9. Zum Abschluss: fromme Wünsche ...
… an Chefredakteure, Medienmanager, Medienpolitiker und andere, die Österreichs Medienlandschaft in Zukunft prägen werden.
An den Bundeskanzler und die SPÖ / An die „Kronen Zeitung“, speziell an Christoph Dichand / An den „Standard“ / An Alexander Wrabetz / An die Jung journalisten / An die Chefredakteure / An die Journalistengewerkschaft / An den News Verlag / An die Damen und Herren Professoren / An Michael Fleischhacker und Christian Ortner / An die Geschäftsführer von Medienunternehmen
„Die Zeitung ist wichtiger als die Deutsche Bank.“
Heribert Prantl Mitglied der Chefredaktion der Süddeutschen Zeitung
Einleitung und Zusammenfassung
Seit Jahren gefällt sich die Medienbranche darin, ihren eigenen Untergang herbeizureden und herbeizuschreiben. Die österreichische ist darin besonders virtuos.
Ich glaube nicht an diesen Untergang. Ich bin überzeugt, dass die allseits beschworene Medienkrise zu einem großen Teil eine eingebildete ist. Dass die Medien besser sind als ihr Ruf und dass seriöser Journalismus eine große Zukunft hat.
Deshalb habe ich dieses kleine Buch geschrieben.
Kapitel eins ist ein Plädoyer für mehr Optimismus und gegen das systematische Krankjammern der gesamten Medienbranche. Die anderen acht Kapitel bieten Lösungen an, wie der Journalismus und die Medienbranche aus ihrer Kollektivdepression herausfinden. Wie sie so manche herbeifantasierte Pseudoprobleme als solche erkennen. Wie sie die wirklichen Probleme lösen können und in ein paar Jahren aus der angeblich größten Medienkrise aller Zeiten runderneuert und gestärkt hervorgehen.
In Kapitel zwei, drei und vier geht es zuerst einmal ums Geld: um die Frage, wie guter Journalismus auch künftig gesichert werden kann. Die Antworten, kurz vorweggenommen: durch einen werbefreien, aus Steuermitteln statt Gebühren finanzierten ORF, durch private Mäzene wie in den USA, durch neue Modelle der staatlichen Medienförderung – und dadurch, dass die Verlage endlich die Allmacht der Controller beschränken.
Kapitel fünf beschäftigt sich mit der Frage, welche Rolle das nach wie vor wichtigste Medium dieses Landes, der ORF, künftig spielen soll. Es zeigt, warum gerade in Österreich ein starkes öffentlich-rechtliches Medium für die politische Information der Bürger und damit für das Funktionieren der Demokratie unverzichtbar ist – und dass der ORF deshalb künftig mehr Geld und mehr Journalisten braucht.
Kapitel sechs beschreibt, warum die Medien im Jahr 2008 völlig versagt haben, den weltweiten Zusammenbruch des Wirtschafts- und Finanzsystems auch nur ansatzweise vorherzusehen – und was der Journalismus ändern muss, damit so etwas nicht noch einmal passiert.
Das siebte Kapitel beweist, dass die Medien im Allgemeinen und das Fernsehprogramm im Besonderen, entgegen der landläufigen Meinung, besser sind denn je, dass aber das Publikum mit der heutigen Medienvielfalt hoffnungslos überfordert ist. Und dass es deshalb wichtiger wäre, eine große Medienalphabetisierungskampagne zu starten als immer und immer wieder den angeblichen Niedergang des Journalismus zu beklagen.
Kapitel acht widmet sich der Frage, was Journalisten, vor allem die jungen, künftig können müssen, um erstens einen Job zu bekommen, ihn zweitens zu behalten und ihn drittens, und das ist das Wichtigste, ordentlich zu machen.
Zum Abschluss, im neunten Kapitel, erlaube ich mir, ein paar fromme Wünsche zu äußern: an Alexander Wrabetz, Christoph Dichand, die SPÖ und andere, die in der österreichischen Medienwelt etwas zu sagen haben.
Ich hoffe, ich kann auf den folgenden Seiten ein paar Ideen anbieten, mit denen auch Praktiker etwas anfangen können: Journalisten, Chefredakteure, Medienmanager, Journalismus-Studierende. Als ehemaliger Journalist verwende ich, wenn es um die Probleme und Anliegen der Journalisten geht, die „Wir“-Form – in der Hoffnung, dass ich in nunmehr neun Jahren als Leiter des Instituts für Journalismus & Medienmanagement der FH Wien das Verständnis für die Praxis nicht verloren habe.
Das Buch richtet sich aber auch an Leser außerhalb der Medienbranche: an Medienkonsumenten, die ein wenig hinter die Kulissen des Journalismus blicken wollen; an Lehrer, die ihren Schülern die Welt der Medien erklären wollen; an all jene, die manchmal an den Unzulänglichkeiten des österreichischen Journalismus verzweifeln.
Wichtige Teile des Buches verdanke ich einem von der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) und der Gemeinde Wien finanzierten Forschungsprojekt, das die Zukunft des Qualitätsjournalismus im Allgemeinen und die des ORF im Besonderen zum Thema hat.
Reinhard Christl, Wien 2012
1. Schluss mit dem Krankjammern
Keine andere Branche redet mit einer derartigen Lust am Untergang ihr eigenes Ende herbei wie der Journalismus. Ein Plädoyer für mehr Optimismus und Selbstbewusstsein.
Die Situation ist trostlos, die Probleme türmen sich. Im Wochentakt kommen schlechte Nachrichten: Die Konkurrenz ist auf dem Vormarsch. Neue Technologien drohen das eigene Geschäftsmodell obsolet zu machen.
Das Ende rückt näher.
Dennoch sind die Minister der erdölexportierenden Länder zumeist guter Dinge, wenn sie zu ihren turnusmäßigen Treffen zusammenkommen. In offiziellen Stellungnahmen der OPEC-Tagungen findet sich kein Satz über neue Windkraftwerke oder andere boomende Formen der Energiegewinnung. Niemand jammert über das schlechte Image der Branche. Und obwohl feststeht, dass eines Tages auch die letzten Erdölvorräte aufgebraucht sein werden, fiele es den Herren nicht im Traum ein, in der Öffentlichkeit über das bevorstehende Ende ihres Geschäftsmodells zu debattieren. Das wird, wenn überhaupt, intern besprochen. Vor den Augen und Ohren der Kundschaft wird eine heile Welt zelebriert, in der das Öl bis zum Ende aller Tage fließt.
Man kann dieses Verhalten natürlich ignorant finden – aber es hat einiges für sich. Bekanntlich soll ein Kaufmann seine Ware loben, nicht schlechtreden. Öffentliche Selbstgeißelung nützt niemandem. Sie ruft nur die Konkurrenz auf den Plan. Es tut einer Branche nicht gut, wenn sie