Denkwerkzeuge der Höchstleister. Gerhard Wohland. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Gerhard Wohland
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Личные финансы
Год издания: 0
isbn: 9783934900332
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target="_blank" rel="nofollow" href="#fb3_img_img_60ec4767-b2b0-55cc-b800-47b518870928.jpg" alt=""/>Kunde ist die Quelle des Gewinns.

      Doch wer ist „der Kunde“? Gibt es eine Person, der man den Gewinn verdankt, die man befragen und hofieren könnte? Wohl nicht. Es gibt eine unübersehbare Anzahl von Kunden. Die, die schon bei Ihnen kaufen, und die, die bei Ihnen kaufen könnten. Selbst kleine Unternehmen haben tausende (potenzieller) Kunden. Und da alle irgendwo Kunden sind, sind es insgesamt mehrere Milliarden. Da nicht alle Menschen die gleichen Wünsche haben, stellt sich nun die Frage, wessen Wünsche im Mittelpunkt stehen sollen.

      Kundenorientierung ist ein unbestrittener Erfolgsfaktor. Trotzdem ist es ein Denkfehler. Hier zeigen wir, warum.

      Der Besitzer eines gediegenen Mittelklasseautos besucht seinen Vertragshändler. Im Kundenbereich hängt ein Plakat: „Der Wunsch unserer Kunden steht bei uns im Mittelpunkt.“ Wir belauschen das folgende Gespräch. Mal sehen, wie der Händler sich am Kundenwunsch orientiert:

      Händler: „Guten Tag, was dürfen wir für Sie tun? Inspektion, Winterreifen, kleine Reparatur oder eine Probefahrt mit unserem neusten Modell?“

      Fahrer (findet das Plakat übertrieben und erlaubt sich einen Scherz …): „Nein danke, heute hätte ich gern meine Haare geschnitten.“

      Händler: „Tut mir leid, da müssen Sie zum Frisör gehen.“

      Fahrer: „Dachte ich mir schon. Aber auf Ihrem neuen Plakat steht, dass Kundenwünsche im Mittelpunkt stehen. Ich bin ein Kunde, sie kennen mich.“

      Händler (denkt): „Was ist denn das für ein Kasper?“ und entflieht der Peinlichkeit, indem er sich rasch einem anderen Kunden zuwendet, dessen Wünsche sich zur Orientierung besser eignen.

      Fazit: Es gibt Kundenwünsche, die kann und muss man ignorieren. Nicht alles, was ein Kunde als Wunsch äußert, ist wirtschaftlich verwertbar.

      Einige Wochen später. Gleicher Händler, gleicher Kunde, gleiches Anliegen: Händler: „Was können wir für Sie tun? Inspektion, Winterreifen, kleine Reparatur?“ Fahrer: „Ich hätte gern meine Haare geschnitten.“

      Händler (denkt: „Schon wieder der!“): „Tut mir leid, da müssen Sie zum Frisör gehen.“ Fahrer: „Jetzt bin ich aber enttäuscht. Meine Frau, die ja ein Auto ihres Konkurrenten fährt, war unlängst bei ihrem Vertragshändler. Dort hat man ihr angeboten, während der Inspektion den Frisör des Hauses zu besuchen - kostenlos. Sie war begeistert. Warum gibt’s dieses Angebot nur dort?“

      Händler (peinlich berührt): „Ja, davon habe ich gehört. Sie sind schon der fünfte in dieser Woche, der danach fragt. Ich werde mich mal an die Zentrale wenden. Die müssen sich dringend darum kümmern.“

      Fazit: Der Konkurrent hat dieses Mal die Nase vorn. Aber nicht, weil er sich an einem Kundenwunsch orientiert hat (den gab es gar nicht), sondern weil er ihn erzeugt hat. Erst wenn ein Kunde glaubwürdig behaupten kann, sein Wunsch werde beim Konkurrenten erfüllt, muss auch unser Händler sich an diesem Wunsch orientieren.

      Merke: Nicht der Kunde, sondern der Konkurrent bestimmt, ob ein Kundenwunsch zur Orientierung genutzt werden kann. Ein Kunde überbringt nur die Nachricht. Kunden bewerten die Ideen ihrer Lieferanten, machen Wünsche daraus und verkünden sie dann. Kunden bringen Kunde - deshalb heißen sie so.

