Osteopathische Diagnostik und Therapie. John Martin Littlejohn. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: John Martin Littlejohn
Издательство: Автор
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Жанр произведения: Медицина
Год издания: 0
isbn: 9783941523357
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Kapillaren konstringiert und blutleer zurückbleiben. Das Ergebnis ist ein peripheres Frösteln bzw. entsprechende Kälte.

      5. Die Reaktion auf die periphere Konstriktion schlägt sich in einer verstärkten Herztätigkeit nieder. Das Herz muss stärker arbeiten, um das Blut durch die konstringierten Gefäße zu treiben, wobei die Kapillaren bereits voll von Blut unter kapillarer Spannung sind. Bei dem Versuch, mehr Arbeit zu leisten, schlägt das Herz rascher. Der Gewebezerfall geht mit einer stärkeren Verbrennung einher, das heißt mit dem Vorhandensein einer erhöhten Produktions-oder Zerstörungsaktivität im Blut.

      6. Der Andrang des Blutes mit diesen angesammelten Produkten verursacht Delirium und Degeneration der Organe.

      Diese Kette zu durchbrechen, ist nun Aufgabe der Fieberbehandlung. Der Hauptaspekt besteht darin, die Sperre zwischen der konstringierten Peripherie, dem überarbeiteten Herzen und der dysbalancierten Kontrolle der medullären Zentren zu brechen. Um dies zu erreichen,

      1. verwendet der Chirurg seine Lanzette, mit der er aus dem venösen Bereich genug Blut entfernt, um die Zirkulation durch die Kapillaren zu veranlassen und auf diese Weise eine periphere Dilatation aufzubauen.

      2. Der Arzt verwendet sein Aconitum, um die vasomotorischen Zentren – die Medulla – herunterzufahren, in der Erwartung, dass nach der Entfernung der Konstriktionssperre eine periphere Dilatation erfolgen und dadurch das Blut dem überarbeiteten Herz und dem irritierten Gehirn entzogen wird.

      3. Der Hydrotherapeut verwendet Wärme, um eine Dilatation des peripheren Blutsystems herbeizuführen und so den Wärmeüberschuss aus dem Körper abzuleiten und ein ausbalanciertes Gleichgewicht zwischen Herz, Vasomotion und Wärmeproduktion aufzubauen.

      4. Der Osteopath sorgt für Anpassung, indem er die irritierende(n) Ursache(n) der Toxinproduktion und -distribution korrigiert und auf diese Weise die normalen physischen und chemischen Veränderungen, die normale Blutzirkulation und die Balance zwischen dem zentralen und dem peripheren Herz (also dem eigentlichen Herzen und den Kapillaren) ermöglicht. Wie dabei im Einzelfall vorgegangen werden muss, hängt von der Läsion ab, die die primäre Störung verursacht hat.

      Fieber muss von fiebriger Temperatur unterschieden werden. Im letzteren Fall handelt es sich einfach um eine anomale Temperaturerhöhung, die auf eine irritierende Ursache zurückgeht. Diese irritierende Ursache kann z. B. mit einer Störung des Magens verbunden sein oder mit einer Läsion, die das Nervensystem betrifft.

      Fieber geht im Unterschied zu Temperatur aus vier verschiedenen Zuständen hervor, die gleichzeitig bestehen und zusammenwirken, um den fiebrigen Zustand hervorzurufen:

      1. Eine Erhöhung der Temperatur. Die normale Temperatur liegt bei etwa 37 Grad Celsius mit einer Abweichung von rund einem halben Grad nach oben oder unten, sodass also 36,5 und 37,5 Grad Celsius durchaus noch normal sind.

      2. Die Reaktion einer oder mehrerer Funktionen als Antwort auf die Temperaturerhöhung oder auf eine Irritation, die durch eine temperaturerhöhende Läsion verursacht wurde. Beispiele wären hier Störungen des Magens aufgrund einer Temperaturerhöhung oder Störungen der Nieren bzw. Lungen als Reaktion – wobei die zwei Letzteren eine funktionelle Reaktion seitens des exkretorischen Systems darstellen. Dies ist ein Grund, weshalb Pneumonie so fatal ist, sobald sie sich als pneumonischer Prozess aufgebaut hat, denn dann werden die Absonderungen auf diesem Weg ausgestoßen und belasten die Lungen. Die osteopathische Behandlung von Pneumonie zielt auf das vasomotorische System, um die Lungen zu veranlassen, diese Exkretionen durch die Zirkulation zu eliminieren. Gelingt dies nicht, wird der Patient aufgrund toxischer Absorption sterben.

      3. Malnutrition. Hier kommt es zu einer Desorganisation der Ernährung des Körpers. Verdauung, Stoffwechsel und Assimilation werden von ihrer normalen Kooperation getrennt, woraus Störungen und bisweilen auch ein funktioneller Stillstand in allen Ernährungsprozessen folgen.

