Lebensläufe Zeitläufte. Karlheinz Gerlach. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Karlheinz Gerlach
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783962851637
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aus, die 1762 sein Schwager Gustav Wilhelm Köppen und der Brandenburger Kaufmann C. W. Wagner unter dem Namen Köppen & Wagner weiter betrieben (1807 aufgehoben?). Daum lebte nun von dem großen ererbten väterlichen Vermögen ganz seinen Neigungen. Er wohnte mit Frau und Söhnen winters in seinem Altköllner Haus Breite Straße 15 (in dem er Räume an die Kasse der Witwenverpflegungsanstalt vermietete) und sommers auf seinem Gut Lietzow bei Charlottenburg, Grüne Carls-Ruhe genannt. Er besaß eine Bibliothek mit 4000 Bänden aller Wissensgebiete (die 1811 versteigert wurde), bedeutende Kunstsammlungen (Porträt seines Vaters von Antoine Pesne, Stiche, Zeichnungen, Porzellan, Keramik, Waffen, Münzen) und botanische Sammlungen. Eine seine Liebhabereien galt den Bienen. Daum publizierte im Periodikum der 1766 gegründeten Oberlausitzer Bienengesellschaft ein Verzeichniß dererjenigen Blumen und Blüthen, so die Bienen am vorzüglichsten lieben (1768/69) sowie den Aufsatz Seltsame Nachricht von einem versteinerten Bienenstocke oder Neste, welchen Herr Lippi, der Arzneykunst Licentiat bey der Facultät in Paris, auf den Gebirgen Siout in Oberegypten entdeckt hat (1770). Wann und wo Daum Freimaurer wurde, ist nicht ermittelt. Er war bereits ein Freimaurer höherer Grade und offenbar hoch angesehen, als die Mutterloge zu den drei Weltkugeln, deren Mitglied er im selben Jahr geworden war, ihn 24.6.1762 zum 1. Großvorsteher des Maurerischen Tribunals, einer Schiedsstelle der Berliner Logen zur Beilegung ihrer Streitigkeiten, wählte. Daum hielt am selben Tag auf dem Johannisfest die Festansprache Über Stärke, Weisheit, Schönheit, die Grundlagen des Bundes, müssen im Charakter der Brr. zum Ausdruck gelangen; die von → Georg Jakob Decker gedruckte Rede ist nicht überliefert. Am 5.10.1765 nahm ihn die Hauptloge der Afrikanischen Bauherren auf als Zeichen der Verbrüderung mit den Vereinigten Logen strikter Observanz (Mutterloge zu den drei Weltkugeln, Zur Eintracht, Zum flammenden Stern), blieb aber Mitglied der Mutterloge zu den drei Weltkugeln. Die Afrikaner wählten ihn 1766 zum Großmeister. Er trat am 15.10.1768 von dem Amt zurück. Mit dem Niedergang der Afrikanischen Bauherren endete seine aktive Zeit als Freimaurer. Er hatte gehofft, daß es ihm gelingen würde, "alles in Ordnung zu bringen und unseren Logen den Ruhm zu verschaffen, Vorbilder wahrer und vollkommener Maurer zu sein. Aber ach, ich sehe mich getäuscht. Jeder Bruder tut, was ihm gut scheint, jeder will befehlen und Regeln aufstellen, ohne selbst zu wissen, was Maurerei ist.“ Daum war einer der Mitgründer der St. Hedwigs-Kirche in Berlin, die Ignacy Graf Krasicki (1735-1801), Fürstbischof von Ermland und später Primas von Polen, ein aufgeklärter Schriftsteller, am 1.11.1773 weihte. Krasicki hatte 1772 Friedrich II. kennengelernt, der ihn an seinen Hof und zu seiner Tafelrunde in Sanssouci einlud. Er hielt in Heilsberg, seinem ermländischen Bischofssitz, seine schützende Hand über die Loge Äskulap, die sein Leibarzt? Watzel gegründet hatte (GLL, 10.11.1780 Stiftungsurkunde).

