If you believe. Renardo Schlegelmilch. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Renardo Schlegelmilch
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Религия: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783429063481
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Yogi unterweisen. John, Paul und Ringo hat das wohl nicht dauerhaft beeindruckt, George Harrison blieb aber bis zu seinem Tod 2001 Anhänger der Hare Krishna-Bewegung.

      John Lennon, der aufgrund seines Songs „Imagine“ als Ikone des Atheismus gesehen wird, hat auch bis zu seinem Tod immer wieder Bezüge zu Gott und Glaube in seine Musik eingebaut. (Siehe Kapitel zu John Lennon und „Imagine“).

      Ringo Starr findet in seinem späten Leben auch wieder zum monotheistischen Glauben zurück. Vor ein paar Jahren hat er noch gesagt: „Ich suche schon seit den 60ern nach Gott. Für viele Jahre habe ich den Weg verlassen, aber inzwischen wieder, Gott sei Dank, zurückgefunden. Gott ist ein Teil meines Lebens, und davor verstecke ich mich nicht.“

      Und Paul? Er spricht von seinem „ganz persönlichen Glauben an das Gute“, der sich nicht in eine Konfession oder Religion verpacken lässt. Fügt allerdings hinzu: „An Jesus glaube ich, das war eine historische Person.“

      Auch wenn sich die Zeilen von „Let it be“ also nicht auf die Mutter Gottes beziehen, erfüllen sie trotzdem den Zweck eines Gebetes: Trost und Hoffnung spenden in schweren Stunden. Und wenn der Autor der Zeilen dann noch auf der Suche nach einem Lebenssinn ist und vom Glauben an die historische Person des Messias spricht, dann kann man schon sagen, dass in der Musik der Beatles einiges an Religion steckt.

      Ein Gebet für alle Religionen

      TITEL:My sweet Lord – George Harrison

      ALBUM:All Things must pass (1970)

      Was haben alle großen Weltreligionen gemein? Den Glauben an einen Schöpfer, einen Herrn, der über uns wacht. In manchen Religionen drückt sich sein Wirken durch verschiedene Götter aus, in manchen durch einen, in manchen durch einen mit mehreren Gestalten. Alles ziemlich ähnlich. Trotzdem ist die Religion eines der größten Konfliktpotentiale der Menschheitsgeschichte. Von den Kreuzzügen des Mittelalters zum islamistischen Terrorismus des 21. Jahrhunderts läuft alles auf einen Gedanken zusammen: Mein Gott ist besser als deiner. – Was das mit George Harrison von den Beatles zu tun hat? Viel.

      George Harrison ist mitverantwortlich für die Faszination fernöstlicher Religionen, die eine große Rolle gespielt haben in der Jugendkultur der 60er und 70er Jahre. Ob man es Hippies oder New Age nennt, wäre der Musiker als Liverpool nicht mit seinen Freunden für ein paar Monate nach Indien gereist und hätte dort nicht religiöse Praktiken studiert, wäre diese Faszination wohl nie im Westen angekommen. Aber noch einen Schritt zurück. Im vorigen Kapitel haben wir über die spirituelle Suche der Beatles gesprochen, die sich Mitte der 60er sogar als antireligiös bezeichnet hatten. Gegen Ende der gemeinsamen Bandgeschichte, 1968, haben sie sich gemeinsam mit Freunden wie Eric Clapton oder Schauspielerin Mia Farrow nach Indien begeben und sich von einem bekannten Yogi in hinduistischen Meditationstechniken unterweisen lassen. Für viele von ihnen sicher ein interessantes Erlebnis. Wirklich geprägt hat es aber nur George Harrison. So sehr, dass nach seinem Tod 2001 nach hinduistischem Ritual seine Asche im Ganges verstreut wurde.

      Genau wie sein Band-Kollege Paul McCartney ist George Harrison allerdings katholisch aufgewachsen. Ähnlich wie bei Paul war seine Mutter die prägende, religiöse Kraft. Die Väter Harrison und McCartney haben die Sonntagvormittage gerne auf der Couch verbracht, während Louise Harrison und Mary McCartney die Heilige Messe in ihren Gemeinden besuchten. Die Söhne haben sich beide im Jugendalter von der Kirche abgewandt. Harrison wird später sagen, dass ihn zwar die pompösen Rituale beeindruckt haben, bei ihm aber spirituell nichts davon angekommen ist. Für ihn war die Religion nur eine Ansammlung von Verboten und Geboten.

      Als die Beatles 1968 von ihrer Indien-Reise zurückkehrten, hatte sich an dieser Einstellung einiges geändert. Organisierte Religion war für Harrison tatsächlich immer noch ein Dorn im Auge, der Glaube aber fester Bestandteil seines Lebens geworden. „Ich bin von der Existenz Gottes überzeugt.“ Sein religiöses Erweckungserlebnis hat er einem intensiven LSD-Trip zu verdanken. „Ich habe in 24 Stunden die Erfahrungen von 100 Jahren gemacht,“ sagt er in einem Interview. Die Form und Richtung seines Glaubens hat dann die Reise nach Indien gebracht. Von da an bis zu seinem Tod wurde er zum Anhänger der Hare-Krishna-Bewegung, obwohl er deren Gemeinschaft nie offiziell beigetreten ist.

