch wie andernorts auch um Durchschnittswerte. Wird aber der Zusammenhang zwischen Studium und Erwerbstätigkeit bei unterschiedlichem Grad von Erwerbstätigkeit betrachtet, dann zeigt sich: Je grösser die Erwerbstätigkeit, desto geringer der Aufwand für das Studium, desto grösser aber auch das Gesamtarbeitsvolumen. Mit anderen Worten: Erwerbsarbeit während des Studiums geht sowohl zulasten des Studiums als auch der frei verfügbaren Zeit (BFS 2010a, S. 106).

      Schlussbemerkung: Diese kurzen Angaben zu den Studierenden können nicht mehr sein als einige wenige Streiflichter. In der Publikation des Bundesamtes für Statistik werden Beziehungen zwischen den genannten Aspekten diskutiert, ebenso Beziehungen zu Herkunftsvariablen, persönlichen Variablen wie Geschlecht und Alter und Variablen des Studiums (Fachbereich, Studienstufe). Aus der Kombination dieser Variablen liessen sich Profile von unterschiedlichsten Studierendenteilgruppen bilden und einander gegenüberstellen. Mehr noch als bei der Herkunft und den Tätigkeiten vor Studienbeginn machen sie unterschiedliche Bedeutungen und Gewichtungen des Studiums deutlich.

      Diskussion und Ausblick

      In den letzten zehn Jahren ist die Studierendenzahl in den FH/PH stark gestiegen, nicht zuletzt auch wegen des Aufbaus neuer Fachbereiche wie Gesundheit. Der Frauenanteil nahm zu, nicht nur in diesen neuen (GSK-) Fachbereichen, sondern auch in den TWD-Bereichen. In den Szenarien des Bundesamtes für Statistik (BFS 2010b) wird eine weitere Zunahme des Frauenanteils sowie auch der ausländischen Zulassungsausweise prognostiziert.

      Wichtiger scheinen allerdings Veränderungen zu sein, die mit den eingangs dieses Beitrages skizzierten zwei Entwicklungen zusammenhängen. Ihre Auswirkungen auf totalisierende Indikatoren wie z. B. die Berufsmaturquote oder das durchschnittliche Eintrittsalter sind nur schwer abschätzbar. Umgekehrt lassen sich diese Entwicklungen dementsprechend oft nur schwer aus den allgemeinen Indikatoren ablesen.

      Die Politik der Bildungsexpansion und der erhöhten Durchlässigkeit ist gewiss eine Antwort auf gestiegene Bildungsnachfragen, genauso aber auch deren Ursache. Sie formuliert die Erwartung an die Individuen, einen möglichst hohen Bildungsstatus zu erwerben bzw. das eigene Potenzial auszuschöpfen, und sie ermuntert sie dazu, dies nach individuellem Zeitplan zu tun («es ist nie zu spät …»; «ein Umweg und ein zweiter Versuch lohnen sich …»). Bildung bzw. der Erwerb von Bildungszertifikaten ist nicht mehr auf eine bestimmte Lebenslaufphase beschränkt, sondern zunehmend Teil des ganzen Lebenslaufs – mit dem Ziel, sich auf einem spezifisch-einzigartigen Weg eine individuelle Kombination von Kompetenzen anzueignen. Weiter ist offensichtlich, dass formale Bildung immer mehr zu einer zwar notwendigen, aber nicht hinreichenden Bedingung für die Erlangung beruflicher Positionen geworden ist. Neben der formalen Bildung spielen non-formale und in-formale Bildungsprozesse eine wachsende