»Weiß ich doch nicht, ich kenn doch nicht alle Polizisten.«
»Nein, ich mein, wer hat mit Handgranaten rumhantiert?«
»Das weiß ich doch schon gleich gar nicht«, entsetzte sich Beppo Brehm, »bin doch kein Hellseher!«
»Das wundert mich nicht, dass die Handgranatn ham«, meinte eine Nachbarin von der gegenüberliegenden Straßenseite, »schaut euch doch des Gschwerdl da drüben an. Wo sie nur alle herkommen? Die meinen, bei uns da ist das Schlaraffenland, wo Milch und Honig fließen. Wo man nix ärwern muss! Wo einem der Staat das Geld hinten und vorn nur so reinstopft! Das Gschwerdl kennt doch seine Rechte viel besser als unsereins. Da siehst du mal wieder, was die alles ham: sogar Handgranaten! Wos ner die klaut ham? Da musst du ja Angst kriegn, dass die dich nicht auch noch in die Luft sprengen.«
»Genau«, stimmte eine Nachbarin mit einem gelben Regenschirm in die Diskussion ein. »Sogar die Kirchen, allen voran die katholische, sprechen von Demut und Hilfsbereitschaft gegenüber den Flüchtlingen. Die redn sich leicht daher. Soll doch der Vatikan seine Pforten aufmachen und die Asylanten aufnehma. Platz genug hams doch.«
»Und Geld und Reichtümer hams a«, ergänzte Beppo Brehm. »Was allans ich jährlich an Kirchensteuer zahl. Da derf ich goar net dran denkn, sonst überkommt mich gleich die kalte Wut.«
»Der Meinung bin ich auch«, warf die gelb Beschirmte erneut ein, »soll doch der Papst seine Schatztruhen mal öffnen und seine Reichtümer an die armen Flüchtlinge verteilen. Der hat doch keine Ahnung, dass die meisten von denen hochkriminell sind und sogar mit Handgranaten werfen. Wer zahlt etz eigentlich für eure kaputten Fenster und ein Schmerzensgeld für deine lebensgefährliche Verletzung am Hals, Illona? Das kannst fei beantragen. Hoffentlich kriegst keine Blutvergiftung. Na, dann aber! Dann gehst aber nüber zu dem Ausländerpack! Dann können die was erleben, gell. Denen tät ich schon den Marsch blasen! Mein lieber Gott, wenn ich die Merkel wär, die tät ich alle rausschmeißen aus Deutschland. Die tät ich wieder zurückschicken in ihre Negerhütten nach Afrika. Alle! Auf einen Schlag! Armes Deutschland. In was für einer Zeit leben wir denn?«
Illona Seitz und Beppo Brehm sahen sich an und verdrehten die Augen. Sie standen genau an der Stelle, an der der Attentäter sich ebenfalls aufgehalten hatte. Doch das wussten sie natürlich nicht. Der eh schon weiche Blätterboden war durch das Herumgetrampel der Schaulustigen und dem heftigen Regen zwischenzeitlich völlig aufgeweicht. Auch die Temperaturen waren innerhalb der letzten halben Stunde deutlich gefallen. Illona Seitz fror. Die Kälte kroch ihr die Beine empor und sie stapfte von einem auf den anderen Fuß. Zurück ins Haus wollte sie aber noch nicht. Noch tat sich etwas auf der gegenüberliegenden Seite, und sie wusste noch nicht einmal, was ganz genau dort drüben überhaupt passiert war. »Außerdem«, dachte sie sich, »könnte das Technische Hilfswerk doch gleich mein Badfenster abdichten, wenn die schon da sind.« Weder sie noch Beppo Brehm registrierten, dass sie beide schon die ganze Zeit auf einem Stück Papier herumtrampelten, welches dadurch immer tiefer in die weiche Erde gedrückt wurde.
Jenseits des Zauns, kaum zwanzig Meter entfernt, herrschte immer noch das absolute Chaos. Die vorläufige Zahl der geborgenen Toten lag aktuell bei dreiundzwanzig Asylsuchenden. Den Ermittlern war zwischenzeitlich bewusst geworden, dass die Handgranaten – und nur um solche Explosivkörper konnte es sich bei dem Anschlag handeln – von jenseits des Zaunes geworfen wurden. Sie rückten mit fünfundzwanzig Beamten an, vertrieben die Schaulustigen um Beppo Brehm und Illona Seitz und geleiteten sie unter Protest in ihre Häuser. »Ich wart aufs Technische Hilfswerk«, versuchte Illona Seitz zu argumentieren, »die solln gleich mei kaputtes Badfenster repariern. Auch wir sind Betroffene und ham ebenfalls ein Anrecht auf Hilfeleistung. Wozu zahln wir unsere Steuern? Die da drübn zahln keine Steuern, die kosten nur Geld. Was is eigentlich genau passiert?« Es half nichts. Drinnen im Haus nahmen die Beamten ihre Personalien auf und spannten draußen am Zaun ein weiteres rot-weißes Absperrband. Dann sicherten die Polizeibeamten zusätzlich das Areal und warteten ungeduldig auf ihre Kollegen von der Kriminaltechnischen Untersuchungsabteilung. Doch die waren mit ihrer Arbeit auf der anderen Seite noch längst nicht fertig. »Ist das Technische Hilfswerk auch noch da?«, wollte Illona Seitz von ihnen wissen.
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