Mitte Oktober 1914: Zur Sammlung von Liebesgaben für unsere im Felde stehenden Soldaten hat sich hier ein großer Ausschuss gebildet. Dem Komitee gehören an:
P. Adalbert Brix, Stadtpfarrer | Hermine Kober, Private |
Wilhelm Oehl, Sparkassen-Kassier | Alois Veith, Fabrikant |
Ludwig Deutscher, Stationsvorstand | Anna Kober, Private |
Josef Radauer, Besserungsanstalts-Direktor | Gabriele Sirowy, Wirtschafts-Direktors-Gattin |
Daniel Fiebinger, Meister | Johann Kretschner, Bürgermeister |
Ferdinand Rotter, Hotelier | Josef Vogel, Rechnungsführer |
M. U. Dr. Fritz Franckel, Distr. Arzt | Jaroslav Mensi, Notar und Bezirks-Obmann |
Johann Rotter, Fleischer und Selcher | Dom. G. Walter, Prokurist |
Marie Franke, Bürgerschul-Lehrerin | Marie Walter, Private |
Johann Schwarz, Bürgerschul-Direktor | Theresia Mensi, Notarsgattin |
Johann Goldmann, Obermeister | Alois Womela, Fachschulprofessor |
Franz Schwarzer, Kaufmann | Alois Nitsch, Lagerhalter |
Josef Hübner, Baumeister | Karl Mayer, k. k. Landesgerichtsrat |
Kais. Rat. Ed. Sirowy, Wirtschafts-Direktor |
23. Oktober 1914: Nachdem gestern Nachmittag der behördliche Auftrag eingetroffen war, die assentierten Pferde sogleich nach Senftenberg einzuliefern, wurde dies heute um 7 Uhr früh vollzogen.
Die 39 tauglichen Pferde mit Ausnahme von 4 Stück, welche drüsenkrank sind, gingen unter Begleitung ihrer Besitzer oder deren Knechte ab, jedes mit der vorgeschriebenen Futterration versehen. Wie innig oft Haustiere mit den Menschen verwachsen sind, zeigte sich auch hier: Mancher Besitzer und auch Knecht vergoss Tränen über den Abgang der vertrauten Tiere.
29. Oktober 1914: Heute kam ein Transport von rund 100 verwundeten Soldaten am alten Bahnhof an, um ins Krankenhaus nach Mährisch Rothwasser weiterbefördert zu werden. Sie wurden durch hiesige Frauen und Mädchen gelabt.
Laut Auftrag der Bezirkshauptmannschaft hat die Stadtgemeinde Grulich nach den Bestimmungen des Kriegsleistungsgesetzes folgendes Getreide für Militärzwecke zu liefern: Im Oktober 90 q Roggen, im November 20 q Weizen und im Dezember 50 q Hafer.5
1. November 1914: Heute fand unter Mitwirkung sämtlicher Vereine Grulichs ein Soldatentag für Kriegsfürsorgezwecke in Grulich und Umgebung statt, bei dem Kokarden, Medaillons und Rechnungszettel verkauft wurden. Der Ertrag betrug in Grulich 521,10 Kronen und in den nächsten Gemeinden 195,40 Kronen, zusammen also 716,50 Kronen. Dieser Betrag wurde an das Kriegsfürsorgeamt beim Ministerium des Innern eingesandt.
4. November 1914: Die hiesige Bevölkerung wurde mittels Kundmachung auf die Gefahr des Auftretens einer Blatternepidemie aufmerksam gemacht. Jeder solle sich in eigenem Interesse impfen bzw. wieder impfen lassen. Öffentliche Impfungen fanden am 16. und 19. Oktober, die Impfungen der Schulkinder am 27. und 28. Oktober und 3. November im städtischen Sitzungssaal statt.
Laut der am 24. Oktober eingetroffenen Einberufungskundmachung haben sich die militärisch nicht gedienten Landsturmmänner der Geburtsjahre 1878 bis 1890 bis Ende Oktober zu melden. Gemeldet haben sich 163 Mann.
