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Die Hütte war kleiner als das Wohnhaus der Farm, die hinter ihnen jenseits der Büsche und Hügel lag. Der Anbau war bereits zusammengefallen. Vom Maisfeld standen nur noch ein paar Stauden, die aber mussten im Frühjahr selbst nachgewachsen sein. Jay schätzte, dass das Anwesen schon vor mindestens einem Jahr aufgegeben wurde. Warum, lag auf der Hand. Der Boden war hier nicht besser als bei den Brüdern. Und wie immer ein Farmer sich hier abrackerte, auf einen grünen Zweig konnte ihn die Parzelle nie bringen.
Vom Korral standen auch nur noch ein paar Zaunreste. An einen davon banden sie die Pferde.
Jay ging zur Hütte, während Shayne den Verletzten losband.
Durango öffnete die Tür, neben der sich ein Fenster mit zerschlagener Scheibe befand. Im einfallenden Mondschein erkannte er wüst übereinander liegende Trümmer von Möbeln.
»Kannst du was sehen?«
»Nicht viel.«
Shayne brachte eine Kerze, zwängte sich am Vormann vorbei und brannte das Talglicht drinnen an. »Schönes Durcheinander.«
»Ein Wunder, dass die Bude noch steht.« Jay räumte die Trümmer nach den Seiten und grub so einen noch intakten Tisch und eine Pritsche mit Fellen darauf heraus.
»Und hier wollen wir bleiben, bis Jeff wieder fit ist? Weißt du, wie lange das dauern kann?«
»Wenn er über den Berg ist, reitet einer von uns zur Ranch. Das ist in ein paar Tagen.«
»Oder auch nicht.« Shayne stellte das Talglicht auf den Tisch und ging hinaus.
Jay folgte ihm. Sie trugen den Verletzten auf der Schleppbahre herein und legten ihn damit auf die Pritsche. Dann erst schnitt Jay die langen Stangen ab, brachte sie hinaus und warf sie neben die Hütte. Sie sattelten ihre Pferde ab, brachten die Decken und Sättel hinein und richteten sich auf dem schmutzigen Boden ein.
»Hast du das Gestrüpp gesehen, wie es den Hof auffrisst?«, fragte Shayne. »Hinten ist es schon bis an der Ruine des Anbaus.«
»Und in einem Jahr wächst es überall, auch hier drin. Schlaf jetzt endlich!« Jay wälzte sich auf die Seite und schloss die Augen.
»Ich wollte eigentlich sagen, wenn sich hier einer anschleicht, sehen wir ihn erst, wenn er vor uns steht.«
»Wir haben nichts, weswegen es sich lohnen könnte, uns überfallen zu wollen, Rio.«
»Hoffentlich wissen das die Halunken, die uns hier zufällig in den nächsten Tagen bemerken könnten!«
Jay antwortete nicht mehr, weil der Disput sonst vielleicht bis zum Morgengrauen weitergeführt würde.
Der Verletzte bewegte sich unruhig auf der knarrenden Pritsche.
Jay vermochte nicht einzuschlafen. Mehrmals wollte er aufstehen, sein Pferd satteln und losreiten, um den Barbier zu holen. Aber immer wieder sagte er sich, dass es kaum möglich sein würde, aus der fremden Stadt jemanden in der Nacht hier heraus zu holen. Sie würden ihn für verrückt erklären.
Schließlich erhob er sich doch.
Shayne schlief nicht, setzte sich auf und stülpte den Hut aufs weißblonde Haar.
»Ich reite jetzt los, Rio. Bleib du bei ihm.«
»Soll ich dir sagen, was der Barbier dir erzählt?«
»Nein, ich weiß es doch. Trotzdem muss ich es versuchen.« Jay trug Sattel und Campdecke hinaus und sattelte den braunen Hengst.
Shayne folgte ihm. »Es ist noch finster, wenn du die Stadt erreichst. Und um ganz ehrlich zu sein, ich würde mit einem wildfremden Menschen auch nicht bei Nacht und Nebel in die Wildnis reiten. Du verpasst gar nichts, wenn du erst ein paar Stunden schläfst!«
Jay zog den Sattelgurt fest, band den Zügel los und saß auf. »Dann bis später.«
Shayne zuckte mit den Schultern, kehrte in die Hütte zurück und schloss die Tür.
