Der Tote in der Hochzeitstorte. Thomas Brezina. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Thomas Brezina
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783990014431
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      Thomas Brezina:

      Knickerbocker-Bande 4immer

      Der Tote in der Hochzeitstorte

      Alle Rechte vorbehalten

      © 2020 edition a, Wien

      www.edition-a.at

      Cover: Pablo Tambuscio

      Satz: Lucas Reisigl

      ISBN 978-3-99001-443-1

      E-Book-Herstellung und Auslieferung:

      Brockhaus Commission, Kornwestheim

       www.brocom.de

      PLÄNE

      Es war alles genau geplant.

      Die Hochzeit.

      Das Geständnis und die Enthüllung.

      Der Mord.

      Aber wie heißt es so schön?

      Erstens kommt es anders,

      zweitens als man denkt.

MONTAG 9. NOVEMBER

      DER TERMIN

      Poppi musste sich setzen.

      »Wann wollt ihr heiraten?«

      »Am 21. November.«

      Pause.

      »Lilo, kein Mensch heiratet am 21. November.«

      »Wir schon.«

      Pause.

      »Mein Geburtstermin ist für den 6. Dezember berechnet. Eure Hochzeit wäre nur eine Woche davor.«

      »Zwei Wochen.«

      »Aber das Baby könnte früher kommen.«

      »Das Baby hat sicher Einsehen und will eher später als früher zur Welt kommen. Du wirst meine Trauzeugin sein, Poppi, da fährt die Eisenbahn darüber.«

      Wie konnte Poppi Lilo nur zur Vernunft bringen? Wieder entstand eine Pause am Telefon und Lilo machte sich keine Mühe, sie mit Worten zu füllen.

      »Lilo, ich sehe jetzt bereits aus wie ein Osterei auf Beinen. Zwei Wochen vor der Geburt werde ich nur noch Bauch sein und sonst nichts. In mein blaues Kleid, das ich mir für die Hochzeit gekauft habe, passe ich ohnehin nicht hinein. Ich müsste Jogginghosen anziehen oder ein Zelt.«

      »Alles kein Problem. Du wirst trotzdem wunderschön sein.«

      Poppi hatte ihre Freundin in den vielen Jahren schon einige Male stur erlebt. So starrsinnig aber war sie noch nie gewesen.

      »Es wird nebelig auf dem Berg sein und kalt«, gab sie zu bedenken.

      »Wir halten uns ohnehin nur im Hotel auf. Um diese Jahreszeit sind dort keine Gäste und wir haben es für uns allein.«

      »Es ist also dein voller Ernst und ich werde dich nicht davon abbringen können?«

      »Genau so ist es. Wir haben die Hochzeit vom Frühjahr in den Sommer verschieben müssen und dann in den Frühling des nächsten Jahres. Aber ich will einfach nicht so lange warten.«

      »Die Absage im Frühling war Pech«, gestand Poppi ein. »Aber ihr wart nicht die Einzigen. Wegen der Corona-Krise mussten viele Hochzeiten verschoben werden.«

      »Poppi, spare dir deine Kräfte. Mein Entschluss steht fest. Und du weißt, wieso wir nicht im Sommer geheiratet haben.«

      Ja, das wusste Poppi genau. Die ersten fünf Monate ihrer Schwangerschaft waren nicht einfach verlaufen. Sie hatte viel Zeit im Bett verbracht, weil die Ärztin ihr strikte Schonung verschrieben hatte.

      Poppi hatte die Hoffnung, schwanger zu werden, schon vor Jahren aufgegeben. Deshalb war die Vorfreude auf ihr Kind jetzt umso größer. Die Blutungen in den ersten Schwangerschaftswochen hatten ihr Sorgen bereitet und so hatte sie alle Anweisungen der Ärztin ohne Widerspruch befolgt.

      Poppis Geburtstermin rückte näher und näher. Außer Kreuzschmerzen und geschwollenen Beinen hatte sie aber glücklicherweise keine weiteren Beschwerden gehabt. Die Gynäkologin war sehr zufrieden und Poppi musste schon lange nicht mehr das Bett hüten.

