Was den territorialen Rahmen dieser Chronik betrifft, so wurde angestrebt, möglichst nahe an der Stadt Dahlen zu bleiben. Dies ist natürlich abhängig vom vorhandenen Material. Man muss aber auch in Betracht ziehen, dass die Stadt mit ihrem Markt für die sie umgebenden kleineren Ortschaften wie zum Beispiel Calbitz, Malkwitz, Luppa, Bucha oder Lampertswalde ein wirtschaftliches und gesellschaftliches Zentrum darstellte. Besonders eng war die Beziehung von Schmannewitz (angeschlossen Ochsensaal) zu Dahlen, da dieses Dorf zur Grundherrschaft Dahlen gehörte. An der einen oder anderen Stelle fanden auch die Orte Börln, Bortewitz, Großböhla und Kleinböhla Eingang in die Chronik, die ebenso wie Schmannewitz und Ochsensaal im Jahr 1994 nach Dahlen eingemeindet wurden.
Die chronologische Fortschreibung dieser Abhandlung endet im wesentlichen um die Mitte des 19. Jahrhunderts. Ausnahmen hierbei sind spezielle Themen wie Bildungswesen, Schlossgeschichte und Kirche, aber auch Eisenbahn, Sparkasse usw. Die Geschichte ab der Mitte des 19. Jahrhunderts, mit der zunehmenden Industrialisierung bis in die jüngere Vergangenheit mit all den Umbrüchen des 20. Jahrhunderts bietet genügend Material, für einen weiteren ebenso umfangreichen Band.
Diese Chronik sollte auch nicht nur eine Aneinanderreihung von Geschichtsdaten sein. Mein Ziel war es vor allem, eine ganze Reihe unserer Vorfahren und deren Schicksale namhaft zu machen. Dies ergibt einen viel deutlicheren, vor allem aber einen lebendigeren Einblick, in die Lebensverhältnisse früherer Zeiten.
Zahlreiche Bildzeugnisse in dieser Chronik sollen das Geschehen vergangener Tage anschaulicher machen. Hierbei wurden, soweit vorhanden, Bilder von Dahlen und Umgebung verwendet. Waren solche nicht verfügbar, wurde auf Werke aus anderen Quellen zurückgegriffen, wobei weitgehend auf die zeitliche Zuordnung oder den regionalen Bezug geachtet wurde.
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Touristen, die aus anderen Bundesländern eher zufällig in unsere Gegend kommen, hören und sehen oft das erste Mal etwas von der Stadt Dahlen. Besucher aus nicht so weit entfernten Gegenden oder auch aus anderen Landkreisen von Sachsen haben zumindest schon einmal von der „Dahlener Heide“ gehört. Die große Mehrheit von ihnen nimmt die Stadt lediglich als südliche Zufahrt in die Dahlener Heide wahr. Entschließen sie sich dennoch einmal für einen Halt in Dahlen, so bekommen viele den Eindruck von einem kleinen verschlafenen Städtchen. Spätestens aber, wenn die endlosen LKW-Kolonnen, die über die Bahnhofstrasse und den Markt donnern, ihre volle Aufmerksamkeit erzwingen, ziehen diese recht schnell weiter. Die wenigen aber, die sich dann hier doch intensiver umschauen, kommen recht bald zu der Erkenntnis, dass sie sich auf einem recht geschichtsträchtigen Boden bewegen. Dazu trägt nicht zuletzt das Schloss bei, das selbst noch als Ruine beeindruckt.
Dass eine Stadt, die auf rund 800 Jahre Geschichte verweisen kann, im Laufe ihrer langen Historie viele Höhen und Tiefen erlebt hat, versteht sich von selbst. Ob wir uns in der heutigen Zeit in einem Hoch oder einem Tief befinden, möchte ich nicht beurteilen. Das überlasse ich späteren Chronisten. Die Lebensbedingungen der meisten Einwohner sind so gut, wie in keiner Generation vor uns. Gleichzeitig wandern aber vor allem viele junge Menschen in zum Teil weit entfernte Regionen innerhalb und außerhalb Deutschlands ab, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Die Einwohnerzahlen sind rückläufig und das Durchschnittsalter nimmt immer mehr zu. In Dahlen gibt es heute bis auf wenige Ausnahmen kaum nennenswerte Industrie.
Die Kirche im Abendlicht
So ist die einstmals weithin berühmte Löwenbrauerei schon lange dem Verfall preisgegeben. Gastronomen fällt es ebenfalls schwer, ihr Geschäft am Leben zu erhalten. Die Errichtung solch imposanter Gebäude wie das Rathaus (1888) oder die Schule (1905) mag uns den Eindruck vermitteln, dass es der Stadt zu jener Zeit wirtschaftlich besser ging. Ob das auch für den einzelnen Bürger zutraf, ist jedoch fraglich. Was aber macht die Lebensqualität aus, nach welcher man seinen Wohnsitz wählt? Die meisten Einwohner von Dahlen haben ihre Wurzeln hier und denken, wenn sie nicht des Unterhalts wegen zum Wegzug gezwungen sind, über diese Frage nicht nach. Wer schon immer hier gelebt hat, ist mit Traditionen verwachsen, ohne dies oft selbst zu bemerken. Das beweist schon das reichhaltige Vereinsleben in Dahlen. Für viele mag aber auch die Nähe zur Natur eine große Rolle spielen. Welche andere Stadt gibt es, wo man innerhalb von fünf Minuten zu Fuß vom Markt aus den Wald erreicht? Für die meisten Einheimischen spielt die geschichtliche Entwicklung Dahlens eine eher untergeordnete Rolle, wenngleich die Stadt seit über 100 Jahren eines der ältesten Museen in der Umgebung besitzt.
Hartmut Finger
Dahlen, im August 2017
Bildquellen
1. Kirche im Abendlicht: (Foto: Hartmut Finger).
DIE ÄLTESTE GESCHICHTE UNSERER HEIMAT
Mittlere Steinzeitliche Besiedlung (Mesolithikum)
Wer waren die Menschen, die schon vor vielen Tausend Jahren in unserer Gegend lebten? Was hat sie dazu gebracht, gerade hier zu siedeln? Für unsere frühen Vorfahren muss es sich gelohnt haben ihr Lager hier, aber vor allem im weiteren Umkreis, aufzuschlagen. Erst in jüngster Zeit wurden im Leipziger Umland Siedlungsspuren gefunden, die bis zu 250.000 Jahre zurückreichen. Die Beschreibung dieser Siedlungsgeschichte des uns interessierenden Gebietes soll jedoch erst nach dem Ende der letzten Eiszeit, also vor etwa 12 000 Jahren, beginnen.
In jener Zeit, als das Klima in Europa allmählich wieder wärmer wurde, begann die kontinuierliche Besiedlung des Raumes, den wir im weiteren Sinne als unsere Heimat bezeichnen. Damit ist im wesentlichen das Territorium gemeint, welches heute das Land Sachsen ausmacht. In jener Zeit begann eine Besiedlung, die bis in die heutige Zeit eine fast ununterbrochene Fortsetzung gefunden hat.
Woher die ersten Bewohner kamen, die etwa 8 000 Jahre vor der Zeitenwende in unseren Landstrich zogen, ist bis heute nicht eindeutig geklärt. Es gibt aber keinen Zweifel, dass es sich um Menschen handelte, die ein nomadisches Leben führten. Die Zuwanderung erfolgte vor allem entlang der Flüsse Elbe und Mulde. Diese frühen Zuwanderer hatten keine festen Siedlungen, sondern, wie das bei Nomaden üblich ist, saisonale Rastplätze. Im Großen und Ganzen war die Siedlungsdichte sehr dünn. Bevorzugte Stellen für ihre Lagerplätze waren zumeist die angrenzenden Hügel entlang der Flüsse. Ihren Lebensunterhalt bestritten sie als Jäger und Sammler. Auch Fischfang ist denkbar. Zahlreiche Funde belegen, dass sie sich aber auch auf die Herstellung von Feuersteinwerkzeugen spezialisiert hatten.
Auf dem Gebiet des heutigen Dahlener Territoriums sind bisher keinerlei Funde dieser frühen Kultur gemacht worden. Der Dahlen am nächsten gelegene Lagerplatz aus dieser Zeit ließ sich auf dem Burzelberg in den Hohburger Bergen (ca. 15 km westlich von Dahlen) lokalisieren.
Jungsteinzeitliche Besiedlung (Neolithikum)
Die ersten Bewohner, die Feldwirtschaft im Gebiet des späteren Sachsen betrieben, wanderten etwa 5500 Jahre vor der Zeitenwende ein.
Der Ackerbau selbst hat nach heutigen Erkenntnissen seine frühesten Ursprünge in Ostanatolien. Er fand recht bald Verbreitung im Gebiet des sogenannten fruchtbaren Halbmondes im Nahen Osten und auch darüber hinaus bis nach Südosteuropa. Bei den Angehörigen dieser Kultur war die Herstellung von Keramik ebenfalls entwickelt. Im nördlichen Karpatenbecken haben diese Ackerbauern eine für sie ganz typische Art der Töpferei, die sogenannte Bandkeramik, hervorgebracht. Auf ihren Tongefäßen sind bandförmige Muster ein typisches Gestaltungselement. Anhand dieser Bandkeramik lässt sich heute sehr gut die Weiterverbreitung dieser Kultur nachverfolgen.
Typisches Gefäß der Bandkeramik aus einem