Kinder leben in einer Spiel- und Wunderwelt. Darin ist alles möglich und jedes Thema wird mit spielerischer Leichtigkeit angegangen. Aus der Verhaltensforschung mit Tieren weiß man, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen Intelligenz und Spiel gibt. Je intelligenter ein Tier ist, desto ausgeprägter ist sein Spieltrieb entwickelt. Weil wir in unserer westlichen Kultur so sehr gelernt haben, dass im Leben Erfolg und Lernen nur über Anstrengung und Kampf möglich sind, unterschätzen wir die Bedeutung des Spiels meist massiv. In unserer üblichen Wertung nehmen wir eine ganz klare Trennung zwischen Arbeiten oder Lernen und Spielen vor, wobei das Spiel in seiner Bedeutung gegenüber den anderen beiden Begriffen meist weit zurückliegt. Aber für das Kind gibt es keine Trennung zwischen Lernen, Spielen und Arbeiten. Im kindlichen Erleben ist es ein und dasselbe. Der amerikanische Autor Joseph Chilton Pearce geht sogar davon aus, dass das Spiel die einzig wirklich optimale Lernsituation für Kinder darstellt. Beim Spielen erlebt sich das Kind als nicht getrennt von seinem Handeln und seiner Umwelt. Es steht dabei mitten im Fluss des Lebens und ist ein ungetrennter Teil dieses Flusses. Wenn ein Kind so in ein Spiel eintaucht, dann nennt man diesen Zustand „Flow“.
Flow
„Wir alle beginnen das Leben als Spielende.“
Lynda Sexson
Kinder, die ganz in ihrem Spiel aufgehen, sind glücklich. Das ist das ursprüngliche Glück. Sie tauchen ganz ein in diesen Moment und erleben sich, wie schon erwähnt, als eins mit der Tätigkeit. Flow ist ein Zustand der absoluten Konzentration und der ungeteilten Aufmerksamkeit, ein komplettes Aufgehen im aktuellen Tätigsein.
Flow-Zustände sind für die gesamte Entwicklung und das Wohlbefinden eines Kindes von absolut zentraler Bedeutung. Durch die ungeteilte Aufmerksamkeit und die totale Präsenz lernen Kinder im Flow nicht nur sehr schnell, sondern auch mühelos. Der Zustand des Flows bietet die optimale, ganzheitliche Lernsituation. Alle grundlegenden Entwicklungsbereiche wie Sensomotorik, Grob- und Feinmotorik, Wahrnehmung, Sprache, Kognition und Sozial- sowie Konfliktverhalten werden im Spiel „ganz nebenbei“ erlernt und entwickelt. Flow-Erfahrungen bieten Lernsituationen, in denen Gedanken, Gefühle und Handlungen ganz auf eine bestimmte Aktivität gerichtet sind. Auch ist der Flow-Zustand die beste Voraussetzung für das Abrufen von Gedächtnisinhalten. Aber Flow-Erfahrungen sind nicht nur für die frühe Entwicklung von Kindern von elementarer Bedeutung, sondern für das gesamte Leben, in jeder Lebenssituation, bei allen Arten von Tätigkeiten und Handlungen, für das Erbringen von Höchstleistungen in der Arbeit, für Wissenschaftler, Sportler, Künstler, Handwerker und alle anderen.
Im Flow geht es aber keineswegs um ein passives Konsumieren, sondern vielmehr um ein sehr intensives Tätigsein mit dem Einsatz aller inneren Kräfte und der gesamten Aufmerksamkeit. Sogar Tätigkeiten, die mit schwerer körperlicher Anstrengung (wie beispielsweise im Sport) oder mit einer hochdisziplinierten geistigen Aktivität einhergehen, können im Flow in völliger Entspannung, freudvoll und ganz mühelos erlebt werden. Im Flow ist aber ein Mensch nicht nur im höchsten Maße leistungs- und lernfähig, sondern eben auch noch glücklich, weil er sich als eins mit seiner Tätigkeit und allem Sein erlebt.
Voraussetzungen für Flow bei Kindern
„Spielende Kinder sind lebendig gewordene Freuden.“
Friedrich Hebbel
Wenn die Grundbedürfnisse eines Kindes erfüllt sind, dann spielt es. Das heißt, dann erkundet es aktiv die Welt. Ein Kind braucht also, um in den optimalen Lernzustand des Flows zu kommen, im Prinzip nur den „sicheren Hafen“ einer liebevollen und feinfühligen Bezugsperson. Es braucht ein positives emotionales Umfeld, durch das seine Grundbedürfnisse nach Verbundenheit, Respekt, Wärme, Schutz, Zugehörigkeit und Geborgenheit erfüllt werden.
