Dracheneid. Tilo K. Sandner. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Tilo K. Sandner
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Историческая фантастика
Год издания: 0
isbn: 9783939043478
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dich nicht um die ruppige Art des Alten, er meint es nicht wirklich so. Du weißt doch, dass Ritter Rostorrh nicht so schnell zu überzeugen ist“, entschuldigte sich der Lorhdrache bei Adalbert für den alten Kämpfer.

      „Eine Entschuldigung ist nicht nötig, denn ich kann Ritter Rostorrh nur zu gut verstehen. Ich wäre auch überrascht, wenn ausgerechnet jemand wie ich behaupten würde, solch verborgene Dinge zu wissen. Dennoch ist es so. Vielleicht irre ich mich ja, aber ich fühle, dass ich weiß, wo die Formel zu suchen ist.

      Wir haben bereits darüber gesprochen und die wunderschöne Lady Coralljah wollte mit mir schon längst dort hingehen und die Stelle aufsuchen. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass wir zu den Runen gehen müssen, die sich mir in der Höhle tief unterhalb der Drachenschule gezeigt haben, als ich mit dem Horn von Fantigorth und meinen Freunden Trulljah, Maradill und Jordill dort war.“

      „Das könnte tatsächlich sein“, stimmte die Drachenlady Coralljah zu. „Ich habe mich schon die ganze Zeit gefragt, warum das Horn gerade diese Stelle mit seinem magisch-grünen Licht erhellt hat. Nun ergibt es endlich einen Sinn. Das Horn von Fantigorth oder dein Geistdrache Rorgath wollten dir zeigen, wo du die geheime Formel finden kannst.“

      „Ich selbst konnte mit den geheimnisvollen Runen zu diesem Zeitpunkt nichts anfangen und war auch mit der Botschaft meines Geistdrachen zu sehr beschäftigt, als dass ich sie mir gemerkt hätte, aber die drei Elfenbrüder taten es“, fügte Adalbert noch hinzu.

      „Wortrillh, bitte hole die Elfen zu unserer Besprechung hinzu und sorge dafür, dass eine Schiefertafel bereitsteht, auf der sie ihre Erinnerungen an die Runen aufmalen können“, bat Okoriath den Anführer der Saalwache, die sowohl aus eleganten Elfen als auch aus stämmigen Zwergen des Hochgebirges bestand.

      „Euer Wunsch sei mir Befehl, edler Lorhdrache!“, sagte der pflichtbewusste Wortrillh, gab einigen seiner Elfen und Zwerge ein schnelles Zeichen und machte sich dann unverzüglich auf den Weg.

      Nachdem der Anführer der Saalwache die Elfenbrüder kurz darauf in die Ratshöhle geführt hatte, wurden auch sie von Okoriath begrüßt, der anschließend das Wort an Lady Coralljah übergab.

      „Trulljah, als Ältesten von euch drei Brüdern möchte ich dich fragen, ob ihr euch noch an die Runen erinnern könnt, die ihr in der Höhle gesehen habt, nachdem sie durch das Horn grün erhellt wurde?“, fragte die Lady Coralljah freundlich, die sich mit den alten Schriften und Überlieferungen auskannte wie kein anderer Drache.

      „Ich denke schon, dass wir uns noch an die eine oder andere Rune erinnern können“, antwortete der Elf selbstsicher.

      „Dann möchte ich euch bitten, alle Runen, die euch noch in den Sinn kommen, jetzt auf die Tafel zu malen“, forderte sie die drei Brüder auf.

      Trulljah blickte kurz zum Lorhdrachen hinüber, um sicherzugehen, dass dieser der Bitte der Drachenlady zustimmte, worauf Okoriath freundlich nickte. Also begannen die Elfen, eine Menge Runen auf die Tafeln zu bringen. Besonders fleißig war dabei Maradill, der sich augenscheinlich die meisten Zeichen gemerkt hatte. Nachdem er dann als Letzter der Brüder die Kreide aus der Hand gelegt hatte und ein paar Schritte zurückgetreten war, betrachtete jeder Einzelne in der Ratshöhle schweigend die Schiefertafel. Damit auch Zaralljah und der Jungritter Tomporillh einen Blick auf die Tafel erhaschen konnten, mussten sie ihre Logen verlassen.

      „Nun schönste Lady Coralljah, lasst uns nicht in Unwissenheit schweben, wenn Ihr bereits etwas von diesen wirren Runen lesen könnt“, bat sie der Lorhdrache, der als einziger Drache im ganzen Land ein weißes Schuppenkleid hatte. Dieses war ein Zeichen für seinen Rang und seine Weisheit.

      „Ich bin mir nicht wirklich sicher. Viele dieser Zeichen kann ich so nicht eindeutig erkennen. Aber bei einigen Runen könnte ich mir vorstellen, was sie bedeuten oder worauf sie hinweisen.“

      Nach diesen Worten erhob sich Lady Coralljah, ging näher an die Tafel heran und zeigte dann auf ein nahezu dreieckiges Symbol am oberen rechten Rand der Schiefertafel.

