Einsatzgruppe D3: Standort Piatra. Einsatzkommando 10a, Standort Tswary, meldet: Bericht aus dem Bezirk Belzy: Nachrichtenarbeit: Belzy ist eine Kreisstadt mit 55000 Einwohnern, davon sind etwa 2/3 Juden. Der gesamte Kreis umfasst etwa 600000 Einwohner. Er ist unterteilt in 14 Rayons mit 35 Dörfern. 1. Sowjetrussische propagandistische Führungsmittel: Wesentlichstes Beeinflussungsmittel der Bevölkerung waren Filmveranstaltungen. Es wurden überwiegend Filme propagandistischen Charakters zur Aufführung gebracht. Die Sowjetbehörden waren weiterhin bemüht, der Bevölkerung den Glauben an die Festigkeit des bolschewistischen Kulturgebäudes aufzuzwingen, indem sie u. a. besonders repräsentative Bauten aus den Großstädten zeigten und darstellten, wie sie von den Massen der Arbeiter besucht werden. 2. Bezirk Belzy als Beispiel des sowjetrussischen Verwaltungsaufbaues: Der Verwaltungsbezirk Belzy umfasst das Gebiet mit Ausnahme der Stadt selbst. Die Stadt untersteht als „bezirksfreie Stadt“ dem Rat der Volkskommissare in Kischinew. In Belzy hat es sich bereits praktisch gezeigt, daß die gesamte innere Verwaltung von der kommunistischen Partei überwacht wird. 3. Wirtschaft: Die Wirtschaft des Bezirks wird durch die ausgedehnte Landwirtschaft des Kreises bestimmt. Seit der Angliederung an die UdSSR sind 26 Kolchosen und 3 Sowchosen geschaffen worden. In Belzy befindet sich ausserdem eine staatliche MTS (Maschinentraktorenstation), deren Maschinen beim Rückzug der Sowjets zerstört wurden. Die diesjährige Ernte wird als überdurchschnittlich gut geschätzt, jedoch fehlen z. Zt. die Arbeitskräfte zur Hereinbringung. Es wird erwartet, daß durch die Mobilisierung der Bevölkerung, die jetzt aus der Umgebung langsam zurückkehrt, die notwendigen Arbeitskräfte zur Verfügung stehen werden. Die Industrie in Belzy stützt sich im wesentlichen auf die Verarbeitung der agrarischen Produkte (4 Ölfabriken zur Verarbeitung der Sonnenblumenkerne, 5 Getreidemühlen, 1 Zuckerfabrik). Die Besetzung des Gebietes durch deutsche Truppen hat in der Landbevölkerung die Hoffnung hervorgerufen, daß das Privateigentum erhalten bleibt. Das Elektrizitäts-sowie das Wasserwerk sind zerschossen und sämtliche Ersatzteile von den Sowjets zerstört.
Polizeiarbeit: 1. Stadt Belzy weitgehend zerstört, augenblickliche Einwohnerzahl daher nicht festzustellen. 2. Durchsuchungen in Gebäuden von Staat und Partei ergebnislos. Kommunistische Funktionäre der Stadt Belzy geflohen. 3. Rumänische Polizei arbeitet auf politisch-polizeilichem Sektor nach Weisungen des Kommandos. 4. Partisanenkrieg: In der Nacht 11./12. Juli ist in Belzy deutscher Militärkraftwagen beschossen worden. Daraufhin Exekution von 10 Geiseln und öffentliche Bekanntmachung durch rumänische Polizei. Am Abend des 15.7. erneute Beschiessung deutscher Militärkraftwagen, daraufhin standrechtliche Behandlung weiterer 20 Geiseln. In der Nacht 15./16. Juli Ermordung von 4 deutschen Pionieren durch Halsschnitt. Gegenmaßnahme z. Zt. noch nicht bekannt. 5. Juden: Rumänische Polizei in Belzy und Umgebung gegen Juden scharfes Vorgehen. Zahl der Erschiessungen nicht genau festzustellen. Kommando hat am Abend 15.7. jüdischen Ältestenrat von Belzy und weitere Juden, insgesamt 45, wegen Nichtbefolgung sicherheitspolizeilicher Auflagen und als Vergeltung für Angriffe auf deutsches Militär entsprechend behandelt.4
III) Militärische Ereignisse:
Heeresgruppe Süd:
Heftige Feindangriffe gegen die Richtung Balta vorgehenden Teile des Südflügels. Die nördlich anschliessende Armee durchbrach die feindl. Front in Richtung Uman und erreichte die Gegend ostw. Werchowka, Trostjanez, Krasnopolka, Kitai Gorod. Panzergruppe warf den Feind über den Sumpfabschnitt bei Zybernanowka (nordwestl. Uman) zurück. Belaja-Zerkow angreifende Teile erreichten die Linie Buki–ostw. Medwin (Medwin genommen)–Eisenbahnknotenpunkt St. Mironowka.
