Wird diese Frage mit JA beantwortet, folgt:
Stufe 3: Die Verlobung
Man hat sich also füreinander entschieden. Hochzeitsplanung in Form von offiziellen Läufen, deren Distanzen immer länger werden. Erst 5, dann 10 Kilometer. Irgendwann ein Halbmarathon.
Man ist wieder wie neu verliebt, beschäftigt sich intensiver und eindringlicher als je zuvor miteinander. Die Hochzeit rückt näher. Das Highlight des Läuferlebens – Traum eines jeden Läufers. Ehrfürchtig und spannungsgeladen fiebert man auf den vermeintlich schönsten Tag des Lebens hin.
Stufe 4: Die Hochzeit
Ehe man sich’s versieht, steht man mit tausend anderen Heiratswütigen am Eingang des Trausaals, zählt gemeinsam zum Startschuss herunter und tritt den 42,195 Kilometer langen Gang zum Altar an.
Schwere Beine, letzte Zweifel, für die es eigentlich zu spät ist. Ab Kilometer 30 kommen die Schwiegereltern mit dem Hammer dazu. Die 12 längsten Kilometer des Lebens beginnen.
Man ist wirr, fühlt sich benommen. Doch dann, plötzlich und trotz aller Vorbereitung doch so unerwartet, baumelt die Finisher-Medaille um den Hals. Man hat es geschafft. Ein Bund fürs Leben ist geschlossen. Ewige Liebe, in guten wie in schlechten Zeiten.
Ein Fest. Man möchte die ganze Welt umarmen, es allen mitteilen! Es ist tatsächlich geschafft, es ist vollbracht.
An alle Genussläufer, die keine offiziellen Läufe bestreiten: Das ist total in Ordnung, man muss nicht heiraten! Ein glückliches Zusammenleben läuft oft sogar harmonischer und definitiv stressfreier ab.
Stufe 4.1: Die Hochzeitsnacht
Darüber wird nicht gesprochen. Fakt ist nur: Sie muss verdammt anstrengend sein, denn an den darauffolgenden Tagen können Braut oder Bräutigam nicht mehr aufrecht gehen.
Aber wie heißt es doch so schön: Der Schmerz geht, der Stolz bleibt.
Stufe 5: Die Ehekrise
Vorab: Sie sind normal und gehören zu jeder guten Ehe.
Es gibt meines Erachtens drei Arten der Ehekrise:
1. | Man ist plötzlich wie besessen vom Heiraten und möchte es wieder, diesmal aber SCHNELLER tun. |
2. | Man ist plötzlich wie besessen vom Heiraten und möchte es wieder, diesmal aber LÄNGER tun. In diesem Falle wird der Mittelname »Ultra« ergänzt. |
3. | Man fand die Hochzeit so schrecklich, dass man den Partner verlässt. Das trifft jedoch auf maximal 1 % der Läufer zu. |
Diese Krisen kosten viel Verständnis, Nerven und intensive Pflege der Beziehung.
Also gebt euch Mühe – sie ist es auf jeden Fall wert!
Stufe 5.1: Das Fremdgehen
Eine heikle Angelegenheit. Die Verlockungen der Sportwelt sind groß. Grundsätzlich erhebe ich meinen Zeigefinger und mahne zur Treue, dennoch kann die eine oder andere Affäre mit einem Ausgleichssport die Beziehung beleben und durchaus förderlich für die gemeinsame Zukunft sein.
Ich wünsche an dieser Stelle allen Verliebten, Verlobten und Verheirateten viel Spaß mit ihrem Partner und ganz viel »happily ever after«.
Ein Hoch auf die Laufpartnerschaft
Neue Etappe, neues Liebesglück – oder so ähnlich. Ja, denn wieder geht es um das wohl meistberedete Thema der Welt, diesmal allerdings um eine ganz besonders ehrliche Form davon: die Laufpartnerschaft.
Eine außergewöhnliche Verbindung zwischen zwei oder mehreren Menschen, die auf Schweiß und Aufrichtigkeit beruht und über die einfach viel zu selten geredet wird. Deswegen möchte ich ihr nun diesen Teil meines Buches widmen:
Im Englischen gibt es das Sprichwort »Two heads are better than one« (dt.: Zwei Köpfe können mehr als einer).
Ich sehe das so: Vier Beine sind – oftmals – besser als zwei!
Ein paar Beispiele
Morgens um 6 Uhr. Ich bin gerade aus dem Bett gerollt, habe mir mit Mühe und Not die Zähne geputzt, den Schlafanzug gegen Laufklamotten getauscht und bin zum Treffpunkt geeilt.
