“Selbst schuld“, schalt sie sich selbst. „Warum wette ich auch auf den Ausgang von unserem Pokerabend. Das konnte ja nur schief gehen bei all meiner Ahnung von Poker.“
Also durfte Florian sich etwas wünschen. Und das, was an diesem heißen Samstagnachmittag im August soeben seinen Anfang nahm, war das Ergebnis des Wunsches.
Mit einem letzten prüfenden Blick wandte sie sich ab von ihrem Spiegelbild und ging auf ihren hohen, knallroten High Heels mit den bleistiftdünnen Absätzen langsam weg von ihrem Wagen und auf die andere Seite zum Beginn des sandfarbenen Weges, der sich gewunden durch die beeindruckende Gartenanlage schlängelte, links und rechts gesäumt von wunderschön gestalteten Buchsbäumen und großen Blumenbeeten.
„Du gehst den Weg entlang, der hinter dem schmiedeeisernen Tor beginnt“, hatte Florian gesagt, „folgst ihm und wirst ein ganzes Stück weiter auf der Alleenstraße vor dem Schloss wieder herauskommen.“
Der leichte Sommerwind wehte durch ihre lange, blonde Mähne, während Claudia den Blick schweifen ließ zwischen dem alten Gemäuer des Schlosses und den sie umgebenden bunten Blumen. Es roch betörend nach all den Blüten. Bienen summten im Gegenlicht der Sonne. Da vorne, hinter der Biegung musste es sein. Ein kleines Waldstück grenzte den Schlossgarten von der Alleenstraße ab.
Sie durchquerte es zügig, weil sie ein leichtes Frösteln erfasste und sie sich fragte, ob das von der fehlenden Sonne in dem Waldstück kam oder von ihrer Ungewissheit. Die letzten Schritte hinaus aus dem kleinen Waldstück, durch den schmalen Durchgang der Einfriedungsmauer des Schlossparks und sie stand auf der Alleenstraße, vor sich die großen, alten Platanen, durch deren Blätterkleid sich das Sonnenlicht seinen Weg suchte.
Das Nächste, was Claudia sah, war eine Frau: kurzes, schwarzes Minikleid, schwarze Lack-Overknees. Sie hatte schwarze, glatte, lange und glänzende Haare und stand mit dem Rücken zu ihr.
„Komisch“, dachte Claudia, „die passt so gar nicht hier hin, genau wie ich.“
Bei dem Gedanken, die Dame könnte auch eine Wette verloren haben, lächelte sie in sich hinein. Aber nur für einen Moment, dann fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Ihr Blick wanderte weiter nach rechts und ihr Atem stockte. Da standen noch mehr Frauen, jeweils zwei zwischen den riesigen alten Bäumen, alle schön, attraktiv, sexy, jung und sehr aufreizend, sowohl was die Kleidung als auch was die Körpersprache betraf.
„Das kann doch nicht …“, Claudia explodierte innerlich fast, „ich bring ihn um. Der hat mich auf einen Straßenstrich geschickt, dieser elende Mistkerl. Klar, die Autos fahren nicht so langsam, weil das hier Vorschrift ist, sondern weil die Fahrer sich die Frauen anschauen“.
Claudia wurde heiß und wieder kalt und ihre Knie fingen an zu zittern. In dem Moment drehte sich die Schwarzhaarige um und sah Claudia vor dem kleinen Durchgang stehen. Es war eine grazile Asiatin mit bronzefarbener Haut. In dem Moment, in dem sie Claudia erblickte, wurden ihre schmalen Augen noch viel enger und Claudia hatte das Gefühl, dass sie sie mit der Kraft von tausend Blitzen, die aus diesen mandelbraunen Augen schossen, umbringen wollte.
„Mist, ich kann hier nicht stehen bleiben.“
Was hatte Florian gesagt? Durch den Durchgang, dann rechts langsam die Straße hinunter. Sie straffte sich, atmete innerlich tief durch, setzte das gleichgültigste Gesicht auf, zu dem sie in dieser Situation fähig war und wand sich abrupt nach rechts.
„Solange ich mich bewege, passiert mir nichts und keine wird mir die Augen auskratzen, weil sie das Gefühl hat, ich wollte ihr Konkurrenz machen“, beruhigte sie sich nur unzureichend und ging los.