      Andreas Ludwig Christian Watzel († 11.1.1791 Heilsberg), Arzt in Heilsberg, Kreisphysikus des Ermlandes, vermutlich Leibarzt des Bischofs, a. 1773 in Königsberg von der Loge Zum Totenkopf (GLL), 1775 Mitglied der Königsberger Schwesterloge Phönix, 1777/78 Sekretär, 1778 10.9.1779 Logenmeister, gründete 1780 in Heilsberg die Loge Äskulap

      Daum machte 1786, ein Jahr vor seinem Tod, sein Testament. Er gab einen Teil seines Vermögens in ein beständiges Familien-Fideikommiß (zwei Güter in Lietzow bei Charlottenburg, das Haus Breite Straße in Berlin, wertvolle Sammlungen; Majorat wurde 1805 und 1813 in Geldkapital umgewandelt).

      Decker I, der Vater, der Ältere, Georg Jakob (12.2.1732 Basel/Schweiz-17.11.1799 Berlin), ref., entstammte einer Basler Drucker- und Verlegerfamilie, V Johann Heinrich Decker (vor 1710-1754), Rats- und Universitätsbuchdrucker in Basel, M Anna Katharina geb. Respinger (1706-1780, V Nik. Respinger [1677-1737], Kaufmann in Basel, M Anna Katharina geb. Silbernagel), ∞ 1755 Dorothea Luise Grynaeus (2.8.1734-23.11.1784, V Jean [Johann] Grynaeus [1685-1749], akademischer Oberhofbuchdrucker, M Katharina Louise geb. Caravacini [1705-1763], übernahm nach dem Tod ihres Mannes die Geschäftsführung der Offizin), von den zehn Kindern überlebten sechs das Kindesalter:

       → Georg Jakob Decker II

      Katharina Dorothea Decker (* 1756) ∞ 29.10.1780 Christian Sigismund Spener (28.10.1753-30.10.1813), Buchdrucker

      Luise Elisabeth Decker (1764-1832) ∞ 28.10.1781 → Friedrich Philipp Rosenstiel, deren Tochter Karoline Henriette Rosenstiel (1784-1832) ∞ 1817 → Johann Gottfried Schadow

      Katharina Maria Susanna Decker (* 28.11.1767) ∞ 19.11.1788 Heinrich August Rottmann (1755 Bülzig/Herzogtum Württemberg-1837 Basel), im Geschäft Deckers tätig, 3.6.1788 Buchhändlerprivileg, 1791 Verlagsbuchhändler in Berlin, verlegte 1791 Wilhelm August Iffland Figaro in Deutschland. Lustspiel in fünf Aufzügen; 1791 → Sigismund Friedrich Hermbstädt Systematischer Grundriß der allgemeinen Experimentalchemie, zum Gebrauch seiner Vorlesungen (3 Teile)

      Johanna Henrietta Decker (28.8.1768-1852) ∞ 19.11.1788 den Baseler Schrift- und Stempelschneider Wilhelm Haas (15.1.1766 Basel-22.5.1838 Basel), Besitzer einer Schriftgießerei und eines Verlags