      „Ich bin mir ziemlich sicher, dass dieses Zeichen Einleitung bedeutet. Bei diesen beiden Symbolen“, hierbei deutete sie auf zwei übereinandergeschriebene Runen am linken Rand der Tafel, „könnte es sich wohl um die Bedeutung Hinüberführung, Übertragung oder Geburt handeln.

      Die drei Zeichen in dieser speziellen Anordnung hier unten können nur eines bedeuten: der Neugeborene!“

      Ein Raunen ging durch die Runde der erstaunten Zuhörer in der Halle.

      „Seid Ihr Euch da ganz sicher, werte Lady Coralljah?“, fragte der alte Elfenkönig Trillahturth eindringlich.

      „Ja, daran gibt es nicht den geringsten Zweifel. Ich bin mir ganz sicher, dass uns die Zeichen zumindest einen Hinweis auf die verborgene Beschwörungsformel geben könnten, die Adalbert hoffentlich bald benötigen wird.“

      „Olstaff, was denkst du? Könnte das die Formel sein?“, fragte der Lorhdrache nun seinen Archivar.

      Der alte Mann strich sich mehrfach zutiefst nachdenklich durch seinen langen, grauen Bart, betrachtete eine gefühlte Ewigkeit lang die verschiedenen Runen und blickte dem Lorhdrachen Okoriath dann tief und fest in die Augen.

      „Als ich seinerzeit hier an der Drachenschule ankam, gab es so gut wie keinerlei Dokumente oder Schriftrollen über die Geschichte des Drachenlandes. Erst im Laufe vieler Jahrzehnte konnte ich mit Hilfe einiger Elfen, Zwerge und Drachen das zusammentragen, was unsere heutige Bibliothek und das Archiv mit teilweise unvorstellbar wertvollen Schriften und Rollen ausmacht. Dabei haben mir besonders die sorgsam überlieferten Schriftrollen der Elfen und die Steinreliefe der Zwerge aus den tiefsten und finstersten Stollen des dunklen Nordlandes unermessliche Hilfe geleistet. Glücklicherweise durfte ich sie alle übertragen und konnte das Wissen der Elfen und Zwerge mit dem der Drachen hier an der Drachenschule vereinen.

      Schon sehr oft habe ich mich gefragt, ob es aus früheren Jahrhunderten noch weitere Überlieferungen gibt. Tatsächlich bin ich fest davon überzeugt, doch ich hatte keine Ahnung, wo ich danach suchen sollte. Bis heute. Denn warum sollten diese Überlieferungen nicht hier in den unzähligen Höhlen, Gängen und Stollen der Drachenschule zu finden sein, die in früheren Jahrhunderten zwar keine Schule, aber schon immer ein Drachenhort war? Soviel ich weiß, lebten hier in grauer Urzeit sogar einmal die grässlichen Trolle mit den Drachen gemeinsam, was auch die unsauber gehauenen Stollen erklärt, die …“

      „Eure Forschungen in Ehren, aber jetzt und hier ist nicht der richtige Zeitpunkt, um einen ausschweifenden Exkurs in die Geschichte des Drachenlandes zu machen“, unterbrach Lady Coralljah den gelehrten Olstaff, der sich gerade warmzureden schien.

      „Also gut, dann fasse ich mich kurz. Wenn ich richtig darüber nachdenke, gibt es eigentlich keinen besseren und logischeren Ort, wo die verschollene Formel versteckt sein könnte, als genau hier, tief unter unseren Füßen“, sagte der Chronist, der gerne noch mehr ins Detail gegangen wäre.

      „Adalbert, es ist nun an dir, uns zu der Stelle zu führen, wo wir uns die Runen selbst ansehen können. Kaum zu glauben, dass wir seit Jahrhunderten nie etwas von diesen Geheimnissen erfahren haben. Wer weiß, was da noch so alles im Verborgenen schlummert und nur darauf wartet, entdeckt zu werden.“

      Mit diesen Worten löste der Lorhdrache die Versammlung auf und forderte alle auf, dem nervösen Jungen zu folgen. Adalbert hoffte inständig, dass er die genaue Stelle wiederfinden würde und dass sich die geheimnisvollen Runen unter Zuhilfenahme des Horns von Fantigorth dann auch erneut zeigen würden. Deutlich war die knisternde Spannung zu spüren, die über jedem Einzelnen der Gruppe hing.

      Draußen wartete die kleine Birgit. Frech ergriff sie die Hand ihres Freundes Adalbert und ließ es sich nicht nehmen, an der Spitze des Drachenrates neben ihm, Lady Coralljah und dem Lorhdrachen Okoriath zu laufen. Keiner wies das kleine Mädchen zurecht, denn sie war allen ans Herz gewachsen.

      „Adalbert ich habe dich so lieb! Du bist mein großer Held!“, schmachtete Birgit unterdessen. Der Junge, dem das zu viel des Lobes war, versuchte vergeblich, seine Hand zu befreien, doch Birgit ließ