Mehrdeutigkeiten durch Zeichensetzung
Satzzeichen gehören in jeden Text. In jeden? Ja, ausnahmslos in jeden! Egal an welche Textsorte Sie denken, Satzzeichen erleichtern den Lesefluss und geben den Lesenden nicht nur Hinweise für inhaltliche Aussagen, sondern sind auch eindeutige Signale für Betonungen und Pausen. Insbesondere in gehobenen Texten mit langen, komplizierten Sätzen sind Kommas unabdingbar, um den Inhalt verstehen zu können. In Kurznachrichten oder auch Chats deuten Satzzeichen an, welche Betonung die schreibende Person in ihre Worte legt, damit Sie die Nachrichten auch emotional besser einordnen können. Briefe und zum Beispiel auch Bewerbungsunterlagen, in denen Satzzeichen falsch gesetzt wurden, wirken unseriös, sodass dem Absender nur wenig bis kein Vertrauen geschenkt wird.
Es finden sich im Alltag immer wieder Situationen, in denen Sie mit schriftlichen Erzeugnissen konfrontiert werden, wo die Zeichensetzung nicht korrekt eingesetzt ist. Fällt Ihnen spontan eine ein? Vielleicht ein Schild in der Sauna, auf dem ein unnötiger Apostroph gesetzt wurde, oder auch bei einer Werbereklame, in der leider das Komma vergessen wurde (Erklärungen finden Sie in Kapitel 2 beziehungsweise in Kapitel 8):
[falsch:] Kein Schweiß auf's Holz – [richtig:] Kein Schweiß aufs Holz
[falsch:] Mode die begeistert – [richtig:] Mode, die begeistert
Mit dem Apostroph-Zeichen finden sich oftmals lustige Varianten. Es wird zuweilen gern häufiger verwendet, als es nötig ist:
[falsch:] Mittag's Brunch – [richtig:] Mittags-Brunch oder Mittagsbrunch
[falsch] Studi's willkommen – [richtig:] Studis willkommen
Oder wie ist es mit Wörtern, die ohne Bindestrich recht schwer oder sogar mehrdeutig lesbar sind? Denken Sie nur einmal an:
Blumentopferde [oder besser] Blumentopf-Erde
Urinstinkt [oder doch lieber] Ur-Instinkt
Staubecken [oder lieber] Stau-Becken [oder doch] Staub-Ecken
Showende? [Nein, besser] Show-Ende.
Und auch in Verbindung mit Kommas gibt es Situationen, in den doppelt geprüft werden sollte, ob die Satzzeichen an der richtigen Stelle stehen. Mitunter entstehen nämlich andere Bedeutungen – je nachdem, wo Sie sie platzieren. Ein Schelm, der Böses dabei denkt …
Männer sagen, Frauen haben es gut.
Männer, sagen Frauen, haben es gut.
Es ist schwer für Kritiker, eine Lösung zu finden.
Es ist schwer, für Kritiker eine Lösung zu finden.
Tatsächlich kann ein Komma auch Leben retten. Wenn die Richtenden diktieren, muss das Komma auch korrekt platziert werden, da es zuweilen um Leben und Tod geht:
Hängt ihn nicht, freilassen.
Hängt ihn, nicht freilassen.
Während die angeklagte Person im ersten Beispiel freigelassen wird, erwartet sie im zweiten Satz ein trauriges Schicksal.
Und im Folgenden sehen Sie ein Beispiel, in dem ein fehlendes Komma gleich zum Leseverbot führen kann, obwohl doch wahrscheinlich eher eine Warnung mit dem Hinweis zum Lesen gegeben werden sollte:
Nicht lesen!
Nicht, lesen!
Sie sehen also, (korrekte) Zeichensetzung ist wichtig – richtig wichtig!
Ein Loblied auf das Komma
Eine falsche Rechtschreibung geht doch nicht und sieht zumindest auf den Bildschirmen unschön aus – wer mag schon diese roten Kringellinien unter den getippten Wörtern? Also wird – so lässt sich beobachten – die E-Mail vor dem Versand doch noch einmal gelesen oder auch jemand aus der Kollegenschaft gefragt, ob man gemeinsam noch einmal über das Protokoll schauen kann, damit der Absender auch wirklich souverän und kompetent wirkt. Reicht denn aber eine korrekte Rechtschreibung allein aus? Sie ahnen es gewiss schon – nein, reicht sie nicht. Dazu gehört nämlich auch immer die richtige Zeichensetzung. Wenn Sie sprechen, kommen nicht nur Wörter aus Ihrem Mund, sondern auch Pausen und Betonungen. Und genauso, wie Sie beim Sprechen Luft holen müssen, sollten in Ihren Texten die Kommas nicht fehlen, denn Kommas setzen Pausen und strukturieren den Satz. Sie gliedern einen Satz so, dass er insgesamt besser lesbar ist. Erst mithilfe von Kommas können auch komplexe Gebilde verstanden werden.
Einige Kommas sind zwingend notwendig und andere wiederum sind weglassbar. Möchten Sie Sätze mit vielen Pausen versehen, etwas in besonderer Weise betonen und es dabei der Leserschaft einfacher machen, Ihren Gedanken zu folgen, können Sie ein paar mehr Kommas setzen als unbedingt notwendig. Im folgenden Beispiel sehen Sie, wo welche gesetzt werden müssen und wo welche gesetzt werden können (siehe die Kommas in Klammern): »Gestern besuchte ich meine Tante Emelie, die ich, seit ich denken kann, gern hab, weil sie diese Kekse (,) nur für mich (,) backt (,) und weil sie so einen putzigen Hund hat.«
Aber beachten Sie: Wird ein Komma nach Kekse gesetzt, ist das Komma nach mich auch (dann zwingend) nötig. Warum Sie an den einzelnen Stellen ein Komma setzen müssen oder auch können, erfahren Sie in den Teilen II und III.
Anders als bei den anderen Satzzeichen lassen sich Kommaregeln nicht in einem Kapitel umfassend beschreiben. Dafür sind tatsächlich einige mehr nötig. Es geht dabei aber nicht darum, Kommas eine Sonderstellung zuzuweisen. Kommas können Ihnen ein treues, nützliches Werkzeug sein. So ganz ohne Gebrauchsanweisung erkennen Sie womöglich aber nicht die vollumfänglichen Funktionen Ihres treuen Werkzeugs.
Mit ihnen können Pausen gesetzt werden und die Lesenden erhalten die Möglichkeit, auch einmal Luft zu holen – ganz dem Gefühl folgend, das manchmal aufkommt und Sie dazu bewegt, ein Komma zu setzen. Teil II und III gehen diesem Gefühl einmal genau auf den Grund.
Übungen zu Kapitel 1
Nach diesem Kapitel zu den Feinheiten wichtiger Satzzeichen ist es nun Zeit für eine Übung. Setzen Sie doch bitte in den folgenden