Kampf mit den Tloxi. Matthias Falke. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Matthias Falke
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Научная фантастика
Год издания: 0
isbn: 9783957770561
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ihn mit einem abwesenden Blick. Dann sah sie mich mit einer Skepsis an, die mich frösteln ließ.

      »Wir sind hier, um Ihnen zu helfen«, sagte ich rasch. »Machen Sie eine Aufstellung, was Sie brauchen. Dann werden wir es umgehend anfordern und unverzüglich nach unten bringen. Das Mutterschiff …«

      Ich kam nicht dazu, den Satz zu beenden. Draußen wurde wieder Alarm gegeben.

      »Was wir brauchen«, äffte der Stabsarzt. Sein Ton lavierte hart am Rand zur Insubordination. »Alles brauchen wir. Alles! Es ist von allem zu wenig da.«

      Er verstummte und lauschte auf die Sirenen. Irgendwo schien wieder ein feindlicher Flieger im Anflug zu sein.

      »Vor allem würde mich interessieren, wer dieses Himmelfahrtskommando angeordnet hat.«

      »Das ist nun nicht Ihr Problem«, sagte ich.

      »Und ob es mein Problem ist!« Er wischte sich mit der blutbefleckten Hand über das Gesicht. »Ich muss die Schweinerei schließlich zusammenkehren, die dabei entsteht.«

      »Reißen Sie sich zusammen, Mann!« Ich sah ihm fest in die Augen. »Eine Aufstellung, was Sie benötigen, nach Prioritäten gestaffelt, und wir werden sehen, was wir für Sie tun können.«

      Er zwang sich, meinem Blick standzuhalten, auch wenn seine Lider flatterten und seine Augen immer wieder seitlich ausbrechen wollten.

      »Wir sollten hier lieber weggehen«, sagte Jennifer leise.

      Sie zog uns ein paar Meter tiefer in die Halle hinein.

      Soldaten brüllten Kommandos. Die Kraftfelder, die die zerstörte Glasfront ersetzten, knisterten, als ihre Leistung bis zum Anschlag hochgefahren wurde. Dann war wieder das nervenzermahlende Röhren einer Turbine zu hören. Die Abwehrgeschütze auf dem Platz begannen, aus allen Rohren zu feuern. Auch der verbliebene Turm der Enthymesis schoss sich auf die anfliegende Maschine ein. Wie in einer Abfolge einzelner Standbilder sahen wir die ausgeklinkten Torpedos, die sich selbsttätig ihre Ziele suchten und dann mit der Wucht sterbender Sonnen krepierten. Aber auch das vereinigte Sperrfeuer war nicht wirkungslos. Der Jagdbomber war getroffen. Er überschlug sich, kreiselte ein paarmal um seine Achse und explodierte dann.

      Der riesige Platz war bloß noch ein Wühlen blutiger Flammen. Die Kraftfelder stauten eine Woge magnetischen Feuers und drängten sie stöhnend zurück. Über der Independence Plaza wütete ein Inferno, dessen Dröhnen uns in die Knie gehen ließ. Um die Enthymesis machte ich mir im Grunde keine Sorgen. Beim Atmosphäreneintritt war das Schiff stärkeren Belastungen ausgesetzt gewesen. Aber die Soldaten, die noch dort draußen unterwegs waren, hatten keine Chance. Der kilometerhohe Turm, in dessen Eingangshalle wir uns befanden, wankte. Der Boden zitterte wie ein Sterbender in den Krämpfen des Todeskampfes. Die Flammenwand löste sich auf. Tonnenschwere Trümmer regneten vom Himmel und zerschellten auf dem zu Ruß verbrannten Platz.

      Ich hatte mich unwillkürlich geduckt. Als ich mich wieder aufrichtete, spürte ich Draegers Blick auf mir liegen. Der Mann sah mich durchdringend an, aber er sagte kein einziges Wort.

      Ich suchte Jennifer. Sie stand ein paar Schritte abseits, hatte ihr Display aktiviert und fragte den Gefechtskanal ab.

      »Er kam von Süden«, sagte sie. »Die Ortung erfasste ihn, als er keine drei Kilometer vom Stadtrand entfernt war.«

      »Angesichts der Geschwindigkeit hat die Abwehr gut gearbeitet«, brummte ich.

      »Er ist durchgebrochen«, sagte Jennifer.

      »Immerhin haben sie ihn zur Strecke gebracht.«

      Die Plaza lag jetzt im stillen Schweigen eines nächtlichen Friedhofs. Ganz am gegenüberliegenden Ende, nur eine Silhouette mit gesenktem Kopf, harrte die Enthymesis aus. Sie schien unversehrt. Ich verkniff es mir, die Brücke zu rufen. Im Moment gab es andere Dinge zu tun.

      »Wir müssen Unterstützung bei Reynolds anfordern«, sagte ich. »Hier unten gehen wir ein.«

      Jennifer nickte. Kein Mensch konnte wissen, wie viele Jäger die Laya noch aus ihren submarinen Basen auf uns hetzten.

      »Die Aufstellung!«, rief ich zu Draeger, der unschlüssig herumstand und mit glasigen Blicken die Verwundeten musterte. Der Zustrom an neuen Verletzten war zum Erliegen gekommen. Die gewaltige Explosion hatte alles Leben auf dem Platz und im Stadtzentrum ausgelöscht. Die Soldaten, die sich in die Halle hatten retten können, waren ruhiggestellt. Wenigstens hörte so das Geschrei auf, das an den Nerven zerrte.

      »Schnell!« Ich beschrieb eine wedelnde Handbewegung.

      Auf dem Kommunikator rief ich die Marquis de Laplace. Es dauerte unangenehm lange, bis der Kanal sich aufbaute. Das Schiff war gerade auf der anderen Seite des Planeten und die Relais nach der Orbitalschlacht nur bedingt funktionstauglich. Wie in vorsintflutlichen Zeiten mussten wir uns mit einer einfachen akustischen Leitung begnügen. Und wie selbstherrlich waren wir in diese Schlacht gegangen!

      »Norton an Brücke«, sagte ich. »Könnt ihr mich hören?«

      Es krachte ein paarmal. Dann besann sich die Technik anscheinend, in welchem Jahrhundert wir uns befanden, und ließ endlich sich dazu herab, mich durchzustellen. Wir entbehrten jetzt schmerzlich des Tloxi-Kontinuums. In der kurzen Phase der einvernehmlichen Zusammenarbeit hatten Probleme dieser Art für uns aufgehört zu existieren. Jetzt waren wir auch hier weit zurückgeworfen.

      »Hier John Reynolds! Ich höre dich, Frank.«

      »Gott sei Dank.« Ich atmete auf.

      »Was ist denn da unten bei euch los?«

      »Hier ist die Kacke am Dampfen!«

      »Wir registrierten mehrere schwere Explosionen, darunter mindestens eine atomare.«

      »Letztere geht auf Rogers’ Konto. Wie weise die Entscheidung war, lasse ich dahingestellt.«

      »Ist die Stadt gesichert? Wir empfangen hier widersprüchliche Meldungen.«

      »Wir sind in die Bredouille geraten«, stöhnte ich. »Zwei Sachen: Wir brauchen unbedingt einen hochauflösenden Scan der Planetenkruste. Die Laya unterhalten noch submarine Basen, von denen aus sie uns immer wieder Jabos auf den Hals hetzen.«

      Schweigen. Das Problem an Reynolds war, dass er eine Sache immer erst bis in alle Eventualitäten durchdachte, ehe er sich zu einer Antwort entschließen konnte.

      »Bis du noch da, John?«

      »Ich höre dich, Frank. Aber es ist schwierig. Wir hatten schwere thermische Gefechte und einen geradezu verschwenderischen Einsatz von Mikroannihilatoren. Ich muss erst neue Satelliten aussetzen und sie auf das Schwerefeld des Planeten kalibrieren.«

      »Wie lange?«

      »Ein paar Stunden.«

      »Dann fang an.«

      »Aye!«

      Conrad Draeger kam herbeigelaufen, in der Hand einen Zettel mit blutverschmierten Kritzeleien. Im grünen OP-Licht der Notbeleuchtung konnte ich kein Wort entziffern. Dass die Ärzte immer eine solche Sauklaue haben mussten!

      »Was ist das zweite?«, fragte Reynolds.

      »Feldlazarett«, rief ich in den Kommunikator. »Wir haben allein hier – wir sind in der Halle der Nationalbank.«

      »Ich habe dich in der Ortung.«

      »Na, wenigstens das. Also wir haben hier mindestens fünfzig Schwerverwundete, alle erstversorgt und notdürftig sediert, aber keine Möglichkeit, sie zu operieren.«

      »Verstehe.«

      »Ich gebe dir die Liste durch, die der leitende Stabsarzt aufgesetzt hat.«

      »Bin ganz Ohr.«

      Ich versuchte, aus dem Zettel schlau zu werden. Dann schmiss ich ihn weg und gab Draeger stattdessen den Kommunikator in die Hand. Er griff dankbar zu und ratterte seine Wunschliste herunter. Fünf Ärzte, zwanzig Hilfskräfte, drei voll ausgestattete Feld-Ops, hundert Liter Blutkonserven, fünf