      Georg Jakob Decker besuchte das Gymnasium in Basel, begann 14-jährig eine Lehre bei dem Berner Buchdrucker (Emanuel?) Hortin, arbeitete anschließend in der Offizin seiner Großmutter Dorothea Decker geb. Wild (1671 Basel-1754), die nach dem Tod ihres Mannes Johann Heinrich Decker (1705-1754), Rats- und Universitätsdrucker in Basel, dessen Druckerei im elsässischen Colmar fortführte, studierte anderthalb Jahre an der Universität Straßburg, wo er bei seinem Onkel Johann Daniel Schöpflin (1694-1771), Professor für Geschichte und Rhetorik (1770/71 Universitätslehrer Johann Wolfgang Goethes), wohnte. Er ging 1750 auf die Walz über Mainz, Frankfurt am Main, Leipzig und Zeitz, kam Ostern 1751 nach Berlin. Er arbeitete bei dem Hofbuchdrucker Christian Friedrich Henning (verlegte Karl Philipp Emanuel Bach: Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen, 1753; fertigte den Satz von Voltaires Siècle de Louis XIV), dann bei dem Buchdrucker Christian Ludwig Kunst, schließlich in der Akademischen Buchdruckerei (in der Wallstraße, 1762 fünf Pressen) des Oberhofbuchdruckers Jean Grynaeus, dessen Tochter Dorothea Louise Grynaeus er 1755 heiratete. Seine Schwiegermutter, die verwitwete Katharina Louisa Grynaeus, nahm ihn 1756 als Teilhaber in die Buchdruckerei (Grynaeus & Decker) auf, in deren alleinigen Besitz er nach ihrem Tod 1763 kam. Decker erwarb 1757 das Berliner Bürgerrecht sowie die Mitgliedschaft in der französischen Kolonie. Er verband Energie und berufliches Können mit Weltgewandtheit und politischem Gespür. Sein Aufstieg begann im Siebenjährigen Krieg 1758 mit zwei Flugschriften gegen die Gegner Preußens ([Johann Heinrich Gottlob]? Justi: Rechnung ohne Wirth, oder das eroberte Sachsen, Rentmeister Grüne: Ernsthaftes und vertrauliches Bauerngespräch, in brandenburgischem Niederdeutsch, mit großen Erfolg, 12 Fortsetzungen, druckte 15 000 Exemplare). Friedrich II. erteilte Decker wichtige Aufträge und verlieh ihm bedeutende Auszeichnungen: 1) 1763 die Direktion der typographischen Anstalt (Druckerei) für das kgl. Lotto, deren fünf Pressen im Gartensaal des Finckensteinschen Palais in der Wilhelmstraße standen; Faktor war sein Schwager Simon Kaspar Reinhard Grynaeus († 23.8.1781); 2) den Titel kgl. Hofbuchdrucker, dessen Rechte nach dem Tod des Hofbuchdruckers Henning auf ihn übergingen, der Titel wurde 1769 in der Familie erblich; 3) den Druck aller kgl. Arbeiten; 4) 1769 den Nachdruck aller im Ausland erschienenen, durch kein Spezialprivileg geschützten französischen Bücher. Decker nahm 1769 Werke für eigene Rechnung in Verlag. Er besaß Niederlagen in Mannheim, Frankfurt am Main, Basel, Halle (Saale), wo er ab 1772 Formulare und Accidenzien druckte, Wittenberg, Potsdam (bei dem Buchdrucker Sommer). Zudem eröffnete er einen umfangreichen Buchhandel, besuchte Jahr für Jahr die Messen in Leipzig, wo er bei dem Verlagsbuchdrucker Bernhard Christoph Breitkopf (1695–1777) Quartier nahm. In seinem Unternehmen arbeiteten 1772 25 Setzer und Drucker, 1782 31 Setzer und Drucker, 1783 in Schriftgießerei und Druckerei 50 Arbeiter, 1788 47 Setzer und Drucker. Der Berliner Arzt und Enzyklopädist Johann Georg Krünitz (1728-1796) stand 1776-1784 als Korrektor in seinen Diensten. Friedrich Wilhelm II. verlieh 1787 ihm und → Christian Friedrich Voß (1724-1795) das kgl. Privileg zu Druck und Verlag der Werke Friedrichs II. (Œvres Posthumes de Frédéric II Roi de Prusse, 1788). Die Offizin mit zehn Pressen befand sich im Stadtschloß über dem Schloßportal. Herausgeber war → Johann Christoph v. Wöllner, Faktor → Johann Heinrich Wilhelm Dieterici. Bis 1789 erschienen 25 Bände der