      Heißt das, ein

Unternehmen kann seine Kunden ignorieren und sich direkt mit seinem Konkurrenten vergleichen?

      Früher war das möglich. Da waren die Unternehmen einander so ähnlich, dass man sogenannte Benchmark-Vergleiche durchführen konnte. Der Gewinner musste nur das Ergebnis mitteilen, dann hatte er genügend Kunden. Die Verlierer konnten sich an den Kennzahlen der Besten orientieren.

      In der heutigen

Dynamik sind Unternehmen zu verschieden, um sie direkt zu vergleichen. Jetzt gilt nur noch der Vergleich, den potenzielle Kunden anstellen. Dabei werden sie von Nachbarn, Kollegen, Kindern und alle zusammen von der Mode, der Werbung und vom Wetter beeinflusst. Durch diese
Kommunikation entstehen Resonanzen, die Marktführer früher erahnen als ihre Konkurrenten.

      Natürlich sind es immer konkrete Personen, die etwas kaufen und als Kunde bezahlen. Der Verkäufer muss Herrn Müller davon überzeugen, dass Herr Müller bei ihm ein Auto kauft. Er muss auch heraushören, was Herr Müller sich wünscht, und erklären, warum das Modell seinen Wünschen entspricht.

      Wenn aber das

Management des Autobauers überlegt, ob es sich lohnt, ein zweisitziges Elektro-Auto zu bauen, ist es unwichtig, was Herr Müller davon hält. Na klar, heißt es dann. Herr Müller ist unwichtig, aber die technik-affinen, urban-orientierten, männlichen Berufspendler, die sind unsere Zielgruppe. Die müssen wir nach ihren Wünschen befragen und dann danach handeln. Dann werden Befragungen durchgeführt und raffinierte statistische Auswertungen gefahren. Diese mathematischen Gebilde heißen dann: „der Bürger“, „der Wähler“, „der Zuschauer“ oder eben „der Kunde“. Niemand hat diese Geister je gesehen. Trotzdem wird über sie geredet, als wären es Personen wie Du und ich.

      Nehmen wir eine Theaterpremiere. Nach dem Schlussvorhang entsteht meist in wenigen Sekunden eine Resonanz, die anzeigt, ob die Aufführung ein Erfolg war oder ein Flop. Vielleicht beginnt es mit einem zaghaften Klatschen, dann folgen einige Buhrufe und schließlich tosender Applaus. Würde man das gleiche Stück aufzeichnen, jedem Zuschauer einzeln vorspielen und dann ein Befragung durchführen, ergäbe sich nur zufällig das gleiche Ergebnis.

      Auch in der Wirtschaft ist die Meinung des Marktpublikums nicht einfach da und kann erfragt werden. Auch sie bildet sich erst durch Kommunikation - wie im Theatersaal. Resonanzen zu erzeugen, ist nicht jedermanns Sache. Das braucht

Talent und Glück. Warum manche Produkte liegen bleiben und andere weggehen wie Schirme bei Regen, kann nur erahnt, nicht berechnet werden. Wer klar dachte, hätte gesagt: „Ein Handy mit Kamera? Was für ein Unsinn! Die Leute haben doch alle schon Kameras und brauchen ihr Handy zum Telefonieren. Für solchen Schnickschnack wird keiner einen Aufpreis zahlen.“ Einer hat es geahnt und heute sind alle klüger!

      Kundenorientierung ist ein irreführender Name für das Bemühen, herauszufinden, was mit welchem

Risiko
wertschöpfend produziert werden kann. Potenzielle Kunden sind dabei nicht als Individuen wichtig, sondern nur als
Medium zur
Beobachtung der Ideen relevanter Konkurrenten. Medien sind nur nützlich, wenn sie sich in die Beobachtung nicht „einmischen“. Etwa so wie eine Brille. Ist das Glas sauber, bleibt es für den Beobachter unsichtbar. So soll es sein. Ist es verschmutzt, sieht der Beobachter das Medium selbst, damit ist es unbrauchbar.

      Um mit dem Medium „Kunde“ Konkurrenzverhältnisse zu beobachten, dürfen sich konkrete Kunden nicht einmischen. Herrn Müllers individuelle Meinung muss unsichtbar bleiben.

      Wer sich direkt, ohne Medium, mit seinen Wettbewerbern