Das Stadion – die besterhaltene Anlage ihrer Art in Albanien
Außerhalb des Mauerrings, nach Süden hin, erhebt sich das gut erhaltene, in den 1950er-Jahren ausgegrabene Stadion der Stadt. Hier fanden sportliche Wettbewerbe zu den wesentlichen religiösen und politischen Festen statt. Es wurde um 300 v. Chr. errichtet, wie die Archäologen den hier gefundenen Inschriften entnehmen konnten. Seine Nutzung endete nach 600 Jahren im 3. Jh. n. Chr.
Die imposante Sportstätte besaß eine rund 190 m lange und ca. 13 m breite Laufbahn. Die Anlage bot Platz für etwa 4.000 Zuschauer.
Von den Zuschauerrängen haben sich im Westen noch 17 Sitzreihen erhalten und im Osten acht. Interessanterweise lassen sich noch heute an verschiedenen Stellen eingeritzte Namen lesen, die auf die Platzinhaber schließen lassen.
Der Tempel der Aphrodite
Unterhalb der südlichen Stadtmauern konnten albanische Archäologen auf einer Terrasse die Reste eines Tempels freigelegen. Dass es sich hier um den Tempel der Aphrodite handelte, legt eine Inschrift nahe. Sie nennt nämlich einen Memnon, der den Tempel der Aphrodite auf eigene Kosten restaurieren ließ.
Auch wenn im Gelände nur noch der Unterbau zu sehen ist, handelte es sich um ein wichtiges Bauwerk, weil dieses einer der wenigen rein griechischen Tempel in Albanien war (Abb. 6).
Abb. 6 Amantia. Der Tempel der Aphrodite und die christliche Basilika.
Auf dem dreistufigen Unterbau erhob sich der etwa 17 m lange und 6,7 m breite Tempel. An beiden Schmalseiten standen jeweils vier Säulen. Zu beiden Seiten bildete der Tempel Anten aus, die an der Ostseite mit zwei eingestellten Säulen den Pronaos bildeten, während im Opisthodom an der Südseite die eingestellten Säulen fehlten. Vom Pronaos aus gelangte man in den eigentlichen Kultraum. Dieser war mit zwei Säulenreihen zu je vier Säulen gegliedert. Bei den Ausgrabungen wurden zudem Bruchstücke der Giebelskulpturen gefunden.
Tempel / Basilika
Unmittelbar östlich des Aphrodite-Tempels befand sich ein weiterer Tempel, der jedoch später in eine frühchristliche Basilika aufging. Bei dieser handelte es sich um einen quadratischen Innenraum, der im Osten um eine Apsis erweitert war. Der Zugang erfolgte über einen im Westen vorgelegten Narthex, der im Norden und Süden um kleine Kapellen erweitert worden war. Von der Innenausstattung sind Reste des Altars und des Bemas erhalten.
Literatur
O. J. Gilkes, Albania (2013) S. 25−31 Abb. 5−8; P. Kracht, Illyrische Höhen, griechischer Luxus und römische Theater, AW 41 / 3 (2010) 58; P. R. Franke, Albanien im Altertum, in: P. R. Franke, Albanien im Altertum (1983) S. 17−19 Abb. 24−29.
Hoch über dem Drin – nur wenige Kilometer von der Museumsstadt Gjirokastër entfernt und trotzdem fast ein wenig vergessen – liegt das einst so stolze Antigonea, genannt nach einer Königsgemahlin.
02 ANTIGONEA – MIT NEUER TECHNIK AUF DEN SPUREN DES VERBORGENEN
ALBANIEN
Der Besuch von Antigonea führt zu einer Stätte, die nicht nur von besonderer historischer und archäologischer Bedeutung ist, sondern sich auch durch ihre spektakuläre Lage auszeichnet.