Langsam, aber bestimmt, schritt sie den unter den Platanen liegenden Weg hinunter. Die jungen Schönheiten zwischen den alten Bäumen aus dem Augenwinkel betrachtend und mit dem Versuch, möglichst den Blickkontakt zu meiden. Die meisten aber beachteten sie gar nicht, interessierten sich nur für ihre potenzielle Kundschaft in den Autos vor ihnen auf der Straße. Ab und an sah eine zu ihr hin und fragte sich wohl, ob das eine Neue sei.
Aber da sie sich ohne innezuhalten immerzu bewegte, sprach sie keine der Frauen an. Innerlich kam langsam ein Gefühl von Panik in ihr hoch. Was war der Plan? Wie weit sollte sie gehen? Noch zweihundert Meter, dann endete die Alleenstraße an der nächsten Einmündung. Unmöglich konnte sie den Weg wieder zurückgehen, das würde sicher erneut die Aufmerksamkeit der jungen Damen erregen. Und wie sollte sie gegebenenfalls erklären, dass sie hier nur spazieren ging und sich wohl verlaufen hatte. Vor allem in dem Outfit?
Die Nutte vom Straßenstrich
In Gedanken nach der Antwort suchend registrierte sie einen rassigen Wagen, der direkt am Rand der Straße hielt. Sie wandte reflexartig ihren Blick nach links und erkannte das Fahrzeug von Florian. Die rechte Seitenscheibe wurde herunter gelassen und sie hörte seine tiefe, sanfte, aber bestimmte Stimme aus dem Inneren.
„Hey, Du“.
Die beiden Nutten, zwischen denen er stehengeblieben war, fragten sich, welche von ihnen gemeint war. Sie hatten Claudia hinter sich nicht gesehen.
„Ja, Du, in dem Jeans-Rock, komm her.“
Keine von beiden trug einen Jeans-Rock. Und so wandten sie sich fragend einander zu. In dem Moment erblickten sie Claudias schlanke Gestalt, der nichts anderes übrig blieb, als das Spiel so perfekt wie möglich mitzuspielen. Aufreizend langsam schritt sie zwischen den beiden und deren sie durchbohrenden Blicken hindurch und beugte sich lasziv hinunter zu der geöffneten Scheibe.
„Steig ein“, sagte Florian mit einem süffisanten Lächeln.
In diesem Moment wurde ihr bewusst, dass sie gerade genauso handelte wie eine von den Nutten, an denen sie vorbeigelaufen war. Und auch genauso behandelt wurde. Einerseits war sie froh, endlich der unangenehmen Situation entronnen zu sein, andererseits war er es, der sie da hinein manövriert hatte. Sie ließ sich in den schwarzen Ledersitz fallen und schaute Florian herausfordernd an.
„Du hast vergessen zu fragen, wie viel ich nehme“, fauchte sie.
Ohne hinzusehen griff er in die Brusttasche seines weißen Hemdes und legte ihr den zwischen Zeige- und Mittelfinger eingeklemmten Hundert-Euro-Schein auf den Schoß.
„Das sollte reichen“.
Langsam fuhr er los, ohne sich weiter um Claudia, die völlig verdattert neben ihm saß, zu kümmern.
Das leise hohe Geräusch der Anschnallwarnung holte Claudia aus ihren Gedanken und gerade, als sie sich umdrehen und nach dem Gurt greifen wollte, sagte Florian: „Unnötig, sind gleich da. Zieh Deinen String aus und gib ihn mir.“
Sie schaute zu ihm herüber mit der Frage in ihren Augen, was denn das nun wieder sollte.
Er blickte kurz zu ihr, lächelte und sagte: „Nun mach schon, ich bezahl Dich schließlich gut dafür.“
Fast mechanisch griff Claudia sich selbst unter den Rock, stemmte die High Heels in den Boden des Wagens und hob ihren nach ihrer Ansicht zu großen, nach Florians Ansicht genau richtigen Hintern von der Sitzfläche. Langsam griff sie nach dem dünnen Band an der Seite des Seidenstrings und zog es ein Stück hinunter bevor sie mit der rechten Hand die andere Seite ebenso weit abwärts streifte. Dann griff sie in die Mitte und fühlte die kühle Seide zwischen ihren Fingerspitzen, während sie das Höschen abwärts zog. Dabei berührten ihre Fingernägel den Kitzler, nur kurz und flüchtig, aber trotzdem durchzuckte sie in diesem Moment eine kurze Vibration, spürbar in ihrem ganzen Körper.
Schlagartig erwachten ganz andere