Die Götter der Menschen. Heinz-Ullrich Schirrmacher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Heinz-Ullrich Schirrmacher
Издательство: Автор
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Жанр произведения: Религия: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783960080084
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Zum Beispiel in Ägypten und bei den Griechen kannte man bereits vor dem Christentum die Verbindung zwischen Gottheit und Menschheit. Vermutlich waren wohl in der Urzeit die ersten Gottheiten die Natur- oder Wettergötter im Zusammenhang mit Naturereignissen und Wettererscheinungen wie Blitz und Donner, Mond- und Sonnenfinsternis, Regen und Dürre. Die Menschen haben schon immer über die Herkunft der Götter nachgedacht, wie sie ausschauen würden und wo sie sich wohl aufhalten könnten. Wohnorte konnten bebende Berge und Vulkane sein oder sie wurden von bestimmten Wolkenformationen und Naturereignissen abgeleitet. Das Gute, das Leben war in der Regel hell und das Böse, der Widersacher, der Tod, war dunkel.

      Hier müssen zunächst einmal den Begriff Germanen durchleuchten. Weit vor der Zeit Christi Geburt, schon hunderte Jahre davor, war der Begriff praktisch fremdbestimmt als Orientierungs- und Sammelbegriff (beispielsweise durch die Griechen und Römer) für die unterschiedlichen von der Nord- und Ostsee bis zu den Alpen angesiedelten Stämme, die sich durch Kultur und Sprache erheblich voneinander unterschieden haben, da sie ursprünglich aus weit abgelegenen Gegenden auf der Suche nach Siedlungsräumen sich dort angesiedelt hatten. So kamen Stämme aus dem Norden, aus dem Osten und dem Südosten in das heutige Mitteleuropa. Die Germanen selbst nannten sich nicht so. Es gab viele Stämme und Stammeszugehörigkeiten. Um deutlich zu machen, in welchen Bereichen germanische Stämme gesiedelt hatten und dort auf unterschiedliche Weise ihre Gottheiten verehrten, sich dann im Laufe von Jahrhunderten erneut auf der Suche nach neuen Siedlungsräumen auf die Wanderung machten, um dann wieder andere Stämme und deren Gottheiten zu verdrängen, wird auf die Völkerwanderung verwiesen. Diese setzte im Grunde schon etwa 200 Jahre vor Christus ein und dauerte bis weit in das 6. Jahrhundert an. Aus dem Ostseeraum der heutigen baltischen Staaten zogen um 150 nach Christus die Goten südlich in den Bereich der heutigen Ukraine und zogen von dort als Westgoten in Richtung Griechenland, während die Ostgoten sich dann östlich am Schwarzen Meer im Gebiet der Krim ansiedelten.

      Die sich im heutigen Mitteldeutschland angesiedelten Sachsen kamen aus England sowie die Angeln und Jüten. Die Jüten siedelten sich im in der Zeit 400 n. Chr. im heutigen Dänemark an, während die Angeln sich im heutigen Schleswig-Holstein ansiedelten. Weit davor sind aber bereits die Ostgoten in den Bereich der Karpaten weiter gezogen und im 5. Jahrhundert in Rom eingefallen. Die Westgoten zogen dagegen in der Zeit weiter über Frankreich bis nach Spanien.

      Die Langobarden zogen aus dem heutigen Mitteldeutschland nach Rom, dem heutigen Italien, wo sie sich im Bereich der Stadt Verona festsetzten. Die Wandalen folgten Ihnen, zogen dann aber Anfang des 5. Jahrhunderts weiter über Spanien bis nach Nordafrika. Etwa 200 Jahre früher sind bereits die Franken aus dem heutigen Rheingebiet in das heutige Nordfrankreich eingefallen, Die Burgunder aus der Gegend des heutigen Worms breiteten sich dagegen weiter südlich, also im Süden Frankreichs aus.

      Im Zuge solcher Wanderungsbewegungen und Eroberungszüge kam es zur Vermischung und Auslöschung von Sprachen und Götterwelten.

      Wotan war der oberste Gott der germanischen Mythologie, er stammte aus dem Göttergeschlecht der Asen. In einigen Bereichen wurde er auch als Odin verehrt. Von Wotan stammt der Gott Thor ab, als Waffe diente ihm ein gewaltiger Hammer, mit welchem er den Donner auslösen konnte. Frigg war eine der Frauen des obersten Gottes, sie war so etwas wie die Hüterin der Verbindung zwischen Mann und Frau.

      Die mächtigste Göttin der Germanen war Freya als Göttin der Liebe und Fruchtbarkeit aus dem göttlichen Geschlecht der Wasen. Auf sie zurück geht unser Wochentag Freitag.

      Baldur war der Gott der Sonne und der Gerechtigkeit. Der oberste Gott Wotan war sein Vater und die Göttin Frigg seine Mutter. Es gab noch eine ganze Reihe anderer Gottheiten. Die Germanen hatten genauere Vorstellungen über den Aufenthaltssitz der Götter (Asgard – der Sitz der Götter) und das Reich der Toten (das erbärmlich dunkle Nifelheim). Wotan, der oberste Gott, wohnte im Asgard in der Walhalla, dem schönsten und größten Gebäude in der Götterwelt.