5. November 1914: Von den galizischen Flüchtlingen wurden die hier befindlichen Polen heute nach Chotzen befördert, wo ein Barackendorf für 20.000 Personen gebaut wurde. Von hier sind 43 Personen abgereist, die übrigen Flüchtlinge – Ruthenen – blieben hier zurück. Die meisten der Leute sind sehr ungern von hier fort, sie meinten ‚hier die Leute so gut’.
9. November 1914: Von unserem städtischen Kassier Hans Philipp, der auf dem nördlichen Kriegsschauplatz verschollen war, empfingen wir heute aus Russland bei St. Petersburg eine Karte, laut welcher er sich in russischer Gefangenschaft befindet. Über diese Nachricht, dass er noch glücklich am Leben ist, freuten sich nicht nur seine Angehörigen, sondern diese Kunde wurde allgemein begrüßt.
Schon vorige Woche war von Herrn Josef Pfertner ein Brief aus Sibirien an der chinesischen Grenze eingetroffen, wo er sich auch in Gefangenschaft befindet. Dieser Brief wanderte durch die halbe Stadt.
Der Stadtvorstand erließ einen Aufruf zur Spende von Liebesgaben für die im Felde stehenden Soldaten.
17. November 1914: Anlässlich des Sieges der österreichischen Truppen in Südpolen unweit von Tschenstochau und der Gefangennahme von 19.000 Russen war heute die innere Stadt festlich beflaggt.
30. November 1914: Gestern haben sich die Landsturmpflichtigen der Geburtsjahrgänge 1878 bis 1886 aus Grulich – 162 Mann – der Musterung in Senftenberg unterzogen. Tauglich befunden wurden 74 Mann. Sie hatten nach Senftenberg die Grulicher Musikkapelle mitgenommen und zogen mit einer Fahne dort ein, welche auf der einen Seite die österreichischen und auf der anderen die reichsdeutschen Farben trug.
1. Dezember 1914: Für die tauglich befundenen und abgelieferten Pferde hat das hiesige Steueramt den Betrag von 132.700 Kronen ausgezahlt.
Für Unterhaltsbeiträge an die Angehörigen der zum Kriegsdienste Eingerückten ist im Bezirk Grulich bis jetzt der Betrag von rund 45.000 Kronen aufgelaufen.
2. Dezember 1914: Waren schon gestern aus Anlass des 66-jährigen Regierungsjubiläums des Kaisers die öffentlichen Gebäude beflaggt, so zeigten heute anlässlich der Besetzung Belgrads durch unsere Truppen mehrere Häuser Flaggenschmuck.
4. Dezember 1914: Diese Beflaggung wurde heute allgemein. Mit einbrechender Nacht war auch die Stadt zum großen Teil illuminiert, und von den Kirchtürmen erklang festliches Glockengeläute. Am Großen und Kleinen Platze wurde bengalisches Feuer angezündet, und viele Menschen wogten durch die Straßen, hie und da die Volkshymne anstimmend. Sind diese Freudenbezeigungen nicht etwas verfrüht?
Heute gehen 10 Kisten mit zusammen 204 Kistchen – für je einen Mann – als Liebesgabe für die Grulicher Soldaten im Felde ab. In jedes Kistchen wurde eine Festpostkarte mit der Adresse ‚Bürgermeisteramt Grulich’ zwecks Empfangsbestätigung der Gabe und ein Zettel mit nachstehendem Texte eingelegt:
'Herzliche Grüße aus der Heimat!
Weihnachtsgabe für einen Mann aus Grulich. Zu dieser Schachtel gehört noch eine Wollsache, die aus den beigepackten Stücken ausgewählt werden kann.'
Bei der im November stattgefundenen Zeichnung der Kriegsanleihe wurden in Grulich nachstehende Beträge gezeichnet:
Bei der städtischen Sparkasse | 300.000 Kronen |
Beim Spar- und Vorschussverein | 220.000 Kronen |
Beim k. k. Steueramte | 246.000 Kronen |
Beim k. k. Postamte | 70.000 Kronen |
Zusammen | 836.000 Kronen |
In dieser Summe sind etwaige direkte Zeichnungen bei Banken usw., die immerhin vorgekommen sein mögen, natürlich nicht enthalten.
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