„Ich sehe keine Möglichkeit..
Das Telefon auf Cabots Schreibtisch schlug erneut an. Der Frachtunternehmer griff nach dem Hörer. „Cabot.“
Am anderen Ende der Leitung war seine Sekretärin. „Ihre Maschine nach Chicago, Mister Cabot. Sie müssen sich beeilen, sonst erreichen Sie sie nicht mehr.“
„Ja, ja, ich bin schon unterwegs. Haben Sie mir sämtliche Unterlagen eingepackt, die ich in Chicago benötige?“
„Es befindet sich alles in Ihrem Aktenkoffer.“
„Gut“, sagte Errol Cabot und legte auf. Er wandte sich an den Fuhrparkleiter. Seine Augen verengten sich. Er tippte mit dem Zeigefinger gegen Tennessee Brooks’ Brustbein und sagte: „Ich weiß, wie man mit diesen Bastarden fertigwird, mein Lieber, und ich werde das gleich nach meiner Rückkehr in Angriff nehmen.“ Ich werde den besten Privatdetektiv New Yorks engagieren, dachte er. Ich werde mich an Bount Reiniger um Hilfe wenden. Bount Reiniger wird der Bande gehörig einheizen.
Cabot dachte das, aber er sprach es nicht aus. Er wollte zu niemandem über seinen Plan sprechen, damit seine Absichten nirgendwo durchsickern konnten. Er vertraute Brooks zwar, aber der Fuhrparkleiter konnte irgendwo ein Wort fallen lassen, das ein Ohr erreichte, für das es nicht bestimmt war.
Es war besser, wenn die Angelegenheit eine Sache zwischen ihm, Errol Cabot, und Bount Reiniger blieb. So konnte der Detektiv am effektvollsten arbeiten.
4
Der nächste Überfall ließ nicht lange auf sich warten. Die Gangster wurden rührig. Und wiederum sollte es ein Truck aus der Flotte Errol Cabots treffen.
Paul Carson sollte Geigerzähler nach New Jersey bringen.
Es war Abend.
Carson, ein bulliger, rothaariger Mann in Jeans und blau-weiß kariertem Hemd, stoppte lächelnd den schweren Brummer. Das dunkelhaarige Mädchen, das er mitgenommen hatte, raffte seine Siebensachen zusammen. Auch eine Gitarre gehörte zu ihren Habseligkeiten.
„Da wären wir“, sagte Carson.
„Vielen Dank fürs Mitnehmen.“
„Habe ich gern getan. Geben Sie auf Ihre Gitarre acht.“
„Die ist ohnedies schon total verstimmt. Außerdem kann ich gar nicht darauf spielen.“
„Warum um alles in der Welt schleppen Sie sie dann mit sich herum?“
„Weil sie ein Erbstück meiner Mutter ist. Ich kann mich nicht davon trennen.“
Die Kleine hatte ihm viel erzählt. Unter anderem, dass ihre Mutter vor zwei Wochen gestorben war und dass sie nun zu einem Onkel wollte, der hier irgendwo in der Gegend wohnen sollte. Seine genaue Adresse kannte sie nicht, und sie wusste auch nicht, ob er sie bei sich aufnehmen würde. Wenn nicht, würde sie weitertrampen. Irgendwohin.
„Ich wünsche Ihnen viel Glück für die Suche“, sagte Carson.
„Danke. Ich wollte, mein Onkel wäre wie Sie. Dann wüsste ich mit Sicherheit, dass er mich nicht fortschickt.“
„Ich drücke Ihnen die Daumen“, sagte Carson,
„Das kann nicht schaden“, erwiderte das Mädchen und warf die Truck-Tür zu.
Paul Carson fuhr weiter. Er sah das Mädchen noch eine Weile im Rückspiegel. Dann verschwand sie. „Armes Ding“, brummte Carson. Er konnte sich in ihre Lage versetzen. Nach dem Tod der Mutter hatte sie plötzlich keinen Halt mehr, fühlte sich verloren und suchte nach einer neuen Stütze, die sie hoffentlich in ihrem Onkel finden würde.
Carson war mit den Gedanken immer noch bei dem Mädchen, als sich aus einem Seitenweg plötzlich ein kleiner Lastwagen schob.