Nur wenn sich Kinder wirklich wohl, geborgen und sicher fühlen, können sie sich so weit auf ein Spiel einlassen, dass sie in den Flow kommen. Nur dann können sie sich einer Sache mit ihrer gesamten entspannten Aufmerksamkeit zuwenden. Deshalb macht es auch Sinn, dass Institutionen wie Kitas, Kindergärten, aber auch Schulen den Kindern eine Eingewöhnungszeit geben, damit sie zu den Erziehern und Lehrpersonen eine sichere Bindung aufbauen können, bevor sie ohne ihre Eltern dort bleiben.
Wenn das gegeben ist, dann wird ein Kind von sich aus beginnen, die Umwelt zu erkunden – also lernen zu wollen. Diese Umwelt sollte kindgerecht und anregend sein sowie möglichst viel Raum für eigenes Erforschen und Entdecken bieten. Wenn ein Kind in seinem Herzen bedingungslose Verbundenheit (Einheitsrealität) spürt, dann will es die äußere Welt spielend entdecken und erforschen. Antrieb ist dabei die angeborene Neugierde. Jedes Kind will also lernen!
Spiel und Flow bei Erwachsenen
„Menschen sind dann am glücklichsten,
wenn sie das tun, was sie am besten können.“
Mihaly Csikszentmihalyi
Auch wir Erwachsenen können den Flow-Zustand erleben, wenngleich dies bei den meisten Erwachsenen viel seltener und weniger mühelos geschieht als bei Kindern. Aber dennoch kennen viele Hochleistungssportler, Wissenschaftler, Musiker und andere Menschen, deren Leben von Höchstleistungen geprägt ist, diesen Flow-Zustand (oft auch „Zone“ genannt). Die Flow-Zustände von Spitzensportlern, Profimusikern und auch Wissenschaftlern sind sehr gut erforscht und weisen unter anderem folgende Merkmale auf:
Erhöhte Leistungsfähigkeit, hohe Konzentration, gesteigerte Lernfähigkeit und eine ideale Mischung aus Gelassenheit, entspannter Wachheit, innerer Klarheit, Engagement und Dynamik. Im Flow arbeiten alle, auch weit auseinanderliegende Hirnregionen ideal zusammen (hohe Kohärenz). Das Gehirn schwingt im Gleichtakt und weist dabei eine verstärkte Durchlässigkeit für kreative Ideen auf.
Die hohe Kohärenz des Gehirns bewirkt einen positiven emotionalen Zustand (Glücks- und Hochgefühle), denn es werden durch die Kohärenz körpereigene Endorphine ausgeschüttet. Ein Mensch, der im Flow ist, erlebt seine Tätigkeit als freudvoll und erfüllend, er ist im Einklang mit sich und der Umwelt.
Es gibt eine große Offenheit für spontan auftauchende Problemlösungen.
Wenn Menschen intrinsisch motiviert sind, dann handeln sie nicht aus Angst vor Strafe oder weil sie sich eine Belohnung erhoffen, sondern in erster Linie aus Interesse, Begeisterung und freiwilligem Engagement. Das heißt intrinsisch motivierte Menschen sind in jedem Unternehmen, jedem Team und jedem Projekt die Aktivposten, welche auch andere Menschen begeistern und bewegen können.
Dr. Gerhard Huhn drückt das wie folgt aus: „Wenn Mitarbeiter aus einer inneren Begeisterung heraus arbeiten, um Flow-Erfahrungen zu machen, stellen diese Mitarbeiter gegenüber lethargischen oder gar apathischen Personen einen unschätzbaren Vorteil für ein Unternehmen dar. Abgesehen von der weitaus höheren Leistungsbereitschaft und der gewinnenden Ausstrahlung auf potenzielle Kunden und Mitarbeiter sorgt das unmittelbare Interesse des einzelnen Mitarbeiters an der Verbesserung seiner Effektivität für genau die kontinuierlichen Verbesserungsprozesse, um die mit anderen Mitteln oft vergeblich gerungen wird.“
Im Flow werden Höchstleistungen mit einem Gefühl der Leichtigkeit und Freude erbracht, mit anschließender tiefer Erfüllung, die sich aus dem sinnerfüllten und beglückenden Tun heraus ergibt. Dabei geht es aber nicht nur darum, dass das Erreichen des Ziels einer Handlung Spaß macht, sondern das Handeln selbst ist bereits erfüllend und beglückend.
Flow-Erfahrungen sind energetisierend und harmonisierend. Im Flow sind Kopf, Herz und Körper miteinander verbunden. Für uns spielen weder die Zeit noch wir selbst eine Rolle und das Handeln geht mühelos vonstatten. Durch die Vertiefung in eine Tätigkeit treten allgemein