Gesammelte Werke von Xenophon. Xenophon. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Xenophon
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 4064066498634
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uns thun, wenn er unsere Anstalten zum Dableiben sähe. Allein ich befürchte, wenn wir einmal mit der Unthätigkeit, dem Ueberflusse und den großen35 schönen Frauen und Mädchen der Meder und Perser bekannt wären, wir möchten wie die, welche vom Lotos aßen,36 die Heimreise vergessen. Ich halte daher den Versuch für recht und billig, zuvörderst nach Griechenland und zu unsern Familien zurückzukehren, und den Griechen zu zeigen, daß sie aus eigner Schuld arm sind, da es ihnen doch frei stünde, diejenigen ihrer Mitbürger, die jetzt in ihrer Heimat ohne Vermögen leben, hierhergehen und wohlhabende Leute werden zu lassen; denn alle diese Güter, Soldaten, sind ohne Zweifel eine Beute dessen, der ihre Besitzer überwältigt. Noch müssen wir jetzt über die sicherste Anordnung unseres Marsches und über die wirksamsten Maßregeln für eine etwaige Schlacht sprechen. Was den Marsch anbetrifft, so schlage ich vor, unsere Proviantwagen zu verbrennen, damit wir, unabhängig vom Troß, den Marsch nach dem Vortheil der Armee einrichten können. Auch die Zelte laßt uns verbrennen; sie sind schwer fortzubringen, und haben weder für die Schlacht noch für den Proviant Nutzen. Von den übrigen Geräthschaften können wir alles Ueberflüssige wegthun und nur das behalten, was unmittelbar für den Krieg oder für Speisen und Getränke brauchbar ist, damit nur eine sehr kleine Abtheilung sich mit dem Gepäcke befassen darf, während die ganze übrige Mannschaft zum Schlagen bereit ist; denn die Habe der Ueberwundenen kommt ja doch, wie ihr wißt, in fremde Hände, und siegen wir, so müssen wir die Feinde für unsere Lastträger ansehen. Noch habe ich von einem Gegenstande zu reden, der, meines Erachtens, der wichtigste ist: die Feinde wagten es, wie ihr seht, nicht eher, uns zu bekriegen, bis sie sich unserer Heerführer bemächtigt hatten. Da sie uns nämlich unter einer gehörigen Anführung für stark genug hielten, den Sieg zu erkämpfen, so suchten sie uns durch jene That in Verwirrung und durch diese ins Verderben zu stürzen. Die jetzigen Anführer müssen daher in ihrem Commando noch weit sorgfältiger sein als ihre Vorgänger, so wie es auch den Soldaten obliegt, in Hinsicht auf Ordnung und Gehorsam gegen ihre Vorgesetzten sich weit musterhafter als vorher zu betragen. Die Erwartung der Feinde könnte nicht besser vereitelt werden, als wenn ihr es zum Gesetz machtet, daß allemal derjenige von euch, der zugegen ist, wenn sich ein Soldat widersetzlich bezeigt, dem Befehlshaber in der Bestrafung desselben beistehen müßte. Von diesem Zeitpunkte an würden sie statt eines Klearch zehntausend vor sich sehen, die sämmtlich kein pflichtwidriges Betragen duldeten. Doch es ist Zeit, zu handeln, denn bald vielleicht ist der Feind da. Bestätiget also aufs Eiligste diejenigen Vorschläge, die euren Beifall haben, um sie zur Ausführung zu bringen. Weiß aber Jemand, sei es auch ein Gemeiner, einen bessern Rath zu geben, als diesen, so theile er ihn ohne Bedenken mit, denn die Sache betrifft unsere gemeinschaftliche Rettung.«

      Hierauf sagte Chirisophus: »Wenn noch etwas außer dem, was Xenophon vorgeschlagen hat, nöthig sein sollte, so können wir ja an Ort und Stelle handeln; in Hinsicht auf seine jetzigen Vorschläge halte ich es für das Beste, sie sogleich zu bestätigen. Wer eben so denkt, hebe die Hand auf.« Sie Alle thaten es.

      Xenophon stand wieder auf und sagte: »Hört, Waffengenossen, worauf wir uns, meines Erachtens, gefaßt zu machen haben. Natürlich müssen wir unsern Marsch dahin richten, wo wir Lebensmittel finden. Nun höre ich, daß nicht weiter als zwanzig Stadien von hier schöne Dörfer liegen. Wenn uns nun die Feinde, gleich furchtsamen Hunden, die den Vorübergehenden nachspringen, und sie, wo möglich auch beißen, vor denen aber fliehen, die ihnen nachlaufen, bei unserm Abzuge verfolgten, so wäre das ganz in der Regel. Es wird also vielleicht für unsere Sicherheit am Besten sein, im Viereck zu marschiren, um die Bagage und den ganzen Troß desto besser zu decken. Bestimmen wir nun zugleich, wer als Oberbefehlshaber die Front, wer die Flanken, wer den Nachzug commandiren soll, so haben wir den Vortheil, bei dem Anrücken des Feindes, ohne erst zu berathschlagen, sogleich die Truppen gehörig anführen zu können. Unmaßgeblich schlage ich also vor, dem Chirisophus, als einem Lacedämonier, den Oberbefehl, das Commando der Flanken den zwei ältesten, der Nachhut den zwei jüngsten Heerführern, vor der Hand mir und dem Timasion zu ertheilen.37 Uebrigens können wir immer, wenn wir diese Marschordnung versucht haben, die den Umständen angemessensten Maßregeln ergreifen. Weiß Jemand besser zu rathen, der rede.« Alle schwiegen und er fuhr fort: »Wer meinen Vorschlag genehmigt, hebe die Hand auf.« Es geschah allgemein. »So laßt uns jetzt,« sagte er, »aufbrechen und unsere Beschlüsse verwirklichen. Wer nun von euch die Seinigen wieder zu sehen wünscht, der sei ein braver Soldat, denn nur dieser wird seinen Zweck erreichen. Wer sein Leben liebt, ringe nach Sieg, denn nur die Ueberwundenen trifft der Tod durch die Hände des Siegers. Wünscht Jemand sich Reichthum, so suche er ihn zu erkämpfen: denn nur die Ueberwinder vermehren ihre Habe mit dem Eigenthum der Besiegten!«

      3.