„Ist denn der von allen guten Geistern verlassen?“, schrie Carson zornig. Er drehte am Servolenkrad und trat gleichzeitig kräftig auf die Bremse.
Der schwere Truck stand innerhalb kürzester Zeit. Carson war ein Choleriker. Rücksichtslose Fahrer brachten ihn schnell auf hundert. Er stieß augenblicklich die Tür auf und sprang aus dem Wagen.
„Sag mal, du bist wohl vom wilden Affen gebissen!“, schrie er.
Der kleine Lastwagen war nicht nur aus dem Seitenweg herausgerollt, er hatte auch noch quer über beide Fährbahnstreifen angehalten. Carson dachte, der Fahrer hätte das vor lauter Schreck getan.
Er wollte sich den Burschen kaufen. Zornig riss er die Tür auf. Verblüfft stellte er fest, dass niemand hinter dem Steuer saß. Die Tür auf der anderen Seite stand offen.
Das bedeutete für Paul Carson, dass der Fahrer den Kopf verloren hatte und davongelaufen war. Aber er irrte sich. Plötzlich waren Schritte hinter ihm. Er wirbelte herum - und sah drei „Greise“, die ihn mit Maschinenpistolen bedrohten!
Carson kehrte zu seinem Truck zurück. Die Maskierten ließen es geschehen. Vor der offenen Tür blieb er stehen. Langsam hob er die Hände, ohne von den drei „alten Männern“ dazu auf gefordert worden zu sein. „Ach, so ist das also!“, knirschte er.
„Ja, so ist das“, spottete einer der Maskierten.
„Ihr wollt mir meinen Truck wegnehmen!“
„Das wollen wir nicht nur, das werden wir auch tun.“
„Ich kriege euretwegen Schwierigkeiten!“
„Bestimmt nicht. Du bist nicht der Erste, dem das passiert.“
„Ich habe mir geschworen, so etwas nicht zuzulassen, wenn ich in diese Lage geraten sollte.“
Einer der Gangster lachte. „Tu was dagegen. Dann bist du ein toter Mann. Wir würden nicht zögern, dich mit Blei vollzupumpen.“
Es kochte in Carson. Er wusste, dass dies keine leere Drohung war, aber er war so wütend, dass er sich kaum noch beherrschen konnte. Verdammt, nein, diese Banditen sollten seinen Truck nicht kriegen!
„Umdrehen!“, kam der Befehl.
„Ihr Schweine! Ihr verdammten Schweine!“, knirschte Paul Carson. „Ihr fühlt euch stark, weil ihr bewaffnet seid. Legt die MPis weg, dann schlage ich euch allen dreien die Schädel blutig!“
„Halt die Klappe, Großmaul, und dreh dich um!“
Carson machte eine halbe Drehung. Dann schnellte er zurück. Damit hatten die weißhaarigen „Greise“ nicht gerechnet. Ein Tritt entwaffnete einen der Gangster. Ein Faustschlag beförderte den zweiten Verbrecher mehrere Schritte zurück.
Der dritte wollte schießen. Carson packte die MPi. Sie kämpften verbissen darum. Carson schlug immer wieder zu. Der Gangster sah bei dieser Auseinandersetzung nicht gut aus.
Seine Maske verrutschte. Carson packte sie und riss sie ihm vom Gesicht. Im selben Moment weiteten sich seine Augen. „Du?“, sagte der Truck-Driver verstört. Da erhielt er einen Schlag mit dem MPi-Kolben. Er löste sich von dem Demaskierten und wankte mit schmerzverzerrtem Gesicht einen Schritt zurück.
Der Gangster richtete eiskalt seine Waffe auf den Truck-Driver und zog den Stecher durch. Aus nächster Nähe traf die Garbe.
Wie ein gefällter Baum brach Carson zusammen. Die Gangster kümmerten sich nicht weiter um ihn. Sie ließen ihn mitten auf der Straße liegen, fuhren das Hindernis zur Seite und suchten mit dem Truck das Weite.
5
June March streckte ihre blonde Löwenmähne zur Tür herein. „Guten Morgen, Chef.“
„Das wird sich erst herausstellen, ob es ein guter Morgen ist“, gab Bount Reiniger brummig zurück. Er warf eine Alka-Seltzer-Tablette ins gefüllte Wasserglas.
„Was