Altstadt-Blues 2.0. Waltraut Karls. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Waltraut Karls
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Триллеры
Год издания: 0
isbn: 9783961455577
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      Altstadt-Blues 2.0

      Die Kunststudentin Mona Blume versorgt aus noch vorhandenen romantischen Gefühlen, den Bordercollie-Mischling ihres Exfreundes Micha, einem Kameramann beim ZDF, der gerade dienstlich zum Dreh in Bhutan weilt. Müde und verdrießlich von der feuchtfröhlichen Nacht im Johannisfest-Trubel inmitten lauter Pärchen, gibt Mona dem dringenden Pipibedürfnis ihres Gasthundes nach und lost ihn genervt auf die menschenleere Zitadelle. Als es oberhalb im dichten Gebüsch raschelt und Troll sich seltsam gebärdet, während er eine Digitalkamera unter einem geparkten Auto aufspürt, beschleicht Mona ein be-klemmendes Gefühl von Angst. Die Kamera achtlos über die Schulter geworfen, flüchten beide zurück in die belebte Fußgängerzone. Zu Hause entdeckt Mona angeekelt, das angetrocknete Blut am Gehäuse und benachrichtigt die Polizei. Blauäugig glaubt sie, die Angelegenheit wäre mit der Übergabe der Kamera erledigt, doch weit gefehlt.

      Als die Polizei am nächsten Morgen vor der Tür steht, argwöhnisch beäugt von der klatschsüchtigen Hausmei-stergattin, und sie aufs Präsidium bittet, beginnt für Mona kurz vor den Semesterferien eine berauschende Zeit, die ihr gerade ruhig dahin plätscherndes Singleleben völlig aus dem nachdenklichen Gleichgewicht katapultiert. Insgeheim schon auf der Suche nach einer neuen Liebe, stößt sie bei Streifzügen mit ihrer liebestollen Freundin Angie durch die Lokalitäten von Mainz immer wieder auf merkwürdige Vorfälle, trifft skurile Gestalten der Nacht und ohne es zu ahnen, auch auf einen Mörder.

      Als dann aus der Coface-Arena erneut eine Politesse spurlos verschwindet, überstürzen sich die Ereignisse…

      Waltraut Karls, geboren in Trier, lebt seit etwa dreißig Jahren im Herzen der Mainzer Altstadt. Sie studierte Design/Visuelle Kommunikation an der FH Trier, Screen-Design an der Multimedia-Akademie Mainz, Bildende Kunst an der Universität Mainz und ist vielen bekannt durch ihre zahlreichen Ausstellungen mit eigenen Bildern. Sie unterrichtete drei Jahre im Schuldienst und illustriert Kinderbücher. »Altstadt-Blues 2.0« ist ihr Debüt-Roman

      Waltraut Karls

      Altstadt-Blues 2.0

      Der etwas andere Kriminalroman

      Engelsdorfer Verlag

      Leipzig

      2017

      Bibliografische Information durch die Deutsche

      Nationalbibliothek:

      Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

      Zweite überarbeitete Auflage

      Copyright (2017) Engelsdorfer Verlag Leipzig

      Alle Rechte beim Autor – Mail: [email protected]

      Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)

       www.engelsdorfer-verlag.de

      Hundemüde, brennende Füße und der stechende Schmerz im Nacken. Hoffentlich kein Vorbote für einen steifen Hals, ihren alten Bekannten aus heiterem Himmel, den sie in den nächsten drei Wochen wirklich nicht brauchen kann. Aber fünfundsiebzig Parksünder hat sie am heutigen Sam stagabend des Johannisfestes im MDE, im mobilen Datenerfassungsgerät, registrieren können. Damit ist sie vollauf zufrieden. Ein ordentlicher Schnitt für den letzten Arbeitstag vor dem Urlaub. Nur, dass sie, Gerda Buchdruck, das gesamte Equipment der neuen Partnerin Kathrin, zusätzlich neben ihrem eigenen, nach Hause und morgen ins Amt transportieren soll, stinkt ihr gewaltig. Doch wie hätte sie dem Betteln der jungdynamischen Neuen widerstehen sollen?

      »Du bist die beste, die Beste von allen Kolleginnen! Bitte, bitte, bitte…!« Erst seit zwei Monaten gehört diese Kathrin zum Team und wollte es heute Nacht »…mal so richtig krachen lassen!«, wegen ihres dreißigsten Geburtstags.

