Klaus Kießling
Geistlicher und sexueller Machtmissbrauch
in der katholischen Kirche
Klaus Kießling
Geistlicher und sexueller
Machtmissbrauch in
der katholischen Kirche
echter
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1. Auflage 2021
© 2021 Echter Verlag GmbH, Würzburg
Umschlag: wunderlichundweigand.de
(Foto: © Arnd Bünker, Karsamstag)
Innengestaltung: Crossmediabureau, Gerolzhofen
E-Book-Herstellung und Auslieferung: Brockhaus Commission, Kornwestheim, www.brocom.de
978-3-429-05607-0
978-3-429-05148-8 (PDF)
978-3-429-06529-4 (ePub)
Inhalt
Vorwort
Geistlicher Missbrauch in der katholischen Kirche
1. Kontexte
2. Konturierungen
2.1. Theologische Annäherungen
3. Kollusionen – ein Definitionsvorschlag
4. Konsequenzen
4.1. Theologische Infragestellungen
4.2. (Nicht-)Rezeption psychologischer Einsichten
4.3. Qualifizierte Geistliche Begleitung
Sexueller Missbrauch an Kindern, Jugendlichen und erwachsenen Schutzbefohlenen
1. Ein paar leise Töne zu Beginn
2. Elternhaus, Pfarrhaus, Schulhaus – Tatorte sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen
2.1. Missbrauch und Gewalt
2.2. Sexuelle Gewalt in der Familie
2.3. Symptomatik bei Seelenmord
2.4. Möglichkeit und Unmöglichkeit von Versöhnung
2.5. Möglichkeiten des Beistands
2.6. Sexuelle Gewalt in Kirche und Schule
2.7. Pädophilie
3. Sündenböcke als Missbrauch mit dem Missbrauch
3.1. Sündenbock Homosexualität
3.2. Sündenbock Zölibat
3.3. Sündenbock Kirche
3.4. Sündenbock Gesellschaft
3.5. Sündenbock Medien
4. Drängende Fragen an Kirche und Theologie
4.1. Geschlossene Systeme – und ihre Mitläufer?
4.2. Heilige Kirche – und sündige Kirche?
4.3. Solidarität mit den Opfern – und den Tätern?
5. Antwortversuche: Lösungsansätze für strukturelle Problemlagen
5.1. Kirchliche Leitlinien
5.2. Umgang mit Tätern und Opfern
5.3. Gegen eine Nulltoleranzlösung
5.4. Für Prävention in der Arbeit mit Schutzbefohlenen
5.5. Für Prävention in Aus- und Fortbildung
6. Ein paar leise Töne zum Schluss
Anmerkungen
Literatur
Vorwort
Bei allen Formen von Missbrauch geht es um Missbrauch von Macht. Als sexualisierte Gewalt ist er an vielen Tatorten präsent, auf eigene Weise in der katholischen Kirche. Dabei drängt sich in wachsendem Maße die Frage nach spezifisch geistlichem Missbrauch auf.
In Psychotherapie und Supervision, in Seelsorge und anderen Settings der Begleitung sowie in öffentlichen Räumen schildern Betroffene sexualisierte Gewalt, die sie erleiden mussten, ohne dass sich diese für sie zwingend mit geistlichem Missbrauch verbunden hätte. Und andere Menschen haben in ihrer spirituellen Selbstbestimmung Verletzungen und Gewalt erfahren, die nicht mit sexuellen Übergriffen einhergingen. Unterscheidung tut also not.
Gleichwohl sind geistlicher und sexueller Machtmissbrauch oft sehr eng miteinander verwoben – nicht nur meiner Erfahrung nach. Daher geht es im Folgenden um beides: zunächst gezielt um die Frage, was Machtmissbrauch zu einem geistlichen macht und welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind, danach eigens um sexualisierte Gewalt und die Aufgabe, den Schutz von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen weltkirchlich und weltweit zu gewährleisten. Verbindungen und Analogien zwischen geistlichem und sexuellem Machtmissbrauch in der katholischen Kirche scheinen dabei immer wieder implizit auf, dann und wann aber werden sie auch ausdrücklich zum Thema.
Ebenfalls klar artikuliert sei mein herzlicher Dank an die Menschen, die in einem der oben genannten Zusammenhänge oder bei anderen Anlässen mutig offengelegt haben, was ihnen widerfahren ist, was ihnen das Ringen damit erleichtert oder erschwert und was sie insbesondere präventiv für unerlässlich halten. Sie bringen auf ihre Weise – auch stellvertretend – ans Licht, was nicht im Dunkeln verharren darf.
Mein Dank gilt auch denen, die sich mit diesen schwerwiegenden Fragen auseinandersetzen, um ihrer Verantwortung nachzukommen: in der Pastoral tätigen Frauen und Männern, die Sensibilisierung und Orientierung suchen; Mitgliedern nationaler Bischofskonferenzen und anderen kirchlichen Leitungspersonen, die Richtlinien zum Umgang mit und zur Prävention von Machtmissbrauch erarbeiten und sich dabei beraten lassen; den Studierenden, die sich auf einen seelsorglichen oder einen anderen psychosozialen Beruf vorbereiten; Kolleg*innen in verschiedenen Arbeitsbereichen; schließlich den Leser*innen dieses Buchs.
Frankfurt Sankt Georgen,im August 2020 | Klaus Kießling |
Geistlicher Missbrauch in der katholischen Kirche
Kontexte – Konturierungen – Kollusionen – Konsequenzen
1. Kontexte
Bei geistlichem Missbrauch denke ich an jene verzweifelte Frau, deren Geistliche Begleiterin sie drängt, in ihrer Ehe mit einem Gewalttäter zu verharren, weil