Geschichtlicher Überblick
Die Geschichte Antigoneas beginnt in hellenistischer Zeit. Der epirotische König Pyrrhos gründete die Stadt, wie Plutarch berichtet, in den 290er-Jahren v. Chr. und benannte sie nach seiner ersten Frau, Antigone.
Die Lage des Ortes war lange Zeit umstritten. Bei Ausgrabungen in den 1970er-Jahren fanden albanische Archäologen in der Burg von Jerma „Psephoi“. Das waren Marken für Wahlen oder den freien Eintritt in das Theater, die den Namen Antigonea durch Inschriften belegen. Aufgrund der strategischen Lage – vom Stadthügel aus ließ sich das Tal des Drin kontrollieren – spielte Antigonea im 3. und 2. Jh. v. Chr. mehrfach eine bedeutende Rolle. Dennoch wurde sie 167 v. Chr. mit 70 anderen Städten zerstört, wie uns Strabo berichtet. Archäologische Zeugnisse – eine großflächige Brandschicht mit datierbarem Material – bestätigen dies.
Zur Stadtgeschichte schweigt sich die Forschung bislang aus. Deutlich geworden ist aber, dass die Stadt bereits wenige Jahrzehnte nach ihrer Gründung stark bevölkert war. Aufgrund der Handwerks- und Handelstätigkeit dominierte sie die älteren Stadtsiedlungen der Umgebung und wurde zum Sitz eines Koinon. Wie es scheint, wurde der Platz nach 167 v. Chr. nicht gänzlich aufgegeben. Im Stadtgebiet fand man frühchristliche Kirchen, die eine spätere Besiedlung voraussetzen. Um diese Fragen zu klären, wird die Spatenforschung noch viel Zeit und noch mehr Geld benötigen. Jedoch deutet alles darauf hin, dass die Siedlung endgültig im 6. Jh. durch Slawen zerstört wurde.
Forschungsgeschichte
Im Vergleich zu anderen historischen Stätten setzten die Ausgrabungen in Antigonea erst sehr spät ein. Zwischen 1960 und 1980 führten albanische Archäologen Untersuchungen durch. Später sollte ein albanisch-griechisches Team an dem Platz forschen, eine durchaus sinnvolle Kooperation, weil sich die historische Landschaft Epirus über Teile beider Länder erstreckt. Seit 2002 werden von albanischer Seite wieder regelmäßig Untersuchungen durchgeführt, bei denen seit einigen Jahren auch italienische Archäologen beteiligt sind. So versuchen sie, mit Drohnen einen Überblick über die urbanen Strukturen Antigoneas zu gewinnen.
Funde und Befunde
Was lässt sich bislang über Antigonea aus archäologischer Sicht sagen? Die Forschungen haben gezeigt, dass der Ort auf einem rund 700 m über dem Meeresspiegel liegenden Plateau angelegt wurde und eine Fläche von 47 ha einnimmt. Sie gilt damit als eine der größten Städte Südillyriens und Epirus.
Die Stadtmauer
Eingefasst war das Stadtgebiet durch eine 4.000 m lange Befestigung aus mächtigen Quadern und polygonalem Mauerwerk (Abb. 7). Verstärkt wurde diese Mauer durch Türme mit rechteckigem Grundriss, die etwa in einem Abstand von 32 m errichtet wurden. Datiert werden die Befestigungen bislang durch Vergleiche mit anderen Anlagen in das späte 4. oder 3. Jh. v. Chr. Der Zugang in die Stadt erfolgte über mehrere Toranlagen.
Abb. 7 Antigonea. Mächtige Quader bilden die Stadtmauer.
Urbane Strukturen
Die Forschungsarbeiten ließen bislang erkennen, dass es in der Stadt vier Bereiche mit unterschiedlichen Funktionen gab. Drei davon bildeten sicherlich den Kern der Stadt, nämlich eine Verwaltungszone mit der Akropolis (Abb. 8), die Agora und die Wohnquartiere. Bei dem vierten Bereich – so die Archäologen – handelte es sich um eine Fläche,