      Nach Mitternacht wollte sie unbedingt darauf anstoßen und hatte Gerda, nach Ende der gemeinsamen Sonderschicht, überredet zum Besuch dieser merkwürdigen Kaschemme, welche die erfahrene Politesse normalerweise niemals betreten hätte. Kathrin ist die Erste, die lange mit der Einsatzleitung um die Ausnahme gerungen hatte, dass sie beide die Arbeitsgeräte nicht wie üblich nach Feierabend abliefern müssten. Morgen früh, so lautet ihr Deal, soll eine von ihnen zur Dienststelle in der Kaiserstraße kommen, um die erfassten Parkverstöße dieser Nacht ablesen zu lassen. An Gerdas Gürtel baumeln jetzt also zwei MDEs – neben der Tasche mit den übriggebliebenen, druckfrischen Strafzetteln und der Digitalkamera – und über ihrer Schulter schlenkern zwei ausgeschaltete Funkgeräte. Wie üblich hat sie den Schwarzen Peter gezogen und ärgert sich über sich selbst, dass sie sich wieder einmal zu etwas breitschlagen ließ, was sie eigentlich so nicht wollte. Vor der Kneipe atmet die zierliche Frau erst einmal tief durch, bevor sie so bepackt, den Abstieg zur Gaugasse beginnt. Unten angelangt torkelt ihr auf der begrenzten Verkehrsinsel inmitten der Gabelung der Straßenbahnschienen, im Durchgang zwischen den Robinien und dem dreistöckigen, skurrilen Schottenhof, ein Pärchen mittleren Alters entgegen. Es stützt sich mühsam schwankend immer wieder gegenseitig, kippt rechts und links auf die parkenden Autos am Straßenrand, um beim dritten Anlauf die Treppe zum Kästrich zu erklimmen, die sie gerade heruntergestiegen ist.

      Gerda schaut ihnen hinterher, verharrt kurz, dann blickt sie skeptisch zur beeindruckenden Kulisse der Stephanskirche, die sich hundert Meter weiter vor ihr in den Nachthimmel reckt. Mit dunklen Schlagschatten, dem verhangenen Mond und so in Dämmerlicht gehüllt, präsentiert sich die eigentlich vertraute Szenerie beklemmend unheimlich, was sie unwillkürlich erschauern lässt. Seit dem schweren Schicksalsschlag vor einem Jahr quälen Gerda sehr ambivalente Gefühle über ihr einstiges Urvertrauen zu Gott und den tiefen Glauben, den sie jetzt nicht mehr aufzubringen vermag. Sobald sie mit sich alleine ist, hadert sie mit dem unbarmherzigen Schicksal, das ihr alles nahm. Sie zweifelt immer wieder am Katholizismus und den streng gläubigen Familienbanden, in denen sie seit ihrer Kindheit so tief verwurzelt war.

      Diesen Gott, der ihren Lebensweg wie ein roter Faden begleitete, der als unerschütterlicher Halt stets an ihrer Seite war, ihn stellt sie jetzt infrage, weil sie seine Anwesenheit nicht mehr zu spüren vermag. Gerda streift sich fest über die Stirn, als wolle sie die trüben Gedanken hinweg wischen. Den verkürzenden, aber diffus beleuchteten Durchgang entlang der Kirchenmauern wird sie heute nicht nehmen, auch nicht die unzähligen Treppenstufen nach unten, die gleich dahinter zu Ball- und Bischofsplatz führen. Dort müsste sie so behängt quer durch die Feiernden und dümmliche Sprüche wären vorprogrammiert. Nach Überquerung der Schienenstränge entscheidet sie sich zu einer letzten Anstrengung am Finale des heutigen Abends. Zu den hundert Metern Anstieg bis zum Gautor, wo sie nach Linksbiegung über die Zitadelle nur noch bergab der Straße folgen muss, um so das Fest zu umgehen. Funkgeräte und Digitalkamera lasten schwer auf Gerdas müden Gliedern, als sie sich Schritt vor Schritt den Berg hinauf in Bewegung setzt. Das Ecklokal hat geschlossen und in der Gasse grölt eine Gruppe Betrunkener. Mit einem kleinen Umweg über den Südbahnhof kann sie dann unbehelligt zu ihrer Wohnung in der Uferstraße gelangen. Ausgelaugt und zerschlagen sehnt sie sich unbändig nach den eigenen vier Wänden. Hunger verspürt sie nicht, war doch das üppig belegte Mettbrötchen der einzige Lichtblick in jener verrauchten Pinte. Zuerst wird sie ausgiebig duschen, sich ein Gläschen vom süffigen Dornfelder kredenzen und die müden Füße hochlegen. Morgen beginnt endlich der verdiente Urlaub, drei unglaubliche Wochen lang. Vielleicht gelingt es ihr in dieser Zeit, die aufkeimende Freundschaft mit dem neuen Nachbarn zu vertiefen …? Seit über einem Jahr hat kein männliches Wesen sie mehr richtig geküsst. Niemand durfte ihre intimsten Stellen berühren, niemanden hat sie näher als einen halben Meter an sich herangelassen. Doch dieser stattliche Mann mit den sanften Augen, den gepflegten Händen und dem ansehnlichen Körper, der ihr vor zwei Wochen so intensiv und verständnisvoll zuhörte, der zärtlich und beruhigend über ihren Rücken streichelte … Ihre nervösen Hände behutsam in seinen auffing, als sie ihm in einem schwachen Moment ihre leidvolle Geschichte anvertraute.

      Nach jedem Treffen