Psoas-Training. Jo Ann Staugaard-Jones. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jo Ann Staugaard-Jones
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Сделай Сам
Год издания: 0
isbn: 9783767920170
Скачать книгу
die Hüfte, damit wohl der tiefste Hüftbeuger und als Muskelgruppe die stärkste. Der Darmbeinmuskel setzt unten am Oberschenkelknochen an und verläuft zum Darmbein des Beckens, während der große Lendenmuskel distal am Oberschenkelknochen ansetzt sowie proximal (nächst dem Körpermittelpunkt) hinter dem Becken an den Querfortsätzen des ersten bis fünften Lendenwirbels und manchmal des zwölften Brustwirbels. Den meisten Quellen zufolge erlaubt dies zumindest einem Teil des Lendenmuskels, die Lendenwirbelsäule zu beugen, obwohl das noch diskutiert wird. Bei fixiertem Oberschenkelknochen agiert der Darmbeinmuskel am Becken, der Lendenmuskel an der Lendenwirbelsäule, er kann sogar die Wirbelsäule strecken. Dieser Widerspruch wird später noch erklärt.

Image

       Abb. 1.2: Darmbeinmuskel (M. iliacus).

      Der Darmbeinmuskel lässt zusammen mit anderen Hüftbeugern wie dem geraden Oberschenkelmuskel das Becken nach vorn kippen. Diese Neigung verstärkt die lumbale Lordose (Krümmung der Wirbelsäule nach vorn). Daher muss der Lendenmuskel kräftig und zugleich elastisch genug sein, um diesen Bereich vor einer zu starken Lordose („Hohlkreuz“), einer der häufigsten Folgen von Fehlhaltung, zu schützen. Auch die Bauchmuskulatur kann hier gegenwirken, speziell der gerade Bauchmuskel, ebenso die Wirbelsäulenstrecker. Der Lendenmuskel wirkt bei der Stabilisierung von Beugung wie Streckung der Lendenwirbelsäule.

       Das Becken mit anderen Muskeln als dem großen Lendenmuskel zu zentrieren und die neutrale (natürliche) Krümmung der Wirbelsäule beizubehalten ist der Schlüssel dafür, dass der Lendenmuskel seine vielfältigen Aufgaben ohne Erschöpfung erfüllen kann.

      Gemäß Untersuchungen tragen die Lendenmuskeln offenbar dazu bei, die untere Wirbelsäule aufzurichten, da sie mit den unteren transversospinalen Muskeln (siehe Abb. 1.5) ein Bündel um die Lendenwirbelsäule bilden; das Beugen übernehmen andere Fasern. Als zentralem Rumpfmuskel kommt dem Lendenmuskel eine Schlüsselrolle für die korrekte Körperhaltung zu, ebenso bei der Verlagerung des Gewichts vom Rumpf auf Beine und Füße, in Bewegung und im Stand, da er hilft, Wirbelsäule, Becken und Oberschenkelknochen richtig zu positionieren.

Image

       Abb. 1.3: Die Gruppe der Lenden-Darmbein-Muskeln; alle drei Muskeln sind normalerweise auf beiden Seiten des Körpers vorhanden; nur für einen besseren Überblick sind sie hier in der Abbildung jeweils nur einmal zu sehen. Die volle Größe dieser Gruppe erhalten Sie, wenn Sie sich alle Bündel beidseitig vorstellen.

      Das Zusammenspiel der drei tief liegenden, kräftigen Lenden-Darmbein-Muskeln mit anderen vorn liegenden Hüftmuskeln erlaubt die Bewegung des Oberschenkels nach vorn (Beugung der Hüfte). Steht das Becken still, lässt sich der große Lendenmuskel isolieren, indem man die Beine – wie sitzend in „V-Haltung“ – vor dem Körper anhebt. Das aktiviert den Lendenmuskel zur Unterstützung der Lendenwirbelsäule gegen die Schwerkraft; auch einige kleinere Muskeln helfen mit.

Image

       Abb. 1.4: Die V-Position isoliert den großen Lendenmuskel.

      Wie die meisten Wirbelsäulenmuskeln kann auch der Lendenmuskel die seitliche Neigung der unteren Wirbelsäule (der rechte Lendenmuskel kontrahiert, um die Wirbelsäule auf der gleichen Körperseite nach rechts zu neigen) sowie die Drehung zur entgegengesetzten Körperseite (der rechte Lendenmuskel kontrahiert, um eine Drehung auf die linke Seite zu bewirken) unterstützen. Diese Kontraktionen des Lendenmuskels sind jedoch deutlich geringer und schwächer als die bei seinen anderen Aufgaben.

       Die unmittelbare Umgebung des Lendenmuskels

      Der Lendenmuskel arbeitet für Bewegungen und zur Stabilisierung mit anderen großen Muskeln zusammen; auch diese werden hier im Buch erläutert. Zuerst geht es nun um die unterstützende Gruppe der unteren Wirbelsäulenstrecker.