       Inhaltsverzeichnis

      Nach diesen Beschlüssen gingen die Griechen auseinander und steckten die Proviantwagen und Zelte in Brand, die entbehrlichen Geräthschaften warfen sie ins Feuer, nachdem sie davon Einer dem Andern das Nöthige mitgetheilt hatten. Während der Mahlzeit, die sie hierauf hielten, kam Mithridates mit ungefähr dreihundert Mann Reiterei, ließ die Heerführer herbeirufen und sagte: »Griechen, ihr wißt es, ich war dem Cyrus treu, und auch meine jetzigen Gesinnungen gegen euch sind freundschaftlich; denn ich wage viel, indem ich hierher komme. Wenn ich nun wüßte, daß ihr einen vortheilhaften Plan entworfen hättet, so ginge ich zu euch mit allen meinen Leuten über. Theilt mir also, mir, eurem aufrichtigen Freunde, der mit euch zu ziehen wünscht, eure Absichten mit.« Die Heerführer vereinigten sich über folgende Antwort, die Chirisophus vortrug: »Wir haben beschlossen, wenn man uns ruhig nach Hause ziehen läßt, auf unserm Marsche dem Lande so wenig als möglich beschwerlich zu fallen; denjenigen aber, der sich uns entgegenstellen wird, werden wir nach allen Kräften bekämpfen.« Hierauf suchte Mithridates zu zeigen, daß ohne den Willen des Königs keine Rettung denkbar sei. Diese Aeußerung aber enthüllte seine verdächtige Absicht, und zwar um so mehr, da auch einer von den Vertrauten des Tissaphernes, um ihn zu beobachten, bei ihm war. Und nun glaubten die Heerführer keinen bessern Entschluß fassen zu können, als den Krieg ununterbrochen fortzusetzen, so lange sie sich auf feindlichem Boden befänden, zumal, da diese Unterhändler zu den Soldaten gingen, und sie aufzuwiegeln suchten. Und Nikarchus aus Arkadien, ein Hauptmann, hatte sich wirklich von ihnen hinreißen lassen, denn er entfloh bei Nacht mit zwanzig Mann.

      Nach der Mahlzeit gingen sie über den Zabatus. Sie marschirten in Schlachtordnung und hatten die Packpferde und den Troß in ihre Mitte genommen. Sie waren aber noch nicht weit vorgerückt, als Mithridates sich wieder sehen ließ. Er kam an der Spitze von zweihundert Reitern und eines sehr leichten und gewandten Corps von Bogenschützen und Schleuderern, dem Anschein nach in friedlicher Absicht auf die Griechen zu. Als er aber nahe genug war, fingen seine Truppen zu Roß und Fuß auf einmal an zu schießen und zu schleudern. Der griechische Nachtrab litt stark, ohne etwas dagegen thun zu können; denn die Kretenser schossen kürzer, als die persischen Bogenschützen und zogen sich sogleich, da keine Rüstung sie deckte, hinter die Hopliten zurück; auch mit Wurfspießen konnte man die Schleuderer nicht erreichen. Nun ließ Xenophon, der einen Angriff für nothwendig hielt, die Hopliten und Peltasten, die er im Nachzuge bei sich hatte, auf den Feind losgehen. Aber ohne Erfolg; auch nicht einer von den Feinden wurde gefangen, denn die Griechen hatten keine Reiterei, und das Fußvolk konnte die weit vor ihm fliehenden Fußgänger des Feindes nicht einholen, zumal da es ihnen, um sich nicht sehr von der Hauptarmee zu entfernen, nicht weit nachsetzen konnte. Die persische Reiterei that auch im Fliehen ihrem Feinde noch Abbruch, indem sie die Pfeile rückwärts schoß; die Griechen aber mußten sich eben so weit, als sie vorgedrungen waren, unter beständigem Gefechte wieder zurückziehen. Dies verzögerte ihren Marsch so sehr, daß sie den ganzen Tag nicht mehr als fünfundzwanzig Stadien zurücklegten und erst gegen Abend die Dörfer erreichten. Hier erneuerte sich die Muthlosigkeit. Chirisophus und die ältesten Heerführer machten dem Xenophon Vorwürfe, daß er sich durch eine von der Armee entfernte Verfolgung der Gefahr ausgesetzt habe, ohne dem Feinde schaden zu können. Xenophon erwiderte hierauf: »Ich verdiene euren Tadel, und der Erfolg rechtfertigt ihn. Aber die Wahrnehmung des Verlustes, den wir auf unserm Posten litten, ohne ihn erwiedern zu können, nöthigte mich zum Angriff. Dieser mißglückte nun allerdings so, wie ihr sagt: ohne dem Feinde Abbruch