Verschlafen umarmen meine Freundin Alisa und ich uns, lachen und stellen jedes Mal aufs Neue fest, wie verrückt wir doch sind – unser bereits fest etabliertes morgendliches »Pre-Run-Ritual«.
Dann geht es los. Schritt um Schritt arbeiten wir uns im angenehmen Schweigen durch die Dunkelheit, werden langsam wach, gemeinsam und doch jeder für sich. Ohne die Verabredung wäre wohl keine von uns um 5:30 Uhr aufgestanden und laufen gegangen.
Die ersten Schweißtropfen treten auf meine Stirn und der Atem klingt angestrengt. Kein guter Morgen zum Laufen, stelle ich fest. Zu wenig Schlaf. Ich überlege, wie wir unsere Runde verkürzen könnten, als Alisa das Gespräch beginnt.
Wir reden über Gott und die Welt und vergessen plötzlich, dass wir laufen, dass es – zumindest gefühlt – mitten in der Nacht ist und dass wir beide beim Klingeln des Weckers noch gar keine Lust zum Laufen hatten.
Nach 10 Kilometern liegen wir uns wieder in den Armen, nun verschwitzt, überglücklich und hungrig.
Zwischen uns schweben endlose Gefühle, die nicht ausgesprochen werden müssen. Laufpartnerschaften sind Freundschaften, die aus Leidenschaft, Hingabe und gemeinsamen Zielen hervorgehen, stetig wachsend durch gemeinsame Endorphinausschüttungen, Tränen und Schweiß. Laufpartner sind Helden der Strecke, die unseren inneren Schweinehund einschüchtern und somit zu neuen Bestleistungen verhelfen. Sie ermutigen uns weiterzumachen, wenn wir aufgeben wollen und meinen, nichts ginge mehr.
Ich denke da an meine Freundin Andrea, mit der ich den Polarkreis in Schweden überquert habe, und das blinde Vertrauen, welches wir uns in dieser Extremsituation entgegengebracht haben. Ihre sportliche Größe, ihr eigenes Leistungspotenzial wegen meiner Verletzung zurückzustellen (darüber werdet ihr in Kapitel 4 noch ausführlich lesen).
Ich denke an das Bahntraining mit Freunden, die mich in neue Geschwindigkeitsdimensionen heben …
Lauffreundschaft, ein Geben und Nehmen ohne aufzuwiegen, ein Erfreuen an gegenseitiger Möglichkeitssteigerung und Akzeptieren von unterschiedlichen Leistungsniveaus.
Jeden Mittwoch, wenn sich in München zwischen vierzig und sechzig Läufer zusammenfinden (bekannt als URBAN RUNNERS MUNICH), um gemeinsam – unabhängig von Zielen, Distanz- und Geschwindigkeitsempfinden – den für sie schönsten Sport der Welt zu zelebrieren, wird mir erneut bewusst, dass die Beziehung zwischen Läufern einfach etwas ganz Wunderbares und unglaublich Ehrliches ist.
Eine Beziehung ohne Make-up, ohne Bewertung des Erscheinungsbildes. Zu oft hat man sich gegenseitig mit hochrotem Kopf gesehen, mit laufender Nase und verschmierter Mascara.
Gemeinsam ist man stärker, gemeinsam lacht und weint es sich besser! Gemeinsam sind Erinnerungen lebendiger und Emotionen intensiver!
Laufen ist schön, dennoch sollten wir die Bäume im Wald lassen
Auf den ersten Seiten habt ihr sehr viel über die positiven Effekte des Laufens gelesen. Doch neben all den wunderbaren Dingen, die der Laufsport mit sich bringt, gibt es – aus meiner Sicht – den einen oder anderen Kritikpunkt:
Laufen ist weitaus mehr als ein Sport: Entspannung, Emotionen, Herausforderung, Bestätigung. Ein Lifestyle.
Was einst kleine Parkrunden im hellgrauen Baumwolljogginganzug waren, sind nun farblich perfekt aufeinander abgestimmte Laufoutfits auf offiziell vermessenen Strecken. Der Blick in den Spiegel darf vor Verlassen des Hauses nicht fehlen.
Kaum auf der Strecke, auch schon wieder am pau- beziehungsweise posieren: Selfie Time.
Facebook-Status-Update, damit sich alle Daheimgebliebenen schlecht fühlen. Zurück vom Laufshooting, ab in die Küche – ernährt wird sich nur noch Paleo 360 oder vegan; vegetarisch ist bereits grenzwertig, denn Kuhmilch