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Die Ordnung, die in McThorpes Büro herrschte, kam uns zu Gute. Jede einzelne Fahrt seiner Lastwagen war minutiös aufgelistet. Ladung, Ausgangspunkt, Zielpunkt.
Die Ladung, die wir suchten, fiel dadurch auf, dass sie nicht näher bezeichnet war. ZWEI CONTAINER, stand dort einfach vermerkt. Ausgangspunkt war das Gelände in Jersey City. Endpunkt der Fahrt war eine Adresse in Baychester, Bronx.
"Wir haben sie", war Milo überzeugt.
In Windeseile wurde ein Großeinsatz organisiert. Die AUSERWÄHLTEN durften uns einfach nicht durch die Lappen gehen. Und im Anbetracht der Tatsache, dass sich nach wie vor ein CX-Behälter in ihren Hände befand, mussten wir auf alles gefasst sein.
Auch darauf, dass die AUSERWÄHLTEN vielleicht in einem letzten Akt der Verzweiflung den Inhalt dieses Behälters als Waffe benutzten...
Mit Blaulicht fuhren wir gen Norden, in die Bronx.
Baychester lag ziemlich im Zentrum dieses übel beleumundeten Stadtteils. Der schlechte Ruf ist jedoch vor allem für den Süden der Bronx gerechtfertigt. Je weiter man nach Norden kommt, desto mehr geht die Bronx in ein bürgerliches Wohngebiet über.
Baychester lag irgendwo dazwischen.
Die Adresse auf die wir gestoßen waren, gehörte zu einem zehnstöckigen Gebäudekomplex. Die großen Neonlettern einer Versicherungsfirma und eines Kaufhauskonzerns waren noch sichtbar. Aber beide Unternehmen hatten sich hier schon seit langem zurückgezogen.
Als wir eintrafen, hatten bereits Kräfte der City Police das Gebiet weiträumig abgesperrt. Scharfschützen waren rund um das Gebäude in Stellung gegangen. Dutzende von FBI-Agenten bereiteten sich auf ihren Einsatz vor.
Orry und Clive waren eingetroffen. Sie grüßten uns knapp.
Mr. McKee persönlich war vom Hauptquartier aus her gefahren, um die Einsatzleitung zu übernehmen. Schon das unterstrich die besondere Wichtigkeit dieser Aktion.
Unser Chef begrüßte uns mit einem knappen Nicken.
"Worauf warten wir noch?", fragte Milo.
"Auf Agent Carter", erwiderte der Chef. "Er besorgt sich gerade Pläne des Gebäudes. Leider geht das nicht über den Rechner der Stadtverwaltung, weil der Klotz hier - und vor allem der ABC-Schutzbunker darunter - aus einer Zeit stammt, als diese Dinge noch nicht elektronisch aufgezeichnet werden konnten."
"Wir sollten nicht länger warten", meinte ich. "Wenn diese sogenannten AUSERWÄHLTEN tatsächlich tief unter diesem Komplex in aller Ruhe den Weltuntergang abwarten wollen, dann werden sie sich auch entsprechend eingerichtet haben!"
"Davon müssen wir ausgehen", nickte Mr. McKee.
"Was ist mit den oberen Stockwerken?"
"Steht alles leer, soweit wir wissen. Die AUSERWÄHLTEN stecken in den Bunkeranlagen unterhalb des Gebäudes. Jesse, ohne Pläne können wir hier nichts ausrichten..."
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"Ich weiß nicht wie, aber offensichtlich hat der FBI unseren Aufenthaltsort herausgefunden", stellte Ron fest und deutete auf den Bildschirm der Überwachungskamera. Dutzende von Einsatzfahrzeugen waren zu sehen.
"Behaltet die Ruhe", sagte Josiah Morgan. "Wir können hier wochenlang ausharren, ohne dass Vorräte oder Wasser knapp würden. Wir werden uns verteidigen. Bis zum letzten Atemzug.
Die Diener des Satans werden uns nicht lebend bekommen!"
Sein Gesicht wirkte angespannt.
"Wir wissen, was wir zu tun haben, wenn die Feinde es bis hier her schaffen sollten", versicherte Ron.
"Gut...", murmelte der selbsternannte Prophet. "Jedenfalls werden wir nicht alleine den Tod finden... Und im Gegensatz zu den Dienern des Satans ist uns das ewige Leben sicher!"
Josiah Morgan deutete auf den Bildschirm. "Ihnen aber droht ewige Verdammnis..."
Er atmete tief durch.
Dann schloss er die Augen.
Er wirkte wie unter großer Anstrengung. Sein Gesicht bekam eine dunkelrote Farbe.
"Bruder Melvin - von dir hängt jetzt die Erfüllung des göttlichen Plans ab!"
Josiah Morgan faltete die Hände wie zum Gebet, während Bruder Ron ein Magazin in die Maschinenpistole einsetzte, die er an einem Riemen über der Schulter trug.
"Die letzten Tage sind angebrochen. Aber für uns werden sie nicht das Ende sein, sondern der Anfang..."
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