Chronik von Eden. D.J. Franzen. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: D.J. Franzen
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Зарубежные детективы
Год издания: 0
isbn: 9783957771285
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bis der Befehl des Generals alles in ein Feuer tauchen würde, gegen dass die Fegefeuer sämtlicher Höllen wie ein Samstagnachmittagsbarbecue in Nachbars Garten wirkten? Seine Beine gehörten nicht mehr ihm selber, seine Schultern waren zwei taube Anhängsel eines fremden Körpers. Erschöpft schloss er die Augen und lehnte seine Stirn gegen eine Sprosse. Ein Bild schob sich vor sein Denken.

      Luke Skywalker, sein Lieblingsheld aus der Star Wars Saga, wie er mit seinem Jedi-Meister auf dem Rücken durch einen Dschungel turnte. Unbekümmert schlug er Salti, landete auf seinen Füßen und rannte weiter, während Meister Joda auf seinem Rücken weise Sprüche abließ.

      Ein Kichern rollte Martins Brust hoch, verdrängte die Angst und den Schmerz.

      Oh ja! Möge die Macht mit mir sein.

      Aus dem Kichern wurde ein unterdrücktes Lachen. Ritchies Hand klopfte drängend gegen seine Hüfte.

      Schon gut, Meister Joda. Ich werde die Prüfung mit Bravour bestehen.

      Martin versuchte diese kindischen Gedanken zu verdrängen, sich wieder auf das vor ihm Liegende zu konzentrieren. Doch wenn König Lachen bei ihm anklopfte, konnte er nicht widerstehen. Er musste ihm einfach die Tür öffnen. Immer wieder sah er diese alte Filmszene vor seinem geistigen Auge, und allmählich wurde aus der Filmkulisse eines Dschungels ein dunkler Schacht. Das Gesicht Luke Skywalkers veränderte sich und bekam seine Gesichtszüge. Aus der Puppe auf seinem Rücken wurde die verkrümmte Gestalt Ritchies.

      Martins Schultern zuckten unkontrolliert.

      Martin Martinsen.

      Jedi-Meister im Dienste seiner Majestät.

      Karin wäre von ihm begeistert gewesen.

      Das Gefühl, durch das Lachen eine geheime Kraftreserve in seinem Inneren geöffnet zu haben, durchströmte ihn. Immer noch dieses Lachen im Gesicht hob er den Blick.

      Zwanzig Sprossen?

      Lächerlich, für einen Meister der Macht.

      Martin holte tief Luft, zog sich hoch und glaubte plötzlich zu fliegen.

      *

      Tom saß mit geschlossenen Augen auf dem viel zu großen Fahrersitz des Busses. Seine Augen rollten hinter den geschlossenen Lidern. Seine Finger zuckten. Feiner Schweiß perlte auf seiner Stirn. Hinter ihm ertönte ein leises Stöhnen. Ein sanfter Druck gegen seinen Rücken, dann erklang ein leises Plumpsen.

      Tom widerstand dem Drang die Augen zu öffnen und sich nach seinen Freunden umzusehen. Ein Zucken durchfuhr ihn. Er runzelte die Stirn und der Motor des Busses erwachte rumpelnd zum Leben. Aufseufzend ließ er sich in den Sitz zurückfallen. Dann rutschte er soweit wie möglich nach vorne und versuchte mit seinen Füßen die Pedale zu erreichen. Wie ging das noch mal? Er rief sich das Bild des Soldaten in Erinnerung, der sie hierher gebracht hatte. Wie er in seiner grauen Uniform hinter dem Steuer dieses Ungetüms saß und das Fahrzeug scheinbar mühelos durch den Verkehr führte.

      Kupplung treten, Gang einlegen, Gas geben und Kupplung kommen lassen. Tom blickte auf und atmete tief durch. Na, das konnte ja auch mit anderthalb gesunden Armen nicht so schwer sein. Mit einem gewaltigen Ruck setzte sich der Bus in Bewegung.

      *

      Martin lag bäuchlings halb im Schacht und halb draußen. Es goss wie aus Eimern. Seine Finger suchten auf dem nassen Asphalt nach einem Halt. Er schwang sein rechtes Bein hoch, und durch den Ruck rutschte er soweit aus dem Schacht, dass er sich endgültig herausziehen konnte. Keuchend ließ er seinen Kopf auf den Boden sinken. Aus dem Augenwinkel sah er, wie die Turnschuhe und die weißen Socken, die er aus seinem Zimmer in dem offenen Krankenwagen bemerkt hatte, in die Schatten eines Gebüschs gezogen wurden.

      Ein rumpelndes Geräusch ließ den Boden unter seiner Wange erzittern und verdrängte die Frage, die sich in seinem Denken formte. Alarmiert, aber zu erschöpft, um angemessen zu reagieren, drehte er den Kopf und sah einen gigantischen schwarzen Reifen auf sein Gesicht zuhalten. Martin kniff die Augen zu. Ein schrilles Aufkreischen, dicht gefolgt vom erschöpften Schnaufen einer Luftdruckbremse, hallte über den Parkplatz. Vorsichtig blinzelte Martin durch ein halb geöffnetes Auge. Der Reifen stand etwa eine handbreit von seinem Gesicht entfernt. Die Rillen des Reifenprofils waren tiefe Täler.

      »Martin? Alles in Ordnung?«

      Toms Stimme.

      »Ja«, brummte Martin in den Asphalt. »Was habe ich dir gesagt? Du sollst den Bus in Ruhe lassen, verdammt noch mal.«

      Tom murmelte etwas Unverständliches. Martin holte tief Luft und versuchte im Liegen den Knoten für das behelfsmäßige Geschirr auf seiner Brust zu lösen. Es klappte und er drehte sich sacht zur Seite. Vorsichtig ließ er Ritchie von seinem Rücken auf den Asphalt rollen. Dann stand er schwankend auf. Hier draußen klang das Knirschen und Knistern in seinem Kopf, als würde er in einer riesigen Bratpfanne stehen. Dazu kam unablässiges ein Stöhnen, das in ihm eine kreatürliche Angst auslöste.

      Was zur Hölle war das?

      »Fass mit an. Wir müssen Ritchie in den Bus bekommen und dann nichts wie weg hier.«

      Tom griff nach Ritchies Beinen. Martin sah Tränen in den Augen des verwachsenen Jungen schimmern.

      »Hast du etwa geglaubt, nur weil du nervst, würde ich dich zurücklassen?«, fragte er. Ritchie nickte leicht. Tom und Martin ächzten, als sie Ritchie über die Stufen in den Innenraum trugen. Vorsichtig legten sie ihn neben die anderen Kinder, die Martin mit erschöpftem Blick anschauten. Unsicher erhob er sich und wankte zum Fahrersitz.

      »Bleibt da unten. Ich hab keine Ahnung, wo´s langgeht. Aber es dürfte ein verdammt heißer Ritt werden.«

      *

      Martin reagierte nur noch auf der Ebene eines vererbten Instinktes, der schon seine Urahnen zu Zeiten des Säbelzahntigers am Leben erhalten hatte. Der Gedanke an Flucht tobte übermächtig durch sein Denken und peitschte Adrenalin durch seinen erschöpften Körper. Er wollte weg. Raus aus diesem Albtraum, weg von dem Feuer, das bald vom Himmel regnen würde.

      Aber wohin?

      Hinweisschilder, Autowracks und verlassene Häuser flogen vorbei. Ein Huschen im Augenwinkel. Weiter vorne sah Martin im Licht der Scheinwerfer eine T-Kreuzung und ein weiteres Schild. Die Dürener Straße? Die führte doch stadtauswärts, oder? Martin bremste den Bus brutal ab und zog ihn nach rechts. Das große Fahrzeug neigte sich bedenklich. Ausrufe der Angst hinter ihm. Dann fiel der Bus mit einem harten Ruck zurück in die Waagerechte. Martin grinste schwach vor sich hin. Die Kurve hatte er wortwörtlich gekratzt. Sein Blick verschwamm allmählich. Die Anstrengung der letzten Minuten hatten ihm auch die letzten Kraftreserven abverlangt. Seine Augenlider flatterten. Er hob den Arm und hieb sich die Faust auf den Schenkel. Zwecklos. Er war längst über den Punkt hinaus, an dem er noch so etwas wie Schmerz empfinden könnte. Wie weit waren sie schon gekommen? Reichte der Abstand? Schwankend hob er den Blick und sah in den Rückspiegel. Ein Schatten huschte über den verregneten Himmel.

      »Scheiße«, fiel Martin ein atemloser Fluch wie ein abgebrochenes Stück Zahn aus dem Mund.

      Dann öffnete die Hölle ihre Pforten.

      Ein Blitz zeriss den regengrauen Himmel. Er erbrach mit einem dumpfen Grollen einen Schwall aus flüssigem Feuer. Eine gigantische Druckwelle raste vor der brennenden Wand her. Bäume zerplatzten unter der Wucht und brannten in Sekundenschnelle ab, Fenster explodierten und Martin sah im Rückspiegel eine menschliche Gestalt, die in von den Flammen überrollt wurde. Er konnte den Blick nicht vom Rückspiegel wenden. Ein unmenschlicher Laut der Angst kroch in Martins Hals hoch. Ein Schlag riss ihm das Lenkrad aus den Händen. Der Bus neigte sich zur Seite. Die Kinder schrien auf. Die ersten Ausläufer der Druckwelle erreichten den Bus. Die Welt war nur noch ein heißes Fauchen, die Realität kippte. Mit einem lauten Krachen und dem hellen Geräusch von splitterndem Glas fiel der Bus auf die Seite. Funkensprühend rutschte er über den Asphalt. Aus dem Grollen wurde ein Fauchen. Der Bus rutschte unaufhaltsam weiter. Martin lag auf der Seite und sah den Pfeiler einer Brücke auf sie zurasen. Etwas saugte ihm