Albanarius stimmte dem überraschend schnell zu. »Da hast du sicher recht. Doch es ist ein weiter Weg dahin und die Lumichs haben einen gehörigen Vorsprung. Bei meinem letzten Besuch habe ich deinem König Gallbart meine Hilfe zugesichert. Jetzt sag mir, ob du mich und den Kobold noch brauchst. Ich würde gern mit Bebo zu Gallbart fliegen und ihn sagen, wo du hinziehst.«
Gandobart sah Albanarius verwundert an. Dann überlegte er. Dabei kratzte er sich hinter seinen großen Ohren und strich sich über den Bart. Mitten in diesem roten Gestrüpp hatte ihm jemand einen Zopf geflochten. Daran zog er kurz und erklärte dann. »Wenn ich es so genau bedenke, so brauchen wir euch jetzt nicht weiter. Den Weg nach Banda kennen wir. Da müssen wir nur der Handelsstraße und dann der alten Heerstraße folgen. Am besten ist es wohl, wenn ihr zu unserem König fliegt und ihn fragt, was ihr ihm noch helfen könnt. Sagt ihm, das wir nach Banda wollen.«
Albanarius nickte und stimmte wieder zu. »Ja das werden wir machen. Ihr habt ja eure Netze bei euch, und mit ein wenig Glück könnt ihr die Lumichs in den Ruinen fangen. Da können wir euch kaum helfen. Die würden uns beim Anflug gleich entdecken und damit gewarnt sein.«
Gandobart hob beide Hände kurz hoch. »Oh, das wäre bestimmt nicht in unserem Sinne, also beeilt euch, wir können des Königs Hilfe in Banda gut gebrauchen.«
Der Zauberer und der Kobold verabschiedeten sich von den Zwergen und flogen auch gleich davon. Bebo wusste nicht genau, was er von diesem raschen Aufbruch halten sollte, doch er hatte so eine Ahnung. Unterwegs bat er Albanarius, auf einer kleinen Lichtung zu landen.
Nach dem sich beide kurz umgesehen hatten, stellte Bebo auch gleich ein paar Fragen. Dabei wurde er lauter als er beabsichtigte. »Sag mal Albanarius, glaubst du nicht auch, dass wir diesen Zwergen bei ihrer Jagd helfen sollten? Wir könnten doch an bestimmten Stellen einen Schutzbann legen oder die Lumichs mit magischen Blitzen aus ihrem Versteck treiben? Trotzdem lässt du sie allein ziehen! Du hast doch irgendetwas vor?«
Albanarius legte beschwörend einen Finger auf seine Lippen und zischte leise. »Pst.« Dann flüsterte er. »Sei nicht so laut und hör mir zu. Dieser Gandobart braucht mit seinen Helfern und dem Wagen bestimmt zwei Tage, um nach Banda zu kommen. Wir dagegen schaffen die Strecke bequem in zwei Stunden. Es bleibt also genügend Zeit, um noch andere wichtige Dinge zu erledigen. Und dabei werde ich deine Hilfe brauchen und Gallbart kann sich schon denken, was seine Leute so treiben. Er ist ein ganz ordentlicher Magier.«
Bebo setzte sich auf seine Schale und sah den Zauberer durchdringend an. »Jetzt erzähl mir schon, was du alles vorhast. Du verfolgst doch irgendeinen Plan.«
Albanarius sah sich noch einmal um. Dann berichtete er Bebo von seinem letzten Besuch beim Zwergenkönig. »Ich war schon wenige Tage nach der Schlacht bei diesem Gallbart. Als ich ihm von meiner fliegenden Kammer berichtete, da tat er völlig unwissend. Doch ich zeigte ihm, was ich in ihr gefunden hatte. Er hat seine eigene Kriegskeule gleich wieder erkannt. Ich konnte es in seinen Augen lesen. Aber er hat alles abgestritten und mich gebeten, über Nacht sein Gast zu sein. Angeblich wollte er sich mal umhören. Doch er hat sich in derselben Nacht zu seinem Schatzversteck geschlichen. Sein schlechtes Gewissen hat ihn bestimmt dazu getrieben. Er dachte wohl, ich schlafe tief und fest, aber nein, ich habe ihn beobachtet.«
Der Nekromant sah sich um, bevor er weiter sprach. »Er war danach auf der Jagd nach den Lumichs. Sogar dafür habe ich ihm meine Hilfe angeboten. Doch jetzt, da wir wissen, wo sich die Lumichs hinbegeben, sollten wir die Zeit nutzen. Wir müssen uns meine Kiste mit den Geheimnissen der Nekromanten holen. Sollte Dämonicon schneller sein und wir zu spät kommen, so wäre das eine absolute Katastrophe. Stell dir mal vor, dem Geist des Dämonicon gelingt es, sich einen Nekromantenkörper herzustellen und in diesen hineinzufahren. Dann würde es nicht lange dauern und er könnte versuchen, sich alles Leben in dieser Welt zu unterwerfen. Also mein Freund, Eile ist geboten. Wir müssen zum Schatzversteck des Zwergenkönigs.«
Bebo war bei den Worten des Zauberers nachdenklich geworden. Natürlich wusste er, das Albanarius nichts Böses vorhatte, auch wenn der einem nicht immer gleich alles erzählte.
Nachdenklich stimmte der Kobold dem Zauberer zu. »Du hast sicher Recht, Albanarius, doch sind solche Abenteuer wohl eher etwas für Artur oder die Minitrolle. Aber da die nun mal gerade nicht zur Hand sind, werde ich dir selbstverständlich helfen. So lass uns zu deiner Kiste fliegen. Hoffentlich ist sie noch da.«
Albanarius war froh, das Bebo ihm beistehen wollte. Doch einige gewisse Dinge erzählte er dem Kobold lieber noch nicht. Dafür musste sich ein besserer Zeitpunkt ergeben.
Der Zauberer und der Kobold setzten sich auf ihre Flugschalen und flogen wieder über die dichten Wälder. Bebo folgte Albanarius und landete neben ihm am Fuße eines kleinen Berges. Sofort nach ihrer Landung verschwanden die beiden in den Büschen und Sträuchern des Waldes.
Als sie sicher waren, dass kein Zwerg oder ein anderes Wesen in der Nähe war, stellte Bebo leise eine Frage. »Albanarius, wie geht es jetzt weiter?«
Verärgert flüsterte der Zauberer zurück. »Ihr Kobolde seid noch schlimmer als die Minitrolle. Immer habt ihr eine Frage parat. Aber wenn du es unbedingt wissen willst, dann sage ich es dir. Wir warten auf die Wachen, die hier dreimal am Tage vorbeikommen. Dann schleichen wir uns in das verlassene Bergwerk des Königs Gallbart. In gut einer halben Stunde kommen hier drei Zwerge zu dem kleinen Berg vor uns und kontrollieren den Eingang zum Schatzversteck des Zwergenkönigs. Wenn die weg sind, dann gehen wir hinein und holen uns meine Kiste. Ich hoffe du weißt jetzt genug und stellst keine dummen Fragen mehr.«
Doch Bebo war nicht so leicht zu beeindrucken. Ungerührt stellte er noch eine weitere Frage. »Weißt du auch, was uns in diesem Bergwerk erwarten wird?« Albanarius sah den Kobold grimmig an und gab dann verärgert seine Antwort. »Woher, zum Donnerwetter, soll ich das wissen? Ich war ja noch nicht in diesem Bergwerk drin. Frag nicht weiter und sei leise. Wir werden bald herausbekommen, was es mit Gallbarts Schatzversteck auf sich hat.«
Bebo schüttelte nur den Kopf und dachte sich seinen Teil. Es gab doch immer wieder jemanden, der einen armen Kobold wie ihn, in ein gefährliches Abenteuer verwickelte. Der Kobold sollte bald merken, wie Recht er mit diesem Gedanken hatte.
Schon kurze Zeit später gingen tatsächlich drei Zwerge zum kleinen Berg und schauten nach etwas bestimmten. Als sie weg waren, kamen Albanarius und Bebo hinter ihren Büschen hervor. Sie nickten sich zu und schlichen zum Eingang des Bergwerkes. Ein kleines eisernes Tor, mit einem verwitterten Wappen darauf, versperrte ihnen den Weg. Ein Schloss war nicht zu erkennen, so sehr die beiden auch danach suchten.
Albanarius klopfte das Tor ab und lauschte dem Klang seiner Mühen. Bebo sah ihm mit verschränkten Armen zu und grinste. Dann gab er dem Zauberer einen Tipp. »Ich würde es ja mal mit Magie probieren. Das ist aber nur so eine Idee von mir.«
Albanarius hörte auf zu klopfen und sah zu Bebo. »Mein kleiner Freund, dass habe ich mir auch schon gedacht. Doch die normalen Zaubersprüche würden hier versagen. Dieses Tor ist besonders gut gesichert. Doch keine Angst, gleich hab ich es auf meine Weise aufgemacht. In der letzten Nacht hatten wir Vollmond und da habe ich etwas Seltenes gefangen, was ich jetzt freilassen kann.«
Der Zauberer stellte sich vor das Tor und pustete einen feinen magischen Nebel aus seinem Mund. Der schwebte geradewegs zum Tor und bildete ein dunkles Loch darin. Staunend sah Bebo sich die Sache an. Dann stieg er durch das Loch und sah sich um. Albanarius folgte ihm sogleich und das Loch im Tor verschwand wieder.
Der Zauberer entzündete eine Fackel und leuchtete vor sich hin. Vor ihnen war ein düsterer Gang. Den hatten die Zwerge einst mit groben Holzpfählen und dicken Bohlen abgestützt. Er führte schräg nach unten und ein Ende war im Fackelschein nicht zu erkennen.
Albanarius drehte sich zu Bebo um. »Da müssen wir wohl oder übel hinabgehen. Aber ganz vorsichtig. Hoffentlich haben die Zwerge hier kein Labyrinth gebaut. Ich hasse Labyrinthe.«
Bebo