Heeresgruppe Mitte:
Am rechten Flügel der rechten Armee gelang es feindlicher Kavallerie ostw. Nowyja-Darohi die eigene Linie zu durchstossen. Aus dem Smolensker Kessel unternahm der Feind wiederholte Ausbruchsversuche nach Osten und Westen. Rechte Armee: Teile der Armee vernichteten überlegenen Feind bei Tschautzy und erreichte mit vorderen Teilen die Linie Mstislawl und Chislawitschi. Panzerarmee: Im Zusammenwirken mit der linken Armee wurde der Kessel um Smolensk weiter verengt. Teile sichern die Linie 8 km nordwestl. Jelnja– Tschuwaschi. Teile haben den Dnjepr bei Saborje erreicht. Linke Armee: Linke Armee schloss weiter nach vorne auf und erreichte Makowje–Podol–nördl. Kupuni.
Heeresgruppe Nord:
Feindlage im Grossen unverändert. Rechte Armee: Teile ohne Feindberührung. Podberesje–Südrand Zewlo erreicht. Weitere Teile im Angriff nordostw. Dolschino und nordostw. Morina sowie in der Verfolgung bei Nowoselje. Panzergruppe: Im Angriff auf den Mschaga-Abschnitt, erreichte Gegend nordwestl. M. Ugorody.
Finnland:
Feind wehrt sich zäh an ganzer Front, besonders westlich Jänisjärvi. Südostfront: Hartnäckige Kämpfe ostw. Tuloksa–Wedlosero–südl. Hautavara.
Verteiler:
RFSS und Chef der Deutschen Polizei
Chef der Sicherheitspolizei und des SD
Chef der Ordnungspolizei
OK W-Führungsstab–Oberstleutnant Tippelskirch
Alle Amtschefs
Gruppe II D
Gruppe II A
II A 1
Gruppe II B
II B 2
Gruppe III A
Gruppe III B
Gruppe III C
Gruppe III D
Gruppe IV C
Gruppe VI C
IV A 2
IV A 4
IV B 4
IV D, IV D 1, IV D 2, IV D 3, IV D 4
IV E, IV E 5
Einsatznachrichtenführer–RR Paeffgen
Pol.Rat Pommerening
IV-GSt.
IV A 1 d (7 Reserve)
Aus:BAB, R 58/215
1 Vgl. Wendy Lower: „Anticipatory Obedience“ and the Nazi Implementation of the Holocaust in the Ukraine: A Case Study of Central and Peripheral Forces in the Generalbezirk Zhytomir, 1941–1944, in: HGS 16(2002), S. 1–22.
2 Zu diesem sich nach Osten hin verstärkenden Phänomen: Dov Levin: The Fateful Decision. The Flight of the Jews into the Soviet Interior in the Summer of 1941, in: YVS 20(1990), S. 115–142; Mordechai Altshuler: Escape and Evacuation of Soviet Jews at the Time of the Nazi Invasion, in: Dobroszycki/ Gurock: The Holocaust in the Soviet Union, S. 77–104; Vadim Dubson: On the Problem of the Evacuation of Soviet Jews in 1941, in: Jews in Eastern Europe 3(1999), S. 37–57. Zur geographischen Verteilung: Mordechai Altshuler: Soviet Jewry on the Eve of the Holocaust. A Social and Demographic Profile, Jerusalem 1998.
3 Am 22.7.1941 befahl das AOK 11 der EG D, ihren Sitz von Piatra Neamt nach Jassy zu verlegen. Außerdem ordnete es den Einsatz des mittlerweile gebildeten SK 11b im Raum Odessa an; BA-MA, RH 20–11/488.
4 Die FK 810 meldete dem Korück 553 am 22.7.1941: „Die jüdische Bevölkerung ist rabiat u. mit grösstem Misstrauen zu behandeln. Die rumänischen Truppen u. Gendarmen halten die Juden jedoch, teilweise mit für deutsches Empfinden nicht sympathischen Mitteln, in Schach u. gehen mit der nötigen Schärfe vor. Es wurden vor dem Eintreffen der Feldkommandantur