      Man kann sagen, dass Asgard so etwas wie der Himmel war.

      In dem ungastlichen Nifelheim befand sich die schreckliche Welt der Todesschatten, das Reich Hel (die Hölle) der Verstorbenen. Im Reich Asgard dagegen herrschte Freude und gutes Miteinander. Bereits in uralter germanischer Zeit umfasste der Götterglaube auch die Auseinandersetzung zwischen Gut und Böse. Auf dem Wege der Seelen über die Schwelle in das Reich der Toten sicherte die Göttin der Unterwelt den gerechten Seelen die Straffreiheit, während die Bösen mit der grausamen Rache der Göttin zu rechnen hatten.

      Spricht man von den Wikingern, wird damit ein wilder Volksstamm assoziiert, der mit seinen Drachenbooten auf Abenteuerfahrten unterwegs war, um zu entdecken zu unterwerfen und zu rauben. Begibt man sich auf die Suche nach deren Göttern, nähert man sich im Grunde sehr stark den germanischen Göttermythologien. Beides ist richtig aber bei genauerer Betrachtung ist festzustellen, dass die nordischen Stämme und Völker zunächst einmal ihre Bodenständigkeit bewahrten und auch andere Wege zu ihren Götterwelten beschritten als die Germanen. Im religiösen Mittelpunkt der Wikinger stand mehr das heldenhafte Leben des Kriegers.

      Sie siedelten in den Bereichen der skandinavischen und baltischen Länder, also an Nord- und Ostsee. Ihre Raubzüge begannen etwa in der Zeit 800 nach Christus. Wahrscheinlich haben wir ihren Ursprung in den verschiedenen nordgermanischen Völkern und Stämmen zu suchen (Angeln, Kelten, Jüten). Dafür spricht auch, dass sie in großen Teilen den germanischen Göttermythologien aus den Geschlechtern der Wanen und Asen anhingen.

      Der damals schon uralte Brauch der Feuerbestattung sollte die Reinigung und Befreiung der Seele für ein Leben im Jenseits bedeuten. Archäologische Funde im Bereich der Siedlungsgebiete der Wikinger und der nordgermanische Stämme lassen deutlich den Schluss zu, dass ein Leben nach dem Tod schon vor Entstehen des Christentums ein beherrschendes Thema gewesen sein muss. Analog zur griechischen Mythologie bestanden die Grabbeilagen auch aus Münzgeld, um die Überfahrt der Seele ins Totenreich bezahlen zu können.

      Festzustellen ist, die Befreiung und Reinigung der Seele spielte eine bedeutsame Rolle, um überhaupt in Totenreich gelangen zu können. Das kennen wir auch heute zum Beispiel im christlichen Glauben, dass ein Zugang in die Ewigkeit Gottes nur über die Vergebung (Reinigung) der Sünden möglich sein soll.

      Die Indianer Nordamerikas waren im Hinblick auf ihren Götterglauben sehr geprägt durch Naturerscheinungen in enger Verbindung mit ausgeprägtem Geisterglauben, der ihnen übernatürliche Kräfte verleihen sollte. Diese Geister sollten das Jagdglück herbeiführen, die Gesundheit erhalten, ein längeres heldenhaftes Leben ermöglichen sowie Ansehen in der Stammesgemeinschaft. So konnte der hilfreiche Geist in jeder Erscheinungsform sich präsentieren, als Vogel, als Bär oder als Gegenstand, den der Indianer dann als Glücksbringer mit sich herumführte.

      Manitu war kein Gott im herkömmlichen Sinne, wie wir ihn uns vielleicht in der christlichen Kultur vorstellen können. Die verschiedenen indianischen Stämme hatten für Manitu recht unterschiedliche Bezeichnungen, die im Prinzip aber alle darin einig waren, dass es sich um ein übernatürliches Geheimnis handeln würde, welches alle Wesen und Gegenstände durchdringen konnte. Sie betrachteten sich nicht als höherwertige Wesen, sondern waren mit der Schöpfung, also auch mit Tieren und Pflanzen, gleichgestellt, denn hinter alledem stand Manitu. So entschuldigten sie sich bei den erlegten Tieren, die sie zur eigenen Nahrungsaufnahme erlegen mussten.

      Sie glaubten überwiegend an ein Weiterleben nach dem Tode. Dann würden sie in die „Ewigen Jagdgründe“ einziehen. Dort würden sie unermessliche Jagdgründe vorfinden und befreit sein von Hunger, Schmerz und Krankheit. Wer im Leben tapfer und ehrlich gewesen war, durfte mit dem Tod auf einen unbeschwerten Übergang in die „Ewigen Jagdgründe“ hoffen.

      Die Begräbnisrituale (Verbrennung, Erdbestattung, Versenkung in Felsspalten) sollen wohl auch die Bedeutung der reinigenden Kraft und der Befreiung der Seele gehabt haben, um in das Tal der „Ewigen Jagdgründe“ einziehen zu können.