      4. Das daraus resultierende Durcheinander äußert sich durch Heranbilden einer strukturellen Veränderung in einem oder mehreren Körpergeweben aufgrund oder mittels eines degenerativen Prozesses. Das ist die so genannte morbide Veränderung der Anatomie. Erinnern Sie sich beim Definieren oder Beschreiben eines Fiebers daran, dass alle vier eben aufgeführten Veränderungen Voraussetzung für das tatsächliche Existieren von Fieber sind.

      Fiebrige Temperatur (Nr. 1) ist ein physiologischer Prozess, in dem der Körper versucht, durch Mehrproduktion oder Akkumulation von Wärme einige Abfallelemente in den Geweben zu zerstören.

      Fieber ist auch ein physiologischer Prozess (Nr. 1 und 2) bis zu dem Moment, an dem wir Strukturveränderungen vorfinden (ab Punkt 3). Ab hier liegt ein pathologischer Prozess vor.

      Aus dieser Sicht von Fieber ergibt sich, dass die übliche Behandlungsmethode, also das Senken der Temperatur, falsch ist, denn einen stattfindenden physiologischer Prozess sollte man niemals stoppen. Der Temperaturanstieg hat einen bestimmten Zweck, nämlich die Zerstörung von Abfallstoffen. Die osteopathische Behandlung des Fiebers ist aus der physiologischen Perspektive wissenschaftlich.

      Sie besteht aus:

      1. Negativ: Senken Sie die Temperatur nicht, solange nicht die Gefahr besteht, dass der Patient kollabiert. Das wurde bereits unter dem allgemeinen Thema Fieber erörtert.

      2. Positiv: Beseitigen Sie den Befund, der den Temperaturanstieg bewirkt. Das heißt, führen Sie einen oder beide der folgenden Schritte durch:

      a. Beseitigung von Abraum bzw. Abfall aus dem System.

      b. Beseitigung irritierender Ursachen in Form von Läsionen, die sie höchstwahrscheinlich alle im vasomotorischen Bereich vorfinden werden.

      3. Bedroht der Temperaturanstieg das organische Leben (Anhaltspunkt sind hier Anzeichen für einen Kollaps beim Patienten), senken Sie die Temperatur:

      a. durch Ableiten der Wärme vom Körper. Wenden Sie zu diesem Zweck kalte Waschungen mit einem Schwamm, kalte Wickel oder ähnliche Hilfsmittel an.19

      b. durch irgendeine Form von Abdunstung. Bringen Sie den Patienten durch ein warmes Bad zum Schwitzen und dann mittels Absorption zum Abdunsten (oder verabreichen Sie ein Dampfbad) – oder

      c. durch Stimulation der Schweißabsonderung mittels osteopathischer Behandlung.

      d. Verwenden Sie kein Herzsedativum als Medizin oder Behandlungsform, denn durch das Herunterfahren der Herzaktivität wird verhindert, dass das Herz die Wärme über das Blut zerstreuen kann. Stattdessen wird die Wärme im Körper gehalten.

      Durch temperatursenkende Medikamente, so genannte Antipyretika, wird versucht, die Temperatur auf eine der folgenden zwei Arten unter Kontrolle zu bekommen:

      1. durch Stoppen der Wärmeproduktion bzw. durch Blockade dieses Prozesses;

      2. durch Verlangsamen der Herzaktivität.

      Beide Methoden – ob nun einzeln oder zusammen angewendet – sind schädlich, weil

      1. beim Stoppen der Wärmeproduktion die Abfallelemente noch im System gehalten werden,

      2. beim Verlangsamen der Herztätigkeit auch die gesamte systemische Zirkulation ‚herunterfährt‘ und das Herz so geschwächt wird, dass der Patient letztlich nicht an einer Fiebererkrankung, sondern an Herzversagen stirbt – weil er einfach nicht vital genug ist, um das Absenken der Herzaktivität zu überstehen. Die lebensnotwendige Widerstandskraft ist gering.

      Das zweite Fieber-Stadium besteht in der Reaktion auf eine Funktion, wodurch diese nachlässt oder ganz versagt. So findet etwa bei Typhusfieber eine Reaktion auf die Zellen der Peyer-Drüsen im Darm statt, was zu einer Beeinträchtigung der Darmfunktion führt. Das zeigt sich z. B. in ständiger Verstopfung oder in ständiger Diarrhö.

      Bei zerebralem Fieber betrifft die Reaktion die Gehirnzellen, sodass diese ihre Funktion bis zum Kontrollverlust verlieren, was sich entweder im Gehirn selbst oder auf Funktionen außerhalb des Gehirns auswirkt.

      Bei Malariafieber betrifft die Reaktion das Blut als Gewebe:

      1.