      Lilos Ankündigung der Hochzeit war völlig überraschend gekommen. Poppi hatte sich gerade einen Kräutertee zubereitet, den ihr die Gynäkologin empfohlen hatte, als ihr Handy klingelte und sie Lilos Stimme hörte.

      »Habt ihr über diese Vorverlegung schon länger nachgedacht?«, wollte Poppi wissen.

      »Axel weiß nichts davon. Ich sage es ihm, wenn er zurückkommt. Er hat Fußballtraining mit seinem Spezial-Team.«

      Poppi atmete tief durch. »Und was ist, wenn Axel den Termin gar nicht vorverlegen will?«

      »Ihm ist alles recht. Das weiß ich. Ihm ist nur wichtig, dass ihr dabei seid und Dominik sein Trauzeuge ist. Aber sonst ist er kein Mann von großen Feiern. Du kennst ihn.«

      Ja, Poppi kannte Axel seit Kindheitstagen. Nach der Schule waren sie getrennte Wege gegangen und hatten erst als Erwachsene vor dreieinhalb Jahren wieder zusammengefunden. Seit ihrer Wiedervereinigung aber war die Knickerbocker-Bande, wie sie seit der Schulzeit genannt worden war, mindestens so verbunden wie früher. Sie hatten auch zwei neue Fälle gelöst. Bei einem hätte Dominik fast sein Leben verloren. Aus einem Treffen in London waren die schlimmsten Stunden geworden, die sie sich vorstellen konnten. Das lag nun auch schon wieder fast 18 Monate zurück. Danach hatten sie einander nur per Skype gehört und gesehen.

      Es gab für Poppi eine letzte Hoffnung. »Dominik kann sicher nicht so kurzfristig kommen.« Er spielte in einer neuen TV-Serie, die in Toronto gedreht wurde und hatte damit riesigen Erfolg. Seine Rolle war ausgebaut worden und seine Drehtage verdoppelt, wie er beim letzten Skype-Treffen stolz verkündet hatte.

      »Ich habe ihn gleich als Ersten angerufen. Er hat rund um dieses Datum zehn Tage drehfrei und freut sich sehr, nach Österreich zu kommen«, entgegnete Lilo.

      Poppi sank in sich zusammen. Die Hochzeit Ende November hoch oben in den Tiroler Bergen war also eine ausgemachte Sache.

      Lilo hatte bereits Zimmer und ein Hochzeitsessen in einem Hotel gebucht. »Es heißt Alpenschlössel und ich schlage vor, alle reisen individuell an. Das ist einfacher. Ich habe in zehn Minuten ein Gespräch mit Veronika Wunderer vereinbart, der Besitzerin, um die Details für die Hochzeit abzustimmen.«

      »Also gut, dann bis zum 21. November.« Poppi klang mehr geschlagen als begeistert.

      »Anreise eher schon am 19. Oder spätestens am 20. November«, erklärte Lilo. »Abreise frühestens Sonntag, den 22., am Nachmittag. Ihr werdet doch alle zum Feiern bleiben. Wird Zeit, dass die Bande endlich wieder einmal zusammen ist.«

      »Wenn Klaus zum Wochenenddienst eingeteilt ist, wird er nicht mitkommen können.«

      »Eure Hunde- und Katzenpatienten können doch ein Wochenende von euren Tierarzt-Kollegen versorgt werden«, brauste Lilo auf.

      »So einfach ist das nicht, und außerdem …«

      Weiter kam Poppi nicht. Lilo verabschiedete sich hastig, weil sie einen anderen Anruf bekam, den sie annehmen musste.

      »Blödes Corona«, brummte Poppi nach dem Auflegen. Es gab Momente, da tat ihr das Baby fast leid. In welche Welt wurde es da hineingeboren? Sie rieb sich kreisförmig über den prallen Bauch. »Keine Sorge, wir werden dir alles geben, damit du ein glücklicher Mensch wirst. So schlimm ist die Welt gar nicht. Du wirst schon sehen.«

      Das Aufstehen vom Hocker war für die hochschwangere Poppi eine Anstrengung. In dem leicht watschelnden Gang, mit dem sie sich seit einiger Zeit fortbewegte, ging sie in ihr Arbeitszimmer und setzte sich an den Laptop. Was konnte Lilo bewogen haben, in zwei Wochen zu heiraten?

      Poppi