Und in der Tat werden wir kaum einen zweiten Ort finden, in dessen näherer und weiterer Umgebung so oft Blut geflossen ist, wo soviel und so oft gekämpft worden ist, wie gerade in und bei Leipzig!
Haben auch die in der Neuzeit erst zu voller Würdigung gelangten, hier sehr zahlreich gemachten Funde vorgeschichtlicher Zeiten bewiesen, daß hier schon vor Jahrtausenden eine zahlreiche Bevölkerung – wahrscheinlich deutsche, keltische und endlich slawische Volksstämme – seßhaft waren, lassen wir dahin gestellt, ob der von den alten römischen Geographen erwähnte Ort Lupfurd (Luppenfurt?) genau auf Leipziger Stadtgebiet oder unweit desselben gelegen hat – die hier gemachten Funde römischer Altertümer schließen diese Annahme nicht aus! – so hören wir doch aus den ersten, recht spärlichen Nachrichten, die wir zum Teil den Forschungen und Aufzeichnungen fleißiger Mönche verdanken, daß gerade hier schon Kampf und Streit nur zu häufig getobt haben. Danach ist es wahrscheinlich, daß beispielsweise die Kämpfe der Wenden und deren Bekehrung zum Christentum wohl weit über ein Jahrhundert gedauert haben. Kaum hatte sich z. B. die Ansiedelung Lipzk (= Lindenort) zu einem größeren Gemeinwesen herangebildet und war um 1018 zuerst mit Befestigungen, die wahrscheinlich nur in Gräben und Wällen bestanden, versehen worden, als sie auch wieder in den endlosen Kämpfen des frühen Mittelalters zerstört, belagert und berannt wurde, ein Schicksal, das ihr im Laufe der Zeiten nicht weniger als noch etwa sechzehn Mal beschieden war.
Von den größten Schlachten, – soweit wir diese in den Annalen der Geschichte verzeichnet finden – durch die Leipzig und seine Umgebung mittel- und unmittelbar berührt worden sind, seien nur erwähnt die große Ungarnschlacht bei Riade an der Unstrut (933), die Schlachten bei Hohenmölsen (1080), Besenstädt (1263), Torgau (1293), Lucka (1307), Lützen (1632), Breitenfeld (1631 und 1642), Roßbach (5. Nov. 1757), Groß-Görschen und der Ueberfall bei Kitzen (1813) – nicht zu gedenken der gewaltigen Völkerschlacht!
Auch mehrere große Brände – z. B. der von 1420 – haben Leipzig, ebenso wie viele andere Städte des Mittelalters, heimgesucht; ebenso haben wiederholt schwere Seuchen der Stadt viel Unheil gebracht.
Trotz all dieser Schicksalsschläge, die oft in wenigen Tagen das zerstörten, was jahrelanger Fleiß mit Mühe geschaffen hatte, arbeitete sich die fleißige Einwohnerschaft Leipzigs bald wieder empor, um dann, nach Einkehr besserer und, vor allem friedlicherer Zeiten, mit erneutem Eifer, Hand in Hand mit der Pflege der Wissenschaft, an den Ausbau seiner Handelsbeziehungen zu gehen. Diese erhielten eine rege Förderung durch die weltberühmten Messen. War auch infolge des frühen Ablebens des verdienstvollen Kurfürsten Moritz (1553) dessen Absicht, das von ihm sehr begünstigte Leipzig zum Schutze seines Handels auch zur stärksten Landesfestung zu machen, nicht in Erfüllung gegangen, so sorgten doch später andere einsichtsvolle Fürsten zu allen Zeiten und auf alle Weise dafür, den immer mehr aufblühenden Handel der Stadt zu stützen und zu fördern. Mit dem wachsenden Wohlstande der Stadt verband sich das Streben der regsamen Bürgerschaft, sich das häusliche Leben freundlich und angenehm zu gestalten. Daher finden wir, daß nach Beendigung des unheilvollen 30 jährigen Krieges (1648), nachdem sich das schwer mitgenommene Land einigermaßen wieder erholt hatte, man die Umgebung der Stadt z. B. mit schönen Gärten und Parkanlagen auszuschmücken begann. Ja, im 18. Jahrhundert erlangten diese einen solchen Ruf, daß sie von einkehrenden Fremden als Sehenswürdigkeiten in Augenschein genommen wurden, auch wohl Leipzig aus diesen Gründen – um mit einem zeitgemäßen Ausdrucke zu reden – zur »Sommerfrische« hochgestellter Persönlichkeiten erwählt wurde. Diese kulturellen Vorzüge wurden wesentlich erhöht, als man die alte, nicht mehr benutzte Stadtbefestigung allmählich abtrug – man begann damit im Jahre 1725 – und in die noch bestehenden schönen Parkanlagen, rund um die Altstadt herum, verwandelte.
In dieser Hinsicht gebührt das Hauptverdienst dem tüchtigen und weitblickenden Bürgermeister Karl Wilhelm Müller (1778), dessen Denkmal sich heute gegenüber dem Hauptbahnhofe inmitten seiner Schöpfungen erhebt. Daß man über diesen äußeren Ausschmückungen aber auch nicht die Förderung der geistigen Ausbildung vernachlässigte, war ein wesentlicher Faktor zur Hebung und Bedeutung der Stadt.
So wurde z. B. 1764 in der wenig benutzten Pleißenburg unter der Leitung des tüchtigen Künstlers und Freundes von Goethe, Adam Friedrich Oeser, eine Malerakademie errichtet, 1766 an Stelle des jetzigen alten Theaters ein Schauspielhaus erbaut, 1781 im Gewandhause das »Große Konzert«, der Vorläufer der berühmten »Gewandhaus-Konzerte«, eröffnet, 1781 auf dem Turme der Pleißenburg eine Sternwarte eingerichtet. Im Jahre 1792 wurde unter den bedeutenden Pädagogen Plato und Dolz eine »Ratsfreischule« eröffnet, der schon 1804 die »1. Bürgerschule« unter dem tüchtigen Gedicke nachfolgte.
Aber schon ballten sich am politischen Horizont schwere Wetterwolken zu vernichtendem Schlage zusammen!
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