      Die transversospinale Muskelgruppe ist Teil der tieferen, hinten liegenden Muskeln wie Halbdornmuskel, vielgespaltener Rückenmuskel und Drehmuskeln. Die letzten beiden bilden mit dem großen Lendenmuskel ein Bündel um die untere Wirbelsäule und unterstützen ihre Aufrichtung – ein Widerspruch zum Lendenmuskel als Beuger. Hier spielen Praxiswissen und die Arbeit Anatomy Trains von Thomas Myers (2009) eine Rolle. Ihm zufolge unterstützen die oberen vorderen Lendenmuskelfasern die Beugung, die unteren inneren Fasern dagegen die Streckung. Andere Wissenschaftler meinen das Gegenteil. Die Entscheidung, wer recht hat, steht aus. Merken kann man sich, dass der Lendenmuskel bei aufrechter Wirbelsäule eher der Stabilisierung als der Bewegung dient; kräftige Wirbelsäulenstrecker und -beuger übernehmen einen Großteil der Kontraktion.

Image

       Abb. 1.5: Die tiefen hinteren Muskeln in Relation zum großen Lendenmuskel.

      Zum Palpieren (Ertasten) des Lendenmuskels beginnt man auf dem Bauch, 7–8 cm unterhalb und seitlich des Nabels und wandert an den Bauchmuskeln, einigen Organen und weiteren Muskeln (fast unmöglich!) vorbei. Dort in der tiefen Körpermitte liegt der große Lendenmuskel, einer auf jeder Seite der unteren Wirbelsäule. Er ist wegen seiner Nähe zu Organen, Arterien und Nerven schwer zu erreichen, das ist in der Regel auch nicht ratsam. Der Muskel verläuft vorn auf dem Becken und dem Oberschenkelhals und setzt am Trochanter minor (kleiner Rollhügel) an der Innenseite des Oberschenkelknochens an; weiter geht er hinter die Leistenbänder, die beidseits jeweils vom vorderen oberen Darmbeinstachel des Beckens zum Schambeinhöcker verlaufen, zwei prominente Tastpunkte, die vorn aus dem Becken ragen und leicht zu finden sind. Die Kontraktion der Hüftbeuger spürt man, wenn man auf die untere Außenkante des vorderen oberen Darmbeinstachels drückt, während der Oberschenkel bei der Hüftbeugung nach vorn gehoben wird.

      Der Ilioinguinalnerv sorgt für Empfindung in diesem Bereich und muss bei der Behandlung des Muskels beachtet werden, ebenso die Nähe der äußeren Hüftarterie entlang der medialen Muskelgrenze. Die direkte Fortsetzung der äußeren Hüftarterie ist die Femoralarterie, die einen Großteil der unteren Extremität mit Blut versorgt. Der Genitofemoralnerv kann durch die Nähe des Lendenmuskels ebenfalls betroffen sein und sollte bei der Behandlung ins Kalkül gezogen werden.

      Wie erwähnt, liegt der Lendenmuskel wegen seiner zentralen Lage nahe bei Organen. Nieren, Harnleiter und Nebennieren sind markant im mittleren Bereich angeordnet; daher ist bei der Behandlung des Lendenmuskels Vorsicht geboten.

      Auch den Lendenmuskel umhüllt eine Faszie (Muskelbinde), ein Bindegewebe, das den Muskel umgibt und abgrenzt. Lumbale Faszien (lumbale Aponeurose) gehen in die Faszie des großen Lendenmuskels über – vom ersten Lendenwirbel bis zum Kreuzbein sowie vom Darmbeinkamm zum viereckigen Lendenmuskel und den Darmbeinmuskeln. Die Darmbeinfaszie geht dann in die Sehne des kleinen Lendenmuskels (sofern vorhanden) sowie das Leistenband über. In Richtung Oberschenkel vereinen sich Lendenmuskel- und Darmbeinfaszie zur Darmbein-Schambein-Faszie; sie verläuft hinter den Femoralgefäßen. Das Lendennervengeflecht liegt weiter dahinter; dieser Bereich ist ausgesprochen komplex.

      In der Hüftgelenkhöhle befindet sich ein großer Schleimbeutel (mit Flüssigkeit gefüllter Beutel als Polster). Dieser Schleimbeutel trennt in der Regel die Sehne des großen Lendenmuskels von der Gelenkkapsel und dem Schambein.

      Die Lage des Lendenmuskels zu Bein, Becken und Rumpf ist wichtig. Er entspricht einer strukturellen Verbindung zur Unterstützung der Wirbelsäule, indem die Muskelfasern nach unten und außen verlaufen. Diese führen dann jedoch zurück zum Oberschenkel und machen so den großen Lendenmuskel zu einem fusiformen Muskel, also einem spindelförmigen, ähnlich dem M. biceps brachii. Er erscheint in lang gestreckter Trapezform, muss aber dreidimensional betrachtet werden, da er sich leicht um die Beckenstruktur windet,