      Diese Gedanken und Erfahrungen sind dann auch mit „My sweet Lord“ für seinen größten Hit, und gleichzeitig ein Ärgernis bis zum Lebensende, verantwortlich. Wie kam es zu dem Lied? Harrison wollte einen modernen Gospel-Song schreiben. Die Inspiration dafür war das über 100 Jahre alte „Oh Happy Day“, das Ende der 60er gerade wieder in den Charts war durch die Version der Edwin Hawkins-Singers. Harrison wollte aber eine grundsätzliche Sache bei seinem Gospel anders machen. Das Lied sollte ein Gebet werden, das gläubige aller Religionen singen können. Deshalb auch der Titel: „Mein lieber Gott“. Das kann jeder über seinen Gott sagen, nirgendwo im Text fallen die Worte Jesus, Buddha oder Mohammed. Ein Brückenbauer der Religionen wollte er mit dem Lied werden. Deshalb wird im Hintergrund das jüdisch-christliche „Hallelujah“ gesungen, in der nächsten Zeile aber das „Hare Krishna“, Teil des gleichnamigen hinduistischen Mantras. Laut Harrison sind beide Ausrufe „quite the same thing“ – eigentlich doch das gleiche.

      Obwohl der Text aus wenigen, sich immer wiederholenden Textzeilen besteht, ist aus denen doch einiges über das Lied und den Autor herauszulesen. Es geht um das religiöse Verlangen Gott nahe zu sein und ihn zu verstehen, damit aber auch um die Frustration, dass diese Aufgabe gar nicht mal so einfach ist. „Ich will wirklich bei dir sein, oh Herr, aber der Weg ist so weit“, heißt es in der ersten Strophe. In der zweiten ändert sich das. „Ich will, dass du, oh Herr, mir zeigst, dass der Weg doch nicht so weit ist.“ Das Hare-Krishna-Mantra, das im Text gesungen wird, zählt zu den ältesten und wichtigsten Gebeten des Hinduismus. In diesem Sinne ist es vielleicht mit dem christlichen „Vater Unser“ zu vergleichen. Das Hare-Krishna-Mantra ist an den Guru, den Glaubensunterweiser, gerichtet. Die Zeilen in „My sweet Lord“ tauchen gegen Ende des Liedes im Hintergrund auf und sind die ersten Sätze des Gebetes. Frei übersetzt: „Ich lege dir mein Vertrauen dar, mein Guru. Du, der groß bist wie der Schöpfer Brahma, der Herrscher Vishnu, der Zerstörer Shiva – die wahre Energie Gottes.“ Diese Zeilen im Lied sind übrigens zum Teil von echten, überzeugten Hare-Krishna-Mönchen gesungen, die Harrison zu den Aufnahmen in die Londoner Abbey-Road-Studios eingeladen hatte.

      Als das Lied im November 1970 veröffentlicht wurde, hat es für einiges an Schlagzeilen gesorgt. Weniger aber wegen des religiösen Inhalts, sondern weil die Melodie dem Song „He’s so fine“ der amerikanischen Girl-Group „The Chiffons“ erstaunlich ähnlich war. Gerichtsprozesse folgten, die sich bis in die 90er-Jahre hineinzogen. Harrison wollte immer wieder einen Vergleich herbeiführen, weil ihn die andauernden Prozesse sehr belasteten. Dazu kam es aber nie. In einem der Urteile heißt es, Harrison habe die Melodie nicht bewusst geklaut, aber sie unterbewusst als Inspiration genommen. Genug Grund einen Großteil der Einnahmen des Liedes abgeben zu müssen.

      In religiösen Kreisen hat George Harrison mit dem Lied aber genau das erreicht, was er wollte. Ein Gebet geschaffen, das über die Konfessionen und Religionen hinweg verbindet. Besonders die sogenannten „born-again Christians“ in den USA haben das Lied fast schon als Hymne verwendet, da es als Statement gegen den Hass auf andere Religionen zu verstehen ist. Einige wenige fundamental-christliche Gruppen in den USA haben das Lied als antichristlich, auch satanistisch, bezeichnet. Wirklich getragen hat sich diese Meinung aber kaum.

      Es sind aber nicht nur die Gläubigen, auch die Musikindustrie hält viel von „My sweet Lord“. In die Geschichte eingegangen ist das Lied als erfolgreichster Song 1971, sogar mit dem Grammy-ausgezeichnet. Der Musikjournalist Richie Unterberger macht den Erfolg daran fest, dass das Lied jeden auf seine eigene Art anspricht: „Ob nun als Gebet, Liebeslied, Hymne, moderner Gospel oder ganz einfach als perfekter Popsong“. Besonders lustig für den Kritiker übrigens, dass Millionen Menschen auf der Welt Jahr für Jahr aus voller Kehle „Hallelujah“ und „Hare Krishna“ singen, ohne überhaupt zu wissen, dass sie damit eigentlich ein Gebet sprechen.

      Selbst sein ehemaliger Beatles-Kollege John Lennon, der als Ikone der Atheisten in die Geschichte eingegangen ist, hat die religiöse Kraft des Liedes erkannt. Wenn auch mit Augenzwinkern: „Immer wenn ich im Moment das Radio