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Montrose bestand aus genau fünfzehn Häusern. Ein paar davon waren Lagerschuppen, eins der Mietstall und eins verfallen. Sie reihten sich rechts und links der Overlandstraße auf, die ohne Bogen durch den Ort führte.
Wie erwartet lag noch tiefe Nacht über dem Land, als Jay in den Ort ritt. Der Braune lief langsam und wurde dennoch von verschiedenen Leuten gehört. Türen klappten.
»Wer ist das?«, fragte jemand unter einem weit nach unten gezogenen Vordach.
Jay hielt an und blickte hinüber. Sehen konnte er niemand. »Ich bin Jay Durango und brauche dringend den Barbier für einen verletzten Kameraden!«
Männer mit Gewehren im Anschlag betraten die Fahrbahn. Manche trugen Hemden und Hose wie die beiden Farmer im Buschland, einer hatte einen alten Militärmantel übergezogen, zwei kamen in langen, grauen Nachthemden ins Mondlicht.
Von der anderen Seite näherten sie sich ebenfalls. Und die Straße herunter kam einer, der noch die Hosenträger über die Schultern und die Jacke überzog. Ein Stern steckte an seiner Brust.
Sie kreisten das Pferd ein.
»Ein Freund von mir wurde am Nueces River von einem Bären angegriffen und liegt schwerverletzt in einer Hütte im Norden. Ein Paar Farmer machten uns auf das verlassene Haus aufmerksam.«
»Die Zattigs, was?«, fragte der Marshal.
»Keine Ahnung, wie sie heißen.«
»Was fehlt ihm denn?« Ein kleiner weißhaariger Mann schob sich in den Vordergrund. »Ich bin Keach, der Barbier, der auch Zähne zieht.«
»Seine Zähne sind in Ordnung, Mister Keach. Ein paar Rippen gebrochen, die sich nach innen gestellt haben.«
»Dafür brauchen Sie einen richtigen Arzt. Wo es so was gibt, wissen wir hier aber nicht. Vielleicht in Fort Worth.«
»Es geht ihm sehr schlecht«, sagte Jay.
»Also gut, ich sehe ihn mir an. Lassen Sie fünf Dollar da. Ich komme dann hinaus.«
Jay saß ab und kramte das verlangte Geld zusammen. Er besaß immer noch ein paar Dollar.
Der Barbier nahm die fünf Dollar und steckte sie ein.
»Könnten Sie nicht sofort mitreiten?«
»Ich weiß, wo die Hütte ist, und werde sie finden.«
»Er ist bewusstlos und blutet sehr stark.«
»Wann geschah das Unglück?«
»Am Spätnachmittag.«
»Dann spielen ein paar Stunden keine Rolle mehr. Sie müssen das verstehen. Wenn ich nicht lange genug geschlafen habe, zittern mir die Hände. Das wäre sehr schlecht für Ihren Freund.« Der weißhaarige Mann wandte sich ab.
Jay blickte auf den Stadtmarshal. Er war ein mittelgroßer, bulliger Mann mit einem quadratischen Schädel und angegrauten Borstenhaaren.
»Er kommt bestimmt«, versprach der Mann.
»Können Sie ihn nicht dazu ...«
»Ausgeschlossen«, unterbrach der Marshal den Vorman barsch. »Vor zwei Stunden hat Keach seinen letzten Whisky getrunken. Konnten Sie die Fahne nicht riechen?«
»Nein.«
»Na ja, er stand vielleicht ein bisschen weit weg von Ihnen. Nein, der braucht den Schlaf.«
Jay schaute sich in der Runde um. Ein paar Männer grinsten verstohlen. Es konnte keinen Zweck haben, noch lange Worte zu verlieren.
»Ich werfe Keach aus dem Bett, sobald die Sonne aufgegangen ist«, versprach der Marshal. »Und ich bringe ihn selbst hinaus.«
»Danke, Marshal.« Jay saß auf. Der Kreis lichtete sich. Er lenkte den Braunen nach Norden und ritt langsam