ist eine Rekonstruktion der kognitiven und emotionalen Deutungsmuster oder anders gesagt, des
„Beliefsystems“ (Arnold 2008, S. 88), d. h. der Summe der Gebote, die das Denken, Fühlen und Handeln bestimmen, um ggf. eine Infragestellung oder Veränderung der Gebote bis hin zu einer Loslösung von diesen Geboten ermöglichen zu können. Emotionales Lehren wäre in diesem Sinne eine professionelle Begleitung oder Hilfe, die es dem Lernenden ermöglicht, sich selbst und seine Emotionen zu erkennen, besser zu verstehen und ggf. selbstregulativ verändern zu können. Emotionales Lernen ist eine angeleitete Selbstreflexion der Deutungs- und Gefühlsprogramme, welches potentielle Weiterentwicklungen der emotionalen Kompetenzen ermöglichen soll. Nach Goleman (2002, S. 314) zählen zu diesen emotionalen Kompetenzen u. a. emotionale Selbstwahrnehmung sowie Selbstvertrauen, Selbstkontrolle, Stressstabilität, Leistungsfähigkeit und Authentizität, Empathie und Integrativität sowie Inspiration, Konfliktmanagement und Teamwork. Goleman selbst bezeichnet diese emotionalen Kompetenzen in der Summe als emotionale Intelligenz (vgl. Goleman u. Boyatz 2008). Obwohl der Begriff der emotionalen Intelligenz (EI) kritischen Überlegungen unterworfen ist (vgl. Matthews et al. 2004; Heller 2002; Schuler 2002; Sieben 2003; aufgeführt in Spörrle et al. 2008), ist das Konzept der emotionalen Intelligenz sehr populär auf dem Gebiet der anwendungsorientierten psychologischen Forschung, sodass es neben dem Konzept von Goleman eine Vielzahl von weiteren Konzepten zur EI gibt (vgl. Ashkanasy et al. 2000). Allen gemein ist jedoch nach Spörrle et al. (2008), dass sich mit emotionaler Intelligenz die Fähigkeit verbindet, Emotionen wahrzunehmen und emotionale Zustände zu regulieren. Dies lässt sich auch für das emotionale Lernen nach Arnold sagen. Emotionales Lernen bedeutet in diesem Sinne, sich der emotionalen Prozesse bewusst zu werden, die zu der individuellen Konstruktion der (vor allem sozialen) Wirklichkeit führen und durch
„Gefühlsarbeit“ (Arnold 2008) ggf. regulierend auf diese emotionalen „Einspurungen“ einzugehen, wobei dies jedoch nicht immer ohne Weiteres möglich ist. Ebenso wie bei Arnold wird auch in den Konzepten der EI die Wahrnehmung emotionaler Zustände überhaupt als Voraussetzung für die Regulation von Emotionen und dann die Entwicklung von sozialen Kompetenzen angesehen. Auf eine wichtige Unterscheidung innerhalb einiger Konzepte der EI und/oder des emotionalen Lernens bei Arnold ist jedoch hinzuweisen. Viele Konzepte der EI basieren auf den kognitiven Emotionstheorien. Während die kognitiven Emotionstheorien (Appraisal-Theorien) davon ausgehen, dass Emotionen auf der Grundlage kognitiver individueller Einschätzungen entstehen (vgl. Scherer 1999), führen neuere Emotionstheorien Emotionen überwiegend auf die implizite (d. h. unbewusste) emotionale Bewertung eingehender Reize durch die Amygdala mit anschließender kognitiver Bewertung zurück (vgl. Ledoux 2001). Das emotionale Lernen bei Arnold schließt sich dieser Meinung überwiegend an, wobei ein systemischer Kreislauf zwischen impliziter Bewertung, emotionaler Reaktion und expliziter Bewertung angenommen wird. Die gemeinsame Grundlage bleibt jedoch, dass emotionales Lernen und die Konzepte der EI die Wahrnehmung sowie Regulierung von emotionalen Prozessen zum Inhalt haben (mehr zu emotionaler Intelligenz unter Kapitel
12).