„Na, mein guter Mann“, sagte der Goldschmied, „was wollen Sie denn haben?“
„Sind wir allein?“
„Ja“, sagte der Goldschmied.
„Sagen Sie mal, was geben Sie für ein Stück Gold, das so groß ist, wie ein kleiner Kinderkopf?“
„Oh“, sagte der Goldschmied, „kommen Sie nur herein.“
Die Frau des Goldschmieds musste gleich ein kleines Frühstück machen, und der Bauer wurde zu Tisch gebeten und begann zu essen. Da sich der Goldschmied für das Gold sehr interessierte, musste seine Frau noch Speisen bringen. Sie stellte noch viele Speisen auf den Tisch, und der Bauer aß und aß. Schließlich wurde dem Goldschmied die Zeit lang[23].
„Wie ist es eigentlich mit dem Stück Gold?“ wollte der Goldschmied wissen.
„Ja“, sagte der Bauer, „was geben Sie für so ein Stück?“
„Oh“, sagte der Goldschmied, „wenn das halb so groß ist wie ein Kinderkopf, so kann ich wohl zehntausend Taler dafür zahlen[24].“
„Nun, es ist gut“, bemerkte der Bauer, „dass ich das weiß! Wenn ich also einmal so ein Stück finde, dann kann ich es ja Ihnen bringen.“
Und mit diesen Worten ging er davon.
Gisela und Anna
Die Mutter rief aus der Küche:
„Gisela, Anna, kommt in die Küche, helft mir[25].“
Gisela und Anna waren Schwestern. Beide waren im Kinderzimmer. Gisela las ein interessantes Buch, und Anna spielte. Gisela wollte weiter lesen, und Anna wollte weiter spielen. Doch Anna dachte:
„Jetzt gehe ich in die Küche und helfe meiner Mutti und dann spiele ich wieder.“
Und sie ging in die Küche. Nach einigen Minuten kam sie zurück und fragte Gisela:
„Warum kommst du nicht?“
„Ich kann nicht, ich bin jetzt in Afrika. Hier wachsen grüne Palmen und fliegen schöne Papageien.“
Anna ging in die Küche zurück. Nach 15 Minuten kam sie und spielte weiter. Gisela saß im Zimmer und las.
Plötzlich rief Gisela:
„So, jetzt bin ich wieder zu Hause.“
Sie sah auf die Schwester, und da sah sie, dass die Schwester etwas aß.
„Was isst du da?“ fragte sie.
„Ich esse schon das zweite Eis[26]. Zuerst habe ich mein Eis aufgegessen[27]. Und jetzt esse ich dein Eis.“
„Ja, warum isst du denn mein Eis?“ fragte Gisela böse.
„Mutti hat gesagt: ‚Man weiß nicht, wann Gisela aus Afrika zurückkommt. Das Eis kann aber tauen. Iss du das Eis‘, und sie hat mir dein Eis gegeben.“
„Olaf, ich sage dir jetzt zum letzten Mal, du sollst nicht mit dem Stuhl wackeln! Hast du keine Ohren?“ sagt die Mutter.
„Doch, aber mit den Ohren kann ich nicht wackeln!“
Der Igel und der Hase
Der Igel und der Hase waren gute Freunde. Sie lebten zusammen im Wald und wohnten in einem Haus. Doch jetzt waren sie einander böse und sprachen miteinander nicht.
Am Abend schrieb der Igel einen Brief und legte ihn auf das Bett seines Freundes[28]. In dem Brief stand:
„Lieber Hase, bitte, wecke mich morgen um sechs Uhr. Ich will Pilze suchen gehen.“
Am nächsten Morgen[29] sah der Igel auf seinem Bett einen Brief:
„Lieber Igel, steh auf! Es ist schon sechs Uhr.“
Der Igel sah auf die Uhr. Es war schon zwanzig Minuten vor acht.
Der kluge Müller
Es war einmal ein Müller, der hatte über seine Tür geschrieben[30]:
„Ich lebe ohne Sorgen.“
Eines Tages kommt der König vorbei, sieht das und sagt:
„Ich, der König, kann das nicht einmal von mir sagen. Wie kann denn das ein Müller sagen?“
Er lässt den Müller gleich rufen.
„Warum hast du über deine Tür ‚Ich lebe ohne Sorgen‘ geschrieben?“ fragt er. „Das stimmt doch nicht!“
„Doch“, antwortet der Müller, „das ist wahr, und so kann ich es auch schreiben.“
„So“, sagt der König, „wahr ist das. Das will ich doch mal sehen. Müller, ich kann dir Sorgen machen. Komm morgen früh mal zu mir, dann will ich dir drei Rätsel aufgeben. Wenn du diese Rätsel raten kannst[31], werde ich dir glauben. Wenn du diese Rätsel aber nicht raten kannst, wird es dir schlecht gehen.“
Der Müller geht am nächsten Morgen zum König.
„Na“, sagt der König, „guten Morgen, Müller. Hast du auch gut geschlafen?“
„Warum soll ich nicht, Herr König?“
„Hast du denn gar nicht an die Rätsel gedacht?“
„Nein“, antwortet der Müller, „das hat ja noch Zeit.“
„Na“, sagt der König, „dann sag mir mal, wie hoch der Himmel ist?“
„Oh, das ist eine Tagesreise. Wenn es weiter war, müsste da doch ein Gasthaus sein, wo man einkehren könnte[32].“
„So, so“, meint der König. „Wenn du das so genau weißt, dann will ich es glauben. Wie tief ist aber der See?“
„Nicht tiefer, als[33] man einen Stein werfen kann“, sagt der Müller.
„Wie viel Sterne sind am Himmel?“ fragt der König weiter.
„So viel, wie[34] dein Pferd Haare hat“, sagt der Müller, „und wenn du das nicht glauben willst, so musst du sie selber zählen.“
Da müsste der König lachen.
„Du bist ja ein ganz Schlauer. Jetzt glaube ich, dass du keine Sorgen hast.“
Dann konnte der Müller wieder nach Hause gehen. Und wenn er nicht gestorben ist, so lebt er heute noch.
Der unmoderne Fuchs
Man hatte den Fuchs zum Essen[35] eingeladen.
Er kämmte seinen Schwanz und machte sich auf den Weg[36]. Bei dem Gastgeber waren schon einige Gäste versammelt. Zuletzt kam ein junges Reh. Wie schlank es war! Was für große, dunkle Augen und was für schlanke Beine es hatte! Jeder bewunderte es.
„Wie dumm ich doch bin!“ sagte sich der Fuchs. „Schwänze trägt man nicht mehr. Das heißt, ich bin unmodern.“
Er ging vom Tisch weg und biss sich hinter einem Strauch den Schwanz ab.
‚So, jetzt ist mein Schwanz kürzer als der Schwanz des Rehs, jetzt