konstruktionen können die eigenen gestalterischen Fähigkeiten und Fertigkeiten
beflügeln und dazu verhelfen, tiefer in die Grundlagen des Fliegens einzudringen.
Vielleicht werden auch durch die Untersuchung von pflanzlichen Flugobjekten
gänzlich ausgefallene Ideen für Neukonstruktionen entstehen?
Das Buch zeigt u. a., wie durch die systematische und zielgerichtete Nutzung
von Entdeckungs- und Erfindungsmethoden die Kreativität bei der Entwicklung
von Flugobjekten nach Naturvorbildern entfaltet und sogar gesteigert werden
kann. Begeben wir uns auf die Suche nach dem immer wieder aufs Neue faszi-
nierenden und spannenden Abenteuer des Fliegens und lernen bewusst vom
„Einfallsreichtum“ und „Know-how“ der lebenden Natur.
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Transport durch den Wind
VON SAMEN UND
FRÜCHTEN LERNEN
J
eden Frühling bedeckt ein Meer goldgelber Löwenzahnblüten die sattgrünen
Wiesen, die später ihre Samen mit Fallschirmen durch den Wind auf die Reise
schicken. Auf dem Fruchtboden einer Löwenzahnpflanze können bis zu 400
Schirmflieger Platz haben. Macht man sich die Mühe und zählt die Anzahl der
Haare eines Schirmfliegers, so gelangt man auf eine solche von 120.
Mit Löwenzahnfrüchten wurden interessante Flugversuche durchgeführt.
Man hat dabei festgestellt, dass ein Schirmflieger etwa 5 Kilometer weit fliegt. Von
100 Schirmfliegern flog einer 10 Kilometer und von 1.000 einer 13 Kilometer weit.
10.000 Schirmflieger mussten jedoch gestartet werden, um einen mit einer Flug-
weite von mehr als 18 Kilometer zu finden. Durch die Windverbreitung, weit von
der Mutterpflanze entfernt, werden viele Nachkommen auf die Reise geschickt.
So kann das Überleben der Art gesichert und dabei Konkurrenz um
Nahrung und
Raum vermieden werden. In der Natur sind viele unterschiedliche
Lösungen für
das Problem der Oberflächenvergrößerung zur Erhöhung des Luftwiderstandes
zu finden. Dieses, im Laufe der Evolution bewährte Konstruktionsprinzip, wird
in einer riesengroßen Anzahl von Lösungsvarianten erprobt. So gibt es Varianten
wie, Flügel, Schirme, Haarfortsätze und auch Ballone.
Interessant sind auch die Schirmflieger des Weidenröschens. Bevor sie vom
Wind fort getragen werden, befinden sie sich in einer etwa 7 Zentimeter großen,
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schotenförmigen Samenkapsel. Bis zu 200
Schirmchen mit ihren Samen sind darin
enthalten.
Wir sind fasziniert, wie sie trotz ihres
feingliedrigen und zarten Aufbaus einen
stabilen Schwebeflug ausführen. Auch
die Schraubenflieger des Ahorns und die
der Esche sowie die Gleitflieger von Birke,
Erle und Ulme faszinieren durch ihre her-
vorragenden Flugeigenschaften.
Die Natur zeigt zur Verbreitung von Sa
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men und Früchten enorme Leistungsfähigkeit.
Mit Staunen erfahren wir, dass solche Leichtgewichte
wie Körnchenflieger, die weder Flügel noch Haare aufwei-
sen, vom Wind viele Kilometer transportiert werden. Ihre
Chance, möglichst weit vom Wind mitgenommen zu werden,
wird durch den geringen Umfang und das geringe Gewicht
erreicht. Rekordhalter unter den Körnchenfliegern ist das Sumpf-
herzblatt, dessen Samen 0,0003 Gramm wiegt. Blasenflieger, die von einer bal-
lonartigen Hülle umgeben sind, können 100 Kilometer und mehr durch die Luft
bewegt werden. Ein Vertreter der Blasenflieger ist die Große Händelwurz mit
einem Gewicht von nur 0,000008 Gramm. Ist es nicht auch wie ein Wunder, dass
2.000 Birkensamen gerade mal ein Gramm wiegen?
Die Sehnsucht des Menschen, die Lüfte zu erobern, führte bei dem Universal-
genie Leonardo da Vinci im 15. Jahrhundert zur Konstruktion unterschiedlicher
Flugapparate.
Flugfrüchte und im Wind gleitende Blätter regten ihn zur Skizzierung von
Gleitflugapparaten, Fallschirmen und sogar zu Hubschraubern an. Wer hätte
je gedacht, dass Leonardo da Vinci schon vor 500 Jahren solche technischen
Wunderwerke entwarf? Er war der festen Überzeugung, „dass der Mensch mit
seinen Vorrichtungen und großen Flügeln, indem er gegen den Luftwiderstand
anarbeitet, sieghaft seiner Herr werden und sich sicher in die Luft erheben wird.“
Mit dieser Begeisterung begann Leonardo mit Naturstudien. Zielgerichtet und
systematisch nutzte er die lebende Natur, um Anregungen für die Lösung von
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Flugproblemen zu finden. Die Natur war für ihn stets Vorbild, wie es auch seine
künstlerischen Studien beweisen. Ausgangspunkt war zunächst die Beobach-
tung von Flugfrüchten und Blättern. Er untersuchte deren Aufbau, experimen-
tierte und gelangte zu prinzipiellen physikalischen Erscheinungen. Er fertigte
Zeichnungen von seinen Fluggeräten an. Für das Experimentieren baute er mit
Ausdauer und Beharrlichkeit Messgeräte für das Ermitteln von Windstärke und
Windrichtung. Bei seinen Experimenten erkannte Leonardo gleiche Strömungs-
gesetzmäßigkeiten bei Wasser und Wind. In diesem Zusammenhang formulierte
er: „Die Wissenschaft der Winde erkennen wir an Hand der Bewegungen des
Wassers, und eine solche Wissenschaft gibt uns den Maßstab für das Verhalten
von Flugkörpern in Luft und Wind.“
Leonardo stellte fest, dass Winde, nach Art der Strömungen in den Flüssen,
Strudel und Wirbel bilden. Sie haben daher gleiche dynamische Gesetzmäßig-