Michael M. Patterson, PhD
Contributing Editor
Genehmigter Nachdruck aus JAOA Vol 92,
Jun 1992, 689
Die Ausgabe des JAOA vom September 1991 enthielt den Artikel Nociceptive reflexes and the somatic dysfunction: A model von Richard Van Buskirk, DO (JAOA 1991 [91] 792 - 809). Dieser Artikel beschrieb eine wichtige Theorie über somatische Dysfunktion und deren physiologischen Grundlagen. In der gleichen Ausgabe des JAOA fand sich im Vorwort ein Appell für mehr theoretische Grundlagenforschung sowie der Hinweis auf die Notwendigkeit die osteopathischen Grundlagen durch wissenschaftliche Untersuchungen sowohl inhaltlich als auch klinisch zu überprüfen. Gute, wissenschaftlich stichhaltige und gut konzipierte Studien gehören vielleicht zu den schwierigsten Aufgaben, die ein praktizierender Osteopath in seinem Arbeitsumfeld in Angriff nehmen kann. In den meisten Fällen ist er für eine solche Aufgabe nicht gerüstet. Des Weiteren hat er oder sie nur begrenzte Zeit und Ressourcen, um eine solche Forschungsarbeit durchzuführen; und der potenzielle Forscher wird möglicherweise durch die aufwändige Dokumentation und die vielen Einzelheiten, die eine solche Studie benötigt, eingeschüchtert. Dennoch stellt sie die ultimative Versuchsbasis für die Ideen und Theorien der Profession dar.
Jeder einfache Wissenschaftler kann die Mechanismen sämtlicher klinischen Phänomene darstellen, die in der Praxis beobachtet werden. Unsere Bildungsinstitutionen sind zudem in der Lage, komplexe Studien zu unterstützen, die große Investitionen in Ressourcen und in menschliche Arbeitskraft bedürfen.
Zwar können wir uns Daten von anderen Professionen leihen, um Beobachtungen und klinische Erfolge der osteopathischen Profession zu erklären, aber einer der besten Wege die Effizienz der Osteopathie zu veranschaulichen, bleibt es nach wie vor, diese Phänomene in ihrem natürlichen Umfeld, im Praxisalltag, zu studieren. Viola M. Frymann, DO und ihre Kollegen, Richard E. Carney, PhD und Peter Springall, PhD, haben genau das getan. Dort präsentieren sie ab S. 729 die Ergebnisse einer sehr engagierten Unternehmung, das am Osteopathic Center for Children in LaJolla in Kalifornien durchgeführt wurde. Dabei entwarfen sie eine dreijährige Studie, welche die Auswirkungen der osteopathischen Behandlung bei Kindern mit neurologisch bedingten Entwicklungsproblemen evaluierte. Sie wurde mit immensem Aufwand betrieben, um die Behauptungen zu überprüfen, dass die Osteopathie nicht nur bei den Behandlungen von Rückenproblemen, sondern für ein breites Spektrum an Beschwerden des Menschen einen Nutzen erbringe.
Die Forscher evaluierten 186 Kinder im Alter von 18 Monaten bis zu 12 Jahren, die sich aufgrund neurologischer, allgemeinmedizinischer oder struktureller Erkrankungen osteopathischen manipulativen Behandlungen (OMTs) unterzogen. Die Daten zeigten, dass OMTs signifikante, positive Effekte auf der Ebene der neurologischen Entwicklung bei Kindern mit neurologischen Defiziten erbrachten. Diese erfreulichen Effekte hielten auch noch nach Abschluss der Behandlung an.
Bei dieser Studie wurde ausgesprochen viel Arbeit in Design, Durchführung, Analyse und Aufarbeitungen zum Zwecke der Veröffentlichung investiert. Sie sollte ein Eckpunkt für die osteopathische Profession werden, da sie auch beweist, dass solche Studien überhaupt machbar sind; dass sie tatsächlich durchgeführt werden können. Die Tatsache, dass OMTs offensichtlich wirksam sind, wie dies viele von uns als Vertreter der osteopathischen Profession vorausgesagt hatten, macht sie zu einer bahnbrechenden Studie. Sie wird weiteren Studien innerhalb des Praxis-Settings den Weg ebnen und das sollten wir hoch schätzen.
Es ist letztendlich das Setting in der Praxis, das der osteopathischen Philosophie als ultimative Untersuchungsgrundlage dient; so wird der Kreis von klinischer Beobachtung zur nachfolgenden klinischen Überprüfung geschlossen.
5. AUSWIRKUNGEN DER OSTEOPATHISCHEN BETREUUNG IN BEZUG AUF DIE NEUROLOGISCHE ENTWICKLUNG VON KINDERN
Viola M. Frymann, DO, FAAO,
Richard E. Carney, PhD
Peter Springall, PhDii
Genehmigter Nachdruck aus JAOA Vol 92 (6) 729 - 744, Jun 1992
Zusammenfassung:
Drei Jahre lang wurden am Osteopathic Center for Children Studien an Kindern zwischen 18 Monaten und zwölf Jahren durchgeführt. Ihre Reaktionen auf 6 - 12 osteopathische Behandlungen, die auf alle Gebiete der verzerrten inhärenten physiologischen Bewegung bezogen waren, wurden auf der Grundlage von Veränderungen in drei Kategorien sensorischer und drei motorischer Leistungsbereiche eingeschätzt. Houle’s Profile of Development wurde benutzt, um das neurologische mit dem chronologischen Alter zu vergleichen; die Ergebnisse wurden altersbezogen erfasst. Die Ergebnisse von behandelten Kindern wurden mit jenen verglichen, die sich in einer Wartezeit ohne Behandlung befanden.
Die neurologische Leistung bei Kindern, mit diagnostizierten neurologischen Problemen, nach der Behandlung verbesserte sich signifikant und zu einem geringeren Grad bei Kindern mit allgemeinmedizinischen oder strukturellen Diagnosen. Die Fortschritte der neurologischen Entwicklungen hielten über einen Zeitraum von mehreren Monaten an. Die Ergebnisse bestärken den Nutzen von osteopathischer Behandlung als Teil einer Kinderheilkunde, die auf der Philosophie und den Prinzipien der Osteopathie basiert.
(Schlüsselwörter: Strukturelle Integrität, inhärente physiologische Motilität, quantitative Evaluation, umfassende osteopathische Manipulation)
Die Osteopathie „ist eine Wissenschaft, die sich mit den natürlichen Kräften des Körpers beschäftigt.”1 Die osteopathische Philosophie und die Prinzipien dienten am Osteopathic Center for Children (OCC) des College of Osteopathic Medicine of the Pacific (COMP) seit über zehn Jahren als Leitbild für die Kinderheilkunde. Diese Art der Betreuung hat Kindern mit einer Vielzahl von medizinischen Problemen geholfen und ihr allgemeines Wohlergehen verbessert. Die vorliegende kontrollierte Studie wendet sich einem bestimmten Aspekt einer solchen Behandlung zu, nämlich der Anwendung der osteopathischen Behandlung, mit der Absicht die dem Körper inhärente physiologische Mobilität wiederherzustellen und somit die neurologische Entwicklung positiv zu beeinflussen.
Eine wachsende Zahl diagnostischer Bezeichnungen wird verwendet, um die Vielzahl langjährig bestehender Probleme von Kindern zu beschreiben, vom Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom2 bis hin zu Sprachstörungen. Dabei sind selten klare Abgrenzungen zwischen ihnen möglich. Jede Bezeichnung schließt über- und untergeordnete Komponenten anderer neurologischer Erkrankungen ein; etwa kann ein Kind mit Lernschwäche ein Verhaltensproblem aufweisen und Störungen der Wahrnehmung sind möglicherweise mitverantwortlich für die Lernschwierigkeiten.
Eine Reihe ätiologischer Faktoren tragen womöglich zu diesen klassifizierten Diagnosen bei. Aber auch hier kann ein bestimmter ätiologischer Einfluss zu einer Vielzahl an klinischen Dysfunktionen führen. Eine traumatische Geburt kann etwa zu mentaler Retardierung, Wahrnehmungsstörungen oder neuromotorischen Störungen führen; diese klinischen Probleme können aber auch im Zusammenhang stehen mit einem toxischen Einfluss durch Einnahme von Medikamenten während der Schwangerschaft, genetischen Defekten oder Enzephalitis in der Kindheit usw. (Abbildung 1).
In allen Fällen ist aber die somatische Dysfunktion das Bindeglied zwischen den ätiologischen Faktoren und dem klinischen Problem. Sie ist definiert als eine Dysfunktion der in Beziehung stehenden Teile des körperlichen Rahmens. Die meisten Fälle somatischer Dysfunktion gehen auf Geburtsereignisse oder andere Traumata in der frühen Kindheit zurück und können im Kranialen Mechanismus, im Becken oder auf jeder Ebene dazwischen gefunden werden; ebenso können sie in den muskuloskeletalen, membranösen und faszialen Mechanismen enthalten sein.
Die Beobachtungen am OCC haben immer wieder die Bedeutung des somatischen Systems für den Wachstums- und Entwicklungsprozess betont. Somatische Dysfunktion wird gemeinsam